pirkheimer widmet Dürer seine Ausgabe der Lharaktere des Theophrast. 127
wieder die Schriftchen zu lesen, in denen ein jeder die eigene Gemütsart
wie in einem Spiegel betrachten und durch diese Betrachtung zu bessern
vermag, von solchen Büchlein halte ich das unsere für das vorzüg-
lichste, weil es mit scharfem Essig versetzt so heiter das Herz umspielt.
Den griechischen Text habe ich vor längerer Zeit von dem
gelehrten und mir sehr befreundeten Fürsten Iohannes Franziskus
picus Grafen von Mirandola und Herrn von Concordia zum
Geschenk erhalten, jetzt aber widme ich das Schriftchen Dir, gleich-
falls meinem besten Freunde, zugleich lateinisch und griechisch, damit
der Gelehrsamkeit Beflissene haben, woran sie sich in beiden Sprachen
ergötzen können. Obgleich der Text an vielen Stellen durch Nach-
lässigkeit, oder auch durch verkehrtes Bemühen des Abschreibers
nicht wenig verdorben war, habe ich ihn doch, soweit dies möglich
war, hergestellt, bis irgendwo ein Exemplar mit reinerem Text
zum Vorschein kommt.
Obgleich ich eine Übersetzung in fließenderer Sprache hätte
liefern können, wollte ich mich doch nicht zu weit von dem griechischen
Ausdruck entfernen, wenn sie auch aus diesem Grunde manchmal
etwas dunkel erscheinen mag, denn sobald man das Griechische mit
dem Lateinischen zusammenhält, wird jede Unklarheit verschwinden.
Bei der Übersetzung mancher bestimmten Bezeichnungen war ich
freilich selbst nicht befriedigt, doch fällt das wohl weniger mir zur
Last als der Armut der lateinischen Sprache. Auf welche Weise
hätte ich und
anders wiedergeben können? Auch weiß ich wohl, daß manche Stelle
viel mehr der Besserung als der Übersetzung bedarf. Indes einem
jeden steht es frei, hierüber seine Ansicht zu haben, oder nach Belieben
Einzelnes anders zu übersetzen.
Du aber, mein Albrecht, nimm diese geschriebene Malerei des
Theophrast freundlich auf, und wenn Du sie auch mit dem pinsel
nicht nachahmen kannst, so überdenke sie doch fleißig' sie wird Dich
nicht wenig fördern, wird Dir reichlich Stoff zum Lachen bieten
und Dich auch sonst vielfach ergötzen. Lebe wohl!
Aus meinem Hause am 1. September im Jahre des Heils 1527.
1) die Zucht jedermann zu gefallen.
2) Hang erfundene Neuigkeiten aufzutischen.
3) schmutziger Geiz. 4) aufdringliche Gefälligkeit.
wieder die Schriftchen zu lesen, in denen ein jeder die eigene Gemütsart
wie in einem Spiegel betrachten und durch diese Betrachtung zu bessern
vermag, von solchen Büchlein halte ich das unsere für das vorzüg-
lichste, weil es mit scharfem Essig versetzt so heiter das Herz umspielt.
Den griechischen Text habe ich vor längerer Zeit von dem
gelehrten und mir sehr befreundeten Fürsten Iohannes Franziskus
picus Grafen von Mirandola und Herrn von Concordia zum
Geschenk erhalten, jetzt aber widme ich das Schriftchen Dir, gleich-
falls meinem besten Freunde, zugleich lateinisch und griechisch, damit
der Gelehrsamkeit Beflissene haben, woran sie sich in beiden Sprachen
ergötzen können. Obgleich der Text an vielen Stellen durch Nach-
lässigkeit, oder auch durch verkehrtes Bemühen des Abschreibers
nicht wenig verdorben war, habe ich ihn doch, soweit dies möglich
war, hergestellt, bis irgendwo ein Exemplar mit reinerem Text
zum Vorschein kommt.
Obgleich ich eine Übersetzung in fließenderer Sprache hätte
liefern können, wollte ich mich doch nicht zu weit von dem griechischen
Ausdruck entfernen, wenn sie auch aus diesem Grunde manchmal
etwas dunkel erscheinen mag, denn sobald man das Griechische mit
dem Lateinischen zusammenhält, wird jede Unklarheit verschwinden.
Bei der Übersetzung mancher bestimmten Bezeichnungen war ich
freilich selbst nicht befriedigt, doch fällt das wohl weniger mir zur
Last als der Armut der lateinischen Sprache. Auf welche Weise
hätte ich und
anders wiedergeben können? Auch weiß ich wohl, daß manche Stelle
viel mehr der Besserung als der Übersetzung bedarf. Indes einem
jeden steht es frei, hierüber seine Ansicht zu haben, oder nach Belieben
Einzelnes anders zu übersetzen.
Du aber, mein Albrecht, nimm diese geschriebene Malerei des
Theophrast freundlich auf, und wenn Du sie auch mit dem pinsel
nicht nachahmen kannst, so überdenke sie doch fleißig' sie wird Dich
nicht wenig fördern, wird Dir reichlich Stoff zum Lachen bieten
und Dich auch sonst vielfach ergötzen. Lebe wohl!
Aus meinem Hause am 1. September im Jahre des Heils 1527.
1) die Zucht jedermann zu gefallen.
2) Hang erfundene Neuigkeiten aufzutischen.
3) schmutziger Geiz. 4) aufdringliche Gefälligkeit.