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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0019
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der Nordseite belegene Nebenr^um ist ein späterer Anbau und |j
architektonisch unwichtig. Das Langhaus besitzt eine einfache
Holzdecke und ist durch fünf Paar Arkadenpfeiler in die ein-
zelnen Schiffe getheilt. Auf der Westseite erhebt sich über der
abgetreppten Giebelmauer das doppelthürmige, bis zur Spitze
Kiassive Glockenhaus. Die Eingänge befiiiden sich auf der Nord-
ünd Südseite; der auf der Westseite innerhalb eines Halbkreis-
bogens vorhanden gewesene Eingang scheint schon frühzeitig
Vermauert worden zu sein. Das Langhaus wird in den Wänden
^ er Seitenschiffe und der Absiden durch kleine halbkreisförmig
gßschlossene Fenster und in dem Obertheil der Mittelschiffsmauer
cbirch kreisrunde Fenster beleuchtet. Die Seitenschiffe sind jetzt
gröfstentheils durch Wände getheilt und ebenso wie die Neben-
absiden als Erbbegräbnifsräume benutzt. Diese spätern Ein- und
Anbauten nebst ihren Thüröffnungen sind im Grundrisse Bl. III
durch lichte Schraffirung angedeutet.

Die Bildung der Fa^aden ist einfach, äber bei aller Schmuck-
losigkeit würdig. Ein dem Dachprofil folgender Giebel mit Bo-
genfries und Stromschicht erhebt sich über dem östlichsten Chor-

gurtbogen. Die Mauer de'r Hauptabsis,
welche sich gegen diesen Giebel legt,
ist nach Aufsen zweimal abgesetzt und
zwar am Fufspunkte und in der Käm-
pferhöhe der Fenster. Die Fenster-
bogen springen um 4 Zoll, d. h. um
die Stärke des letzten Absatzes vor
dem Obertheil der Absidenmauer her-
vor. Auf der Nordseite zeigen die Ober-
fenster des Chores gleiche Eigenthüm-
lichkeit. Eine reich gegliederte Plinthe
in Formsteinen, Bl. IV, Fig. 3, zeichnet
die drei Absiden vor dem übrigen Bau
aus, AufderPlinthe erheben sich stumpf
aufsetzend halbkreisförmige, 4 Z oll breite
Lissenen in einer stabartigen Formation
und folgen mit eigenthümlicher Lö-
sung den re'sp. Absätzen. Diese Lis-
senen waren früher durch einen ver-
schlungenen Bogenfries verbunden, von
Welchem scch nur das Eckstück auf der Nordseite der Haupt-
absis erhalten hat. Die überwölbten Theile der Seitenschiffe sind
aid Süd- und Nordseite äufserlich durch flache Lissenen ange-
^ eütet, Bl. III, Grundrifs, die auf der Südseite sich wiederholen
ünd in regelmäfsiger Entfernung mit den runden Lissenen ab-
V'echseln. Auf der Nordseite ist diese Struktur nur an einer
Stelle noch sichtbar, auf der Südseite dagegen deutlich 8 Schich-

ten hoch über dem Wandab-
satz erhalten. Da diese For-
men dann plötzlich aufhören,
ohne dafs eine Zerstörung
nach obenhin sichtbar ist,
und nur das glatte Mauerwerk
fortgesetzt wird, so ist hier-
durch die Annahme begrün-
det, dafs die Kirche nach ei-
nem Plane fundamentirt und
bis zur Plinthe aufgemauert,
dann aber liegen geblieben
und nur der Chor mit den
drei Absiden vollendet wor-
^ eu ist. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dafs auch in
eu Obermauern des Mittelschiffs sowohl auf Süd- äls Nord-
® eite eine deutliche Trennung durch Lissenen und verschiedene
nesformen an der Stelle, wo Chor und Langhaus sich schei-
en’ Slchtbar ist. Unter den theilweis zerstörten Häuptgfesimsen
zudien sich verschieden gestaltete Bogenfriese hin, welche auf
• IV, hig. 6 bis 9 dargestellt sind, und von denen der auf der
estseite des südlichen Seitenschiffs noch vorhandene der be-
Uukenswertheste ist, weil die unter den Bogensteinen befind-

lichen Putzflächen deutliche Farbenspuren zeigen. Die Friese
selbst scheinen mehrfach und zu verschiedenen Zeiten erneuert
oder ausgebessert zu sein; nur der des Ostgiebels ist unberührt
und wohlerhalten.

