Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0007
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
112 Papiererzeugung und Papierhandel.

kanzleien der Städte und Klöster, in diesen aber wieder früher als in den
landesfürstlichen Kanzleien. So ist es begreiflich, daß gerade in den
Kreisen der großen Kaufleute zuerst der Gedanke auftauchte, sich P a -
pier eigener Erzeugung zu beschaffen.

Doch noch immer bis etwa zur Mitte des 15. Jahrhunderts war der
Bedarf, gemessen an dem Ausmaße der späteren Entwicklung, als be-
scheiden anzusehen. Hatte er doch bis dahin nicht einmal den vollen
Geltungsbereich des Pergaments zu erlangen vermocht. Erst mit der
Erfindung Gutenbergs, der Druckkunst, ergab sich für das Papier eine
gewaltige Aufgabe. Der Buchdruck benötigte reichlich Papier, und da
Deutschland, die Geburtsstätte des Buchdrucks im Abendlande28), durch
Jahrzehnte den Vorrang im Buchhandel behauptete, war ein starker An-
trieb zur Entwicklung und Ausbreitung einer deutschen Papiererzeugung
gegeben. Bücher waren ja vor dem 16. Jahrhundert fast ausschließlich
in lateinischer Sprache verfaßt, dem deutschen Buchdruck stand somit
der Weltmarkt offen; durch Deutsche wurde die neue Kunst in alle
Lande getragen. Schon Peter Schöffer in Mainz hatte Vertreter in Paris
und in Angers und stand in geschäftlichen Beziehungen über Lübeck hinaus
mit den Ostseeländern, mit Schweden, mit Königsberg und Ofen. Anton
Koberger in Nürnberg hatte zwei Kommanditen in Paris, eine in Lyon,
Niederlagen in Wien, Ofen, Krakau und Breslau; Franz Birckmann in
Köln folgte seinem Beispiele für London29). Mit dem Buchhandel war
aber von Anbeginn ein Papierhandel (teils Ausfuhr-, teils Einfuhrhandel)
in Verbindung. Mit seiner Unersättlichkeit spornt der Buchdruck die
Papiererzeugung zur Steigerung ihrer Leistungen an: da und dort wird
die Gründung einer Papiermühle durch den Buchdruck oder eine an ihm
interessierte Stelle (Hochschule, Stadtgemeinde, Kloster) veranlaßt. So
waren die ältesten Papiermüller in Augsburg auch Buchdrucker30).
Anton Koberger, Buchdrucker und Verleger in Nürnberg 1473—1513,
ist auch Papierhändler in großem Maßstabe und erbaut um 1480 eine
Papiermühle zum Doß (Doos) bei Fürth31). Diese wenigen Beispiele
mögen genügen.

Wann und wo ist zum ersten Male auf deutschem Boden Papier
erzeugt worden? Über diese Frage ist eine umfangreiche Literatur er-
wachsen.

Noch Bogeng führt in seinem großen Werke über die Geschichte
des Buchdrucks (S. 23) an, daß als älteste deutsche Papiermühle die der
Holbayn (Hollbein) in Ravensburg gilt und setzt auf die beigegebene

28) Auch bei den Chinesen und Arabern hatte sich als eine unmittelbare Folge
der Papiererzeugung schon früher der Papierdruck ergeben (Georg Jacob, Der
Einfluß des Morgenlandes auf das Abendland, vornehmlich während des Mittel-
alters S. 37 ff.).

29) Kirchhoff, Pantschmanns Buchhandel, im Archiv XII, 71 ff.

30) Hössle, Die alten Papiermühlen Augsburgs. S. 5. — Die Buchdrucker
in Augsburg, Bämler, Sorg und Schönsperger, die in den drei letzten Jahrzehnten
des 15. Jahrhunderts wirkten, besaßen eigene Papiermühlen.

31) Koberger bezieht das für ihn in Basel zu verdruckende Papier aus dem
Elsaß und Burgund, meist über Straßburg, während er das für Nürnberg selbst
erforderliche aus Ulm erhält. 1487 liefert er dem Rate zu Nürnberg 6 Ries Real-
papier zu 21/2 fl. (F. Herrn. Meyer, Beitr. z. Gesch. d. Papierfabrikation und des
Papierhandels, im „Archiv für Gesch. des deutschen Buchhandels" XI, 113, 302, 335.)
 
Annotationen