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Dürer, Albrecht
Albrecht Dürer in seinen Briefen — Leipzig, Berlin: Teubner, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.75394#0013
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Die vordürersche Kunst.

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sich zu halten bedeutet bei ihm, das Wesentliche ihres Vorbildes in
seiner Wahrheit und Reinheit im Kunstwerke zu verwerten. Jener
Grundstimmung kam nun die in Nürnberg fast allgemein herrschende
Kunstrichtung entgegen, denn mit einem etwas bürgerlich nüchternen
Einschlag fußt sie fest aus dem Boden der Wirklichkeit. Ebendiesem
gesunden Realismus verdankt es auch die Nürnberger Schule, daß
sie an Weitreichendem Einfluß allen anderen Schulen den Vorrang
abgewann.
Die damals herrschende Sitte, die oftmals mächtigen Altarwerke
aus Skulptur und gemalten Flügeln zusammenzusetzen, bedingte schon
allein auch für Nürnberg eine ausgedehnte pflege der beiden Kunst-
zweige, doch war die Plastik nicht auf jenes Gebiet beschränkt, während
die Malerei der Hauptsache nach sich mit solchen Arbeiten begnügen
mußte, wobei überdies die Hauptstelle der Skulptur zufiel; und so kam
es, daß besonders in Nürnberg die plastischen Arbeiten den Vorrang
vor der Malerei behaupteten. Selbstverständlich war auch manche
anziehend gemalte Tafel zu finden, profane Werke der Malerei da-
gegen, z. V. Porträts, die in den Niederlanden während des XV.Jahr-
hunderts so zahlreich gemalt wurden, tauchen bezeichnenderweise
in Nürnberg neben den kirchlichen Werken erst ganz vereinzelt auf.
Um so größer war darum der Abstand zwischen der vordürerschen
Zeit und der durch ihn hervorgerufenen Blüte der Malerei. Der
Plastik selbst hat er sich trotz seiner eminent plastischen Veranlagung auf-
fallenderweise nur gelegentlich in kleinen Arbeiten zugewendet. Als
Maler hat er nicht einer malerischen Auffassung gehuldigt, wiegleich-
zeitig neben ihm in so packender Weise Grünewald. Sein aus das
Bestimmte gehendes Naturell verlangte vor allem klare Formen,
und darum macht sich bei ihm das plastisch zeichnerische Moment,
das sich mit der herkömmlichen Schönfarbigkeit gut vereinigte, über-
all geltend. Zur Ausbreitung seines Ruhmes hat wohl am meisten
beigetragen, was ihm auf dem Gebiete des Holzschnitts und Kupfer-
stichs gelungen ist. Der Kupferstich war, soviel wir sehen können,
in Nürnberg vor Dürer kaum geübt worden, dagegen kennen wir
Stecher aus verschiedenen Gegenden Deutschlands, und zwar hatte
der Stich über die Leistungen des feinfühlenden Meisters E. S. hin-
aus durch Schongauer in Kolmar schon eine ganz bestimmte künstle-
rische höhe erreicht, und in den Blättern des sogenannten hausbuch-
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