Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dürer, Albrecht
Albrecht Dürer in seinen Briefen — Leipzig, Berlin: Teubner, 1908

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.75394#0044
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Z4 Über Dürers Leben und Schaffen.
nach Nürnberg berufen worden war. Die sympathische Erscheinung
des leider charakterschwachen Mannes hat Dürer in dem schlichten und
doch so viel bietenden Holzschnitt in vorteilhaftester Weise der Nach-
welt überliefert. Mit den an dem reichsstädtischen Gymnasium tätigen
Lehrern hatte Dürer überhaupt näheren Verkehr. Diesem Umstand ver-
danken wir die frühesten etwas eingehenden Nachrichten über ihn
aus der Zeder des ersten Rektors der Anstalt, Lamerarius. Zu dem noch
vor der niederländischen Reise entstandenen Rupserstichporträt kamen
noch fünf weitere. Da sein Grabstichel den künstlerischen Absichten
mit der Fügsamkeit des Pinsels sich anbequemte, kam auch hier die
vertiefte Anschauung, mit der Dürer das menschliche Antlitz jetzt be-
trachtete, unbehindert zur Geltung. Zu beachten ist, daß bei den späteren
Porträts nur selten mehr die Hände zur Büste hinzugenommen sind.
Der Blick soll durch nichts von dem Antlitz selbst abgelenkt werden.
Auch bei den nach der Heimkehr aus der Fremde ihm übertragenen
Rupferstichporträts hielt er es mit einer Ausnahme so. Es verrät sich
hierin ein Zug nach möglichster Beschränkung auf die Hauptsache,
falls nicht bestimmte Veranlassung für andere Behandlung, wie z. B.
bei den beiden gemalten Porträts des Raisers, vorlag. Der Raiser-
mantel sollte hier mit aus das Bild, und dazu hatte der Herrscher den
Reichsapfel in der Hand zu halten. Den Engländer Lord Morley,
der als Gesandter nach Nürnberg gekommen war, sehen wir auf
einer prachtvollen Zeichnung ebenfalls in halbsigur vor uns, weil
das vornehm Repräsentative der Erscheinung betont werden solltet
Erasmus ist auf dem ihm gewidmeten Stich sogar am Pult stehend
und von reichstem Beiwerk umgeben dargestellt, hier wirkte hindernd,
daß Dürer, weil auf frühere Zeichnungen angewiesen, dem Rops nicht
die gewünschte Bedeutung geben konnte. Er versuchte einen Ersatz
zu finden. Aber auch das Leben, das durch die Tätigkeit des Schreibens
und den aufmerksam gesenkten Blick in die Darstellung kommt, kann
trotz der ganz besonders sorgsamen Ausführung aller Einzelheiten
über den Mangel an innerem Leben nicht hinweghelfen. Noch bei dem
Stichporträt des Rardinals Albrecht, das vor die niederländische Reise
fiel, hebt sich in etwas altertümlicher Weise die Halbfigur von einem
Vorhänge ab, der bis zur Hälfte der Bildfläche hinaufreicht. Nach
der Reise ist ein solches herkömmliches Mittel, einem Porträt eine Folie zu
verleihen, nicht mehr denkbar. Der künstlerische Fortschritt ist schlagend-
 
Annotationen