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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 3) — Berlin, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.1792#0052
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46

links mit der ganzen Ecke des Sitzes weggebrochen. Von der
Rücklehne fehlen zwei große Stücke mit den oberen Ecken, das
Stück links erst infolge modernen Bruchs; ein kleines Stück oben
in der Mitte der Lehne ist wieder angesetzt. Es fehlen ferner
die Armlehnen mit ihren Stützen, und zwar ist die rechte, wie
die frischen Verletzungen an den Ansatzstellen beweisen, erst
nach der Auffindung des Werkes gewaltsam beseitigt worden; ein
Stück aus ihrer Mitte ist getrennt in unserem Besitz, konnte aber noch
nicht angesetzt werden, weil Hoffnung besteht, auch die zugehörige
Zwischenstütze, die bei der Auffindung noch vorhanden war, zu
erhalten und mit dem Stück der Lehne zusammen wieder anbrin-
gen *zu können. An der Rückseite des Throns sind weitere mo-
derne Verletzungen zu beobachten, senkrechte Rillen, die durch
Unvorsichtigkeit der Finder beim ersten Transport auf einem
Wagen durch Schleifen der Räder entstanden sein dürften. Der
Figur selbst fehlen beide Hände mit altem Bruch. Eine flache
Absplittemng zeigt die rechte Wange; diese Beschädigung dehnt
sich auch auf das rechte Auge und den darüberliegenden Teil der
Stirn aus. Es fehlen die frei gearbeiteten Teile der drei Locken,
die vom rechten Ohr zur Schulter herabfallen; auf der linken Seite
ist die Verletzung der entsprechenden Locken auf einen modernen
Eingriff zurückzuführen, und dasselbe gilt von einer fast unmerk-

weitgehende Auflösung der Politur und das völlige Verschwinden
der Farben sich am einfachsten dadurch erklären lassen, daß die
ganze Statue sich lange in feuchtem Erdreich befunden haben
wird.

Ursprünglich war, wie eine genaue Untersuchung ergeben hat,
die ganze Oberfläche des Kunstwerks glatt poliert mit Ausnahme
der Plinthe, der Werkblöcke unter dem Sitz und dem Fußschemel,
der Haare und des gekräuselten oberen Teils des Chitons. Die
Spuren der Politur sind am auffälligsten an der rechten Seite des
Thrones, wo die besonders gearbeitete kleine Lehnenstütze, die bis
zur Auffindung der Statue an ihrer Stelle erhalten war, auf der
horizontalen Fläche eine kreisrunde glatte Spur hinterlassen hat,
die auf Taf. VII und Abb. 6 als heller Fleck zu erkennen ist,
ferner an mehreren Stellen der Rück- und Seitenflächen des Thro-
nes, am Obergewand und namentlich am Gesicht.

Von der Bemalung haben sich Reste nicht in wirklich er-
haltenen Farben, sondern nur in eingeritzter Vorzeichnung für den
Farbenauftrag nachweisen lassen und auch dadurch, daß Stellen, wo
Farben gesessen haben, sich noch heller und glatter gegen den
umgebenden Grund abheben. In der ersten Art ist die Vorzeich-
nung für ein Muster von liegenden Rauten auf der oberen Horizontal-
leiste der Rücklehne (Abb. 2), für wagrechte Streifen auf dem



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liehen Beschädigung des Halses. Alt sind dagegen wieder die
Bestoßungen am Diadem, an dem dadurch die zur Aufnahme von
Metallzierat angebrachten Bohrlöcher über der linken Gesichtshälfte,
in geringerem Umfang auch über dem rechten Ohr, im Längs-
schnitt teilweise sichtbar werden. Von geringerer Bedeutung sind
einige Schäden an Haar und Gewand.

Durch Verwitterung haben am meisten gelitten die Füße,
ein Teil der unteren Gewandpartien und die Nasenspitze. Hier
tritt das stark körnige Material des Marmors auffallend in Er-
scheinung. Aus der Art der Verwitterung der Füße und des Ge-
wandes bis zu den Knien hinauf haben manche Betrachter den
Schluß ziehen zu sollen geglaubt, daß die Statue im Freien, zwi-
schen den Säulen der Ringhalle eines Tempels oder unter einem
Baldachin gestanden habe, etwa wie auf der Vase in München
Nr. 942 (Sieveking und HackI, Die Kgl. Vasensammlung zu Mün-
chen IS. 139 Abb. 173) dargestellt, so daß die Füße und Unter-
schenkel am wenigsten geschützt waren. Dem widerspricht, daß
das Gesicht, das bei solcher Aufstellung doch besonders geschützt
gewesen wäre, ebenfalls korrodiert ist, namentlich die Nase, der
Haarkranz über der Stirn und das Diadem, und zwar so, daß man
deutlich die Auswässerung der bindenden Teile zwischen den grö-
ßeren Kristallen feststellen kann, während andererseits die ganze
Rückseite der Figur noch ihre fast tadellose Oberfläche besitzt
und sogar Reste von Politur erkennen läßt. Wahrscheinliche!
dürfte daher sein, daß die Figur im Innern eines Tempels ganz
geschützt aufgestellt war und die Korrosion erst in der Erde er-
folgte, etwa in der Art, daß die Statue, nach vorn gestürzt, mit
den vordersten Teilen des Gesichts, mit den Händen, den
Unterschenkeln und Füßen im salzigen Grundwasser gelegen hat,
wie denn zahlreiche Sinterablagerungen an anderen Stellen, die

Rückenkissen und für ein Zinnenmuster an der Längsnaht des
linken Chitonärmels, von der zweiten Art am deutlichsten ein
Palmettenmuster auf der untersten Querleiste an der Rückseite des
Sitzes (Abb. 3), unsicherer ein Lotosblütenband auf der Leiste
darüber, die Voluten auf den glattgelassenen Kapitellen der Thron-
beine auf der Rückseite und ein Wellenornament am wagerechten
Saum des linken Chitonärmels. Im linken Auge glaubt man in
einer leichten Erhebung noch eine Spur von der ehemaligen
Färbung der Iris zu fühlen. Zu den Beweisen für die einstige
Bemalung kann auch gerechnet werden, daß von den Sandalen-
riemen lediglich der quer über die Zehen laufende plastisch an-
gegeben ist: die auf dem glatten Fußrücken liegenden Bänder
waren aufgemalt; ein bloß gemaltes Band quer über die Zehen
würde unnatürlich gebrochene Linien ergeben haben, so griff man
hier zur plastischen Bildung, die durch gleichfarbige Bemalung
mit dem übrigen bloß aufgemalten Riemenwerk in Übereinstim-
mung gebracht wurde.

Feierlich thront die Göttin im Festgewande. Ganz jugend-
lich ist die Bildung der weitstehenden kleinen spitzen Brüste,
während der kräftige Hals, die breiten Schultern, die vollen runden
Arme und Schenkel mehr den Formen einer reiferen jungen Frau ent-
sprechen. Das reiche wellige Haar umrahmt die Stirn in fünt
Strähnen, von denen in der Vorderansicht nur drei in Erscheinung
treten, während sie in der Schläfengegend in der bogenförmig
vor dem Ohr herabhängenden Masse alle fünf gleichmäßig sichtbar
werden. Die unterste Strähne bildet über der Stirnmitte einen
scharfen Winkel, die oberen verlaufen in gleichmäßigem Bogen.
Hinter den Ohren fallen jederseits drei Locken symmetrisch bis
über die Brust herab; sie sind vom Halse völlig gelöst, und die
vorderste ist wiederum von den beiden hinteren durch einzelne
 
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