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Briefe Dürers.
Jetzt sind die Größenverhältnisse, in denen die näheren und ferneren Ge-
stalten zueinander stehen, für die Raumwirkung des Ganzen verwertet. Diese
neue perspektivische Errungenschaft, die uns an die Belehrungen in „heimlicher
Perspektive" denken läßt, um derentwillen Dürer nach Bologna geritten war,
und die Feinheit, mit der alles Figürliche und Landschaftliche durchgebildet ist,
machen es begreiflich, daß Dürer sich seiner Tafel freute, als sie nach so langem
Bemühen farbenfrisch vor ihm stand, wenigstens verstehen wir von solchen
Gesichtspunkten aus, daß Dürer so befriedigt an Heller schreibt.
19. März 1508.
Lieber Herr Jacob Heller. Misset, daß ich in 14 Tagen fertig
werde mit Herzog Friedrichs Arbeit (vgl. Abb. 9). Nachfolgend will
ich Euer Arbeit auch ansangen zu machen, und auch kein ander
Gemäl machen, bis daß sie fertig, als dann mein Gewohnheit.
Und sonderlich will ich Euch das mittler Blatt mit meiner eignen
Hand fleißig malen. Aber nichts desto minder seind die Fliege!
auswendig entworfen, das von Zteinsarb wird, Habs auch unter-
malen lassen, also habt Ihr die Meinung?) Ich wollt, daß Ihr
meines genädigen Herrn Tafel sähet. Ich halt davor, sie wurde
Euch wohl gefallen. Ich hab schier ein ganz Jahr daran gemacht
und wenig Gewinns daran. Mann mir wird nit mehr dann
280 Gulden rheinisch dafür, verzehrts Einer schier darob. Und darum
sag ich, so ich Euchs nit zu sondern Gefallen täte, sollte mich Niemand
überreden, daß ich etwas Verdingtsh machte. Denn ich versäum
mich an Besserns dadurch, hiemit schick ich Euch das Maß von
der Tafel, die Läng und Breite, viel guter Nacht. Geben zu Nurmberg
andern Lonntag in der Fasten 1508. Albrecht Dürer.
Dritter Vries an Heller.
In seinem Brief hatte Heller in seiner geschäftlichen Ruffassung der Dinge
Dürer gemahnt, die Tafel „gut zu machen". Das verstand sich nun bei ihm
von selbst; ja er hatte im Zinn, gerade mit diesem Werk etwas ganz besonders
Vollendetes zu bieten. Bereits hatte er viel Zeit, wie wir heute noch an den
Ztudien zu dem Bilde kontrollieren können, auf die Vorbereitung der Tafel ver-
wendet. Aber er mußte sich überzeugen, daß bei solchem Arbeiten der verabredete
1) d. i. so habt Ihr es gewünscht. Es bezieht sich dies darauf, daß die
Flügel außen Grau in Grau (von Lteinfarb) gemalt werden sollten. Die Außen-
seiten der Flügel eines Altares wurden vielfach so behandelt.
2) ein für einen festen Preis bestelltes Gemälde. Es ist ein besonderes Charakte-
ristikum Dürerischen Kunstschaffens, daß er sich seine Aufgaben zumeist selbst stellte.
3) Das „Bessere" sind Holzschnitte und Ltiche. §ie brachten mehr Gewinn.
Briefe Dürers.
Jetzt sind die Größenverhältnisse, in denen die näheren und ferneren Ge-
stalten zueinander stehen, für die Raumwirkung des Ganzen verwertet. Diese
neue perspektivische Errungenschaft, die uns an die Belehrungen in „heimlicher
Perspektive" denken läßt, um derentwillen Dürer nach Bologna geritten war,
und die Feinheit, mit der alles Figürliche und Landschaftliche durchgebildet ist,
machen es begreiflich, daß Dürer sich seiner Tafel freute, als sie nach so langem
Bemühen farbenfrisch vor ihm stand, wenigstens verstehen wir von solchen
Gesichtspunkten aus, daß Dürer so befriedigt an Heller schreibt.
19. März 1508.
Lieber Herr Jacob Heller. Misset, daß ich in 14 Tagen fertig
werde mit Herzog Friedrichs Arbeit (vgl. Abb. 9). Nachfolgend will
ich Euer Arbeit auch ansangen zu machen, und auch kein ander
Gemäl machen, bis daß sie fertig, als dann mein Gewohnheit.
Und sonderlich will ich Euch das mittler Blatt mit meiner eignen
Hand fleißig malen. Aber nichts desto minder seind die Fliege!
auswendig entworfen, das von Zteinsarb wird, Habs auch unter-
malen lassen, also habt Ihr die Meinung?) Ich wollt, daß Ihr
meines genädigen Herrn Tafel sähet. Ich halt davor, sie wurde
Euch wohl gefallen. Ich hab schier ein ganz Jahr daran gemacht
und wenig Gewinns daran. Mann mir wird nit mehr dann
280 Gulden rheinisch dafür, verzehrts Einer schier darob. Und darum
sag ich, so ich Euchs nit zu sondern Gefallen täte, sollte mich Niemand
überreden, daß ich etwas Verdingtsh machte. Denn ich versäum
mich an Besserns dadurch, hiemit schick ich Euch das Maß von
der Tafel, die Läng und Breite, viel guter Nacht. Geben zu Nurmberg
andern Lonntag in der Fasten 1508. Albrecht Dürer.
Dritter Vries an Heller.
In seinem Brief hatte Heller in seiner geschäftlichen Ruffassung der Dinge
Dürer gemahnt, die Tafel „gut zu machen". Das verstand sich nun bei ihm
von selbst; ja er hatte im Zinn, gerade mit diesem Werk etwas ganz besonders
Vollendetes zu bieten. Bereits hatte er viel Zeit, wie wir heute noch an den
Ztudien zu dem Bilde kontrollieren können, auf die Vorbereitung der Tafel ver-
wendet. Aber er mußte sich überzeugen, daß bei solchem Arbeiten der verabredete
1) d. i. so habt Ihr es gewünscht. Es bezieht sich dies darauf, daß die
Flügel außen Grau in Grau (von Lteinfarb) gemalt werden sollten. Die Außen-
seiten der Flügel eines Altares wurden vielfach so behandelt.
2) ein für einen festen Preis bestelltes Gemälde. Es ist ein besonderes Charakte-
ristikum Dürerischen Kunstschaffens, daß er sich seine Aufgaben zumeist selbst stellte.
3) Das „Bessere" sind Holzschnitte und Ltiche. §ie brachten mehr Gewinn.