Die Westfa^ade ist sehr einfach aber wirkungsvoll gegliedert.
Die zur Verdeckung des Dachprofils der Seitenschiffe bestimmte,
abgetreppte Vordermauer ist auf Bl. IV, Fig. 2, im Detail darge-
stellt, Die Thürme sind nicht lothrecht sondern schwach ver-

jüngt gemauert und mit
Blenden auf drei Seiten ge-
schmückt. Der nördliche
enthält ein flachbogiges
auf Graten eingewölbtes
Kreuzgewölbe, der südliche
ein Tonnengewölbe mit
zwei Stichkappen. Die mas-
sive Abdeckung beider ist
dadurch bemerkenswerth,
dafs für die Gesimsbildung
keine Eckformsteine ver-
wandt sind, Bl. IV, Fig. 11
und 12. Die Schalllöcher
sind nach Osten d. h. nach
der Stadtseite zu, viel tie-
fer herabgezogen, als nach
der entgegengesetzten Seite, und eben so wie der sclnnale Ab-
stand der beiden Thürmchen mit einer steilen Schmiege abge-
deckt, Nach der Struktur und den Kunstformen zu urtheilen,
sind die Thürme clas letzte cles im Ganzen ziemlich einheitlich
zusamm'enhängenden Baues gewesen.

Von den beiden Eingangsthüren ist die nördliche gut erhalten
und zeigt ßl. IV, Fig. 13, bei einfach zurücktretender Profilirung
nach halben Steinen koncentrische Bogen, welche nach aufsen
hin immer entschiedener spitzbogig werden. Gleiches gilt von
den innern- Verbindungsbogen dei’ Pfeilerpaare. Das erste nach

Westen zu ist noch rundbogig, die beiden folgenden zeigen eine
mäfsige Zuspitzung, die beiden letzten nach dem gewölbten Chore
zu einen deutlichen Spitzbogen *). Auch der westliche Chor-
bogen des Mittelschiffs zeigt eine zwar mefsbare aber kaum clar-
stellbare. spitzbogige Zuschärfung; der Absisbogen ist dagegen
ein Halbkreis. Die einfache Pfeiler- und Bogenbildung mit Käm-
pfer und Basen zeigt Bl. IV, Fig. 5, doch kommen hierbei mehrere
Variationen vor. Die Gewölbe selbst, sehr flachgratige Kreuz-
gewölbe, scheinen nicht ursprünglich, sondern später eingezogen
zu sein, was der völlig glatte mittlere Gurtbogen ohne Kämpfer-
profil im Chor, sowie die mittelmäfsige Technik der Gewölbe,
die von der der Absidenhalbkuppeln abweicht, bestätigt, Die
Däclier der Seitenschiffe liegen jetzt um 3 1 Fufs zu hocli, ver-
decken in der Fa^ade die obern Kreisfenster zur Hälfte und neh-
men den Schiffen Licht. Die im Ostgiebel befindliche Boden-
fensteröffnung, Bl. IV, Fig. 4, ist durch schräg gestellte Steinpaare
einfach zwöckmäfsig construirt.

Technisches.

Der ganze Bau ist nur aus gebrannten Steinen von vor-
trefflicher Qualität ausgeführt und hat ursprünglich auch innen
die gefugte Mauerarbeit gezeigt. Nur die Leibungsflächen der

■*) In dem L'ängendurchschnitt sind, des kleinen Maafsstabes halber, diese spitzbogigen
Ueberhöhungen der westliehen Arkaden niclit deutlich genug angegeben worden.

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