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Dürer, Albrecht
Albrecht Dürer in seinen Briefen — Leipzig, Berlin: Teubner, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.75394#0034
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24 Über Dürers Leben und Schaffen.
den Schäften, das auch an den zu deckenden Flächen auftritt. Man
erinnert sich diesen eigenartigen Formen gegenüber unwillkürlich an
die Äußerung Dürers, die er im Hinblick auf der „Deutschen Gemüt" ein-
mal niederschrieb, nämlich „daß alle, die etwas Neues zu bauen hätten,
auch gern eine neue Fasson dazu haben wollten, die vor nie gesehen wäre".
Nach dem Jahre 151 l, in dem das Dreieinigkeitsbild abgeliefert
wurde, ruht dann die Malerei für lange Zeit fast gänzlich, von
größeren Bildern entstanden auf Bestellung der Stadt nur noch die
beiden gemalten Gestalten Karls des Großen und des Kaisers Sigismund
im Jahre 1512. Buch in anderer Hinsicht bezeichnet das Jahr 1511
einen gewissen Einschnitt.
Nach der Rückkehr aus Venedig hatte der Holzschnitt und Kupfer-
stich natürlich nicht brachgelegen. Es entstand die umfangreiche
Serie der kleinen Holzschnittpassion, woran sich Ergänzungsblätter
zu den unvollendeten Serien der großen Holzschnittpassion und des
Marienlebens anschlossen. Alle drei Serien wurden in jenem Jahre
in Buchform mit einer neuen Auslage der Apokalypse veröffentlicht.
Besonders schöne Einzelblätter lieferte das Jahr gleichfalls, darunter
auch den in malerischer Haltung und Stimmung vollendetsten Holz-
schnitt Dürers: Das Dreifaltigkeitsblatt. Jene späteren Holzschnitte
lassen uns auch sehen, daß seit 1510 etwa bei Dürer eine innere
Wandlung in bezug auf die künstlerische Behandlung des Holzschnitts
eintrat. Entsprechend dem auch sonst hervortretenden, mehr aus-
geglichenen malerischen Empfinden mildern sich bei den Holzschnitten
die starken Gegensätze der Licht- und Schattenmassen. Über das Ganze
wird sozusagen ein gemeinsamer Ton gelegt, der eine einheitliche ge-
schlossene Wirkung heroorrust. Ins Auge fällt dabei die reichliche
Verwendung von gerade gezogenen auch über Rundungen hinweg-
lausenden Linien. Man wird den Unterschied klar Heraussühlen,
wenn man einen Schnitt wie die Messe Gregors vom Jahre 1511
neben ältere Blätter legt. Line weitere Reihe zusammenhängender
Blätter wurde gleichfalls nach der italienischen Reise in Kupferstich
begonnen. Es ist die sogenannte Kupserstichpassion, die jedoch erst
im Jahre 1513 ihren Abschluß sand. Das Leiden Ehristi, das damals
die Gemüter so allgemein beschäftigte, hatte auch aus Dürers Phantasie
den tiefsten Eindruck gemacht. Nennt er doch, wie wir gesehen haben,
als eine der Hauptaufgaben der Malerei diese Tragödie darzustellen.
 
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