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Adler, Friedrich
Baugeschichtliche Forschungen in Deutschland (Band 2): Früh-romanische Baukunst im Elsass — Berlin, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.7767#0007
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3

St. Crocifisso bei Monte Cassino (1000); in Frankreich:
St. Croix zu Montmajour (1019), Querqueville, Fontenelle
u. A. Endlich ist an die auffallend weite Verbreitung der
Verehrung des heiligen Ulrich im Elsafs zu erinnern, auf
welche schon Grandidier mit Recht hingewiesen hat. 8) Aufser
den beiden, schon erwähnten Plätzen bei Avolsheim und
Andlau und der Bischofspalast-Capelle in Strafsburg waren
ihm die Kirchen von Avenheim, Bindern, Irmstätt, Krieges-
heim, Landersheim, Mühlen, Nordnach, Schälfelsheim, Wit-
tersheim u. A. geweiht. Auch das Schlofs St. Ulrich bei
Rappoltsweiler trägt offenbar seinen Namen nach dem Titu-
larheiligen der Burgcapelle.

Für die Verehrung, welche auch das salische Kaiser-
gcschlecht dem heiligen Ulrich widmete, ist die Thatsache
bezeichnend, dafs das von Heinrich III. grofsartig erbaute
Kaiserhaus zu Goslar mit einer Doppclcapelle St. Ulrich zu-
sammenhängt, deren unterer Grundrifs eine gewölbte Kreuz-
kirchc byzantinischen Schemas darstellt.

2. Die Klosterkirche St. Sophia zu Eschau.

Nach älteren aber wie Rettberg 9) dargethan hat, sehr
unsicheren Berichten ist die erste Stiftung dieses 10 Kil.
südlich von Strafsburg belegenen Jungfrauenklosters durch
Bischof Remigius im VIII. Jahrhundert, etwa zwischen
776—783 erfolgt.10) Nach einer völligen Zerstörung bei
dem Ungarn-Einfalle des Jahres 926 hat Bischof Widerold,
der wie oben erwähnt wahrscheinliche Stifter von St. Ulrich
bei Avolsheim, das Kloster erneuert. Das von Grandidier11)
angegebene Datum von 996 niul's als das Jahr der Einwei-
hung angesehen werden, weil bald darauf seit Ende des
Jahres 997 Widerold den Kaiser Otto III. auf dem zweiten
Rümerzuge begleitet und während desselben 999 in Benevent
stirbt. Als spätere Wohlthätcr der Kirche nennt Spach12)
die Bischöfe Wilhelm und Hezilo von Strafsburg.

Von allen Angaben ist nur das Datum 996 wichtig, weil
die bauanalytische Untersuchung die unmittelbare Verwend-
barkeit dieses Datums für den noch existirenden Bau, dessen
Hauptzüge die Fig. 1 — 5 auf Blatt II veranschaulichen,
bestätigt.

Die kleine Kirche bildet eine dreischiffige Pfeilcrbasi-
lika mit auffallend breitem Mittelschiffe und einschiffigem
Querschiffe, dem unmittelbar die Apsis sich anschliefst;
Nebenapsiden fehlen und waren nie vorhanden. Dabei ist
das Mittelschiff sehr hoch, die Abseiten dagegen niedrig;
alle Bautheile tragen Holzdecken. Die Pfeilersockel sind
unsichtbar, ihre Kämpfer (im Langhause) von äufserst schlich-
ter, halbroher Fassung zeigt Fig. 2; während das Kämpfer-
profil an den Apsispfeilern Fig. ;» wohl der höheren Würde
des Bautheiles halber, etwas entwickeltere Formen besitzt.
Die Arkadenbogon und Pfeiler sind aus roh behauenen Qua-
dern mit grofsen Mörtelfugen erbaut und scheinen stets
geputzt gewesen zu sein. Die meisten Fenster sind nachträg-
lich erweitert, doch erkennt man aus vermauerten Oberfen-
stern, dafs die alten Fenster rundbogig, sehr klein und
geschmiegt waren. Nicht zu übersehen ist die Thatsache, dafs
die nördlichen und südlichen Vierungsbogon gleiche Kämpfer-
höhe mit den Schiffsarkaden haben 1S) und über ihnen sich
jederseits zwei nach den Ecken gerückte Fenster befinden,

8) Grandidier, oeuvr. im'd. I, 20, 1.

9) Kettberg, Kirchengesch. Deutschi. II. 70 u. 88.

10) Der Catal. episc. hei Pertz SS. XVII, 117 hat das Datum
803, aber Bisch. Remigius wird schon 783 durch Bisch. Rachio oder
Ratho ersetzt, so dafs jenes Stiftungsdatum auf Remigius nicht pafst.
Vgl. Rettberg Ii, 71 und dazu die Noten.

11) Grandidier, Hist. d. Str. II, 371. Gallia ehrist. III.
Instr. col. 474. Wimpheling sagt von Widerold: et monasterio
in Aschaugia benefecit.

.12) Spach, L'egl. d'Eschau. S. 4 ff.

13) Der etwas perspektivisch gezeichnete Querschnitt hei Kraus
I, CG gicht in diesem Punkte eine bedauernswerthe Unrichtigkeit,
weil einer der originellsten Züge in der Kirche Terwisch! trird,

welche einst die Vierung basilikenartig beleuchteten.14) Die
in sehr mittelmäfsiger Technik ausgeführte Apsishalbkuppel
scheint dem alten Bau anzugehören. Auch das Aeufsere
zeugt von grofser Oekonomic und die Technik ist durch-
weg mittelmäfsig. Zu den Mauern sind reihenartig dicke
Backsteine und ähnlich kleine Bruchsteine mit starken Mör-
telfugen verwendet worden. Nur die Ecken der Kreuzflügel
haben durch gröfscre sauber behauene Quadern eine bessere
Sicherung und die Hauptapsis einen besonderen Schmuck
durch 17 sehr schlanke Blendarkaden erhalten, deren band- ■
artige Pilaster auf einem schwach vorspringenden Sockel
stehen und Schmiegenkapitelle tragen. Bemerkcnswerth ist
dabei, dafs diese Pilaster sowie ihre Blendbögen aus ab-
wechselnd rothen und weifsen Sandsteinen hergestellt sind.
Vergl. die perspektivische Skizze und Fig. 1.1S) An der
Westfacade ist in spätgothischor Zeit allerlei geändert wor-
den. Dahin gehören der Zusatz von zwei Strebepfeilern, der
Einbruch von zwei Spitzbögen und einem Kreisfenster, —
alles Bautheile, welehe in den initgctheilten Skizzen absicht-
lich fortgelassen worden sind, um die ursprüngliche Substanz
des Gebäudes schärfer zu charakterisiren.16)

3. Die Pfarrkirche St. Arbogast zu Ruffacli.

Ruffach war ein alter merovingischer Königshof, der
schon sehr früh (angeblich 675 durch Dagobert II.) an das
Bisthum Strafsburg gekommen ist. Ein Jahrhundort später
(um 780 unter Bischof Remigius) wurden bedeutende Theile
davon dem Klostor Eschau überwiesen,17) welches noch im
XIII. Jahrhundert hier seinen Hof hatte. Aus dieser engen
Beziehung zum Bisthume triefst die Verehrung des Arbogast,
der im MI. Jahrhundert Bischof von Strafsburg war 18) und
im VIII. als Heiliger des Elsafs verehