Porträts der früheren Zeit.
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fast ganz von vorn genommen. Neben das Porträt des Vaters tritt
im nächsten Jahre das Selbstporträt in Madrid, bei dem aus das
Kostüm großes Gewicht gelegt ist. Der Meister der Apokalypse hat
sich dort nicht ohne berechtigtes Selbstbewußtsein in vornehmer mo-
discher Tracht dargestellt. Sn ebenso bedeutendem, wenn auch ganz
anderem Schema als das Porträt von Dürers Vater erscheint das des
Kurfürsten Friedrich des Weisen in Berlin. Das Bild, das düster von
einer Wand des Kaiser-Friedrich-Museums herabschaut, dürfte in
seinem ungewöhnlichen, bedeutenden Wurf ebenso wie das andere
obengenannte Porträt damals nicht viele seinesgleichen gehabt haben.
Dürers Zinn war auf große Wirkung gerichtet. In traditioneller
schlichter Weise sind die drei erhaltenen Tucher-Porträts angeordnet
(die Besteller hatten das wohl so gewünscht), dagegen ist das des
Kaufmanns Krell wieder ein Versuch, die Person des Dargestellten
in ein erhöhtes künstlerisches Niveau zu rücken. In einfachere Form ge-
bracht ist das offenbar rasch mit energischen Pinselstrichen hingeworfene
Porträt des sogenannten Hans Dürer in München?) Das Linienspiel
des knochigen Gesichtes wie die Zeichnung des Hutes und Gewandes
ladet direkt zur Wiedergabe in breiten Holzschnittlinien ein. Anmutig
und frisch in der Auffassung zeigt sich das Mädchenporträt der so-
genannten Fürlegerin mit aufgebundenen haaren, dessen Original
verloren ist. Etwas ganz Neues für jene Zeit waren die beiden in
ganzer Figur gegebenen Porträts der paumgartner auf den Flügeln
ihres schon genannten Familienaltares. Durch die Beschränktheit des
ihnen zugewiesenen schmalen, hohen Feldes in ihrer Erscheinung ge-
hoben, sehen sie auf den Beschauer herab, als ob man ihnen in alten
Gassen Nürnbergs begegnen könnte. Zumal Stephan paumgartner
steht da wie ein eben abgestiegener Neitersmann. Der Realismus
Dürers erscheint hier in günstigstem Lichte. Als der Altar aufgestellt
war, müssen die beiden Gestalten allgemein Aufsehen erregt haben.
Aus den späteren Jahren haben wir noch jetzt eine beträchtliche
Anzahl von Porträtzeichnungen. Aus den Jahren 1503 und 1505
sind deren ebenfalls mehrere erhalten. Als ihr Kennzeichen erscheint,
I) Die Porträtzeichnung von Andreas Dürer in Wien kann für die Benennung
geltend gemacht werden. Der Knochenbau der beiden Köpfe zeigt auffallende Ver-
wandtschaft. Man kann recht wohl an Brüder denken.
Zucker, Dürers Briefe. 2
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fast ganz von vorn genommen. Neben das Porträt des Vaters tritt
im nächsten Jahre das Selbstporträt in Madrid, bei dem aus das
Kostüm großes Gewicht gelegt ist. Der Meister der Apokalypse hat
sich dort nicht ohne berechtigtes Selbstbewußtsein in vornehmer mo-
discher Tracht dargestellt. Sn ebenso bedeutendem, wenn auch ganz
anderem Schema als das Porträt von Dürers Vater erscheint das des
Kurfürsten Friedrich des Weisen in Berlin. Das Bild, das düster von
einer Wand des Kaiser-Friedrich-Museums herabschaut, dürfte in
seinem ungewöhnlichen, bedeutenden Wurf ebenso wie das andere
obengenannte Porträt damals nicht viele seinesgleichen gehabt haben.
Dürers Zinn war auf große Wirkung gerichtet. In traditioneller
schlichter Weise sind die drei erhaltenen Tucher-Porträts angeordnet
(die Besteller hatten das wohl so gewünscht), dagegen ist das des
Kaufmanns Krell wieder ein Versuch, die Person des Dargestellten
in ein erhöhtes künstlerisches Niveau zu rücken. In einfachere Form ge-
bracht ist das offenbar rasch mit energischen Pinselstrichen hingeworfene
Porträt des sogenannten Hans Dürer in München?) Das Linienspiel
des knochigen Gesichtes wie die Zeichnung des Hutes und Gewandes
ladet direkt zur Wiedergabe in breiten Holzschnittlinien ein. Anmutig
und frisch in der Auffassung zeigt sich das Mädchenporträt der so-
genannten Fürlegerin mit aufgebundenen haaren, dessen Original
verloren ist. Etwas ganz Neues für jene Zeit waren die beiden in
ganzer Figur gegebenen Porträts der paumgartner auf den Flügeln
ihres schon genannten Familienaltares. Durch die Beschränktheit des
ihnen zugewiesenen schmalen, hohen Feldes in ihrer Erscheinung ge-
hoben, sehen sie auf den Beschauer herab, als ob man ihnen in alten
Gassen Nürnbergs begegnen könnte. Zumal Stephan paumgartner
steht da wie ein eben abgestiegener Neitersmann. Der Realismus
Dürers erscheint hier in günstigstem Lichte. Als der Altar aufgestellt
war, müssen die beiden Gestalten allgemein Aufsehen erregt haben.
Aus den späteren Jahren haben wir noch jetzt eine beträchtliche
Anzahl von Porträtzeichnungen. Aus den Jahren 1503 und 1505
sind deren ebenfalls mehrere erhalten. Als ihr Kennzeichen erscheint,
I) Die Porträtzeichnung von Andreas Dürer in Wien kann für die Benennung
geltend gemacht werden. Der Knochenbau der beiden Köpfe zeigt auffallende Ver-
wandtschaft. Man kann recht wohl an Brüder denken.
Zucker, Dürers Briefe. 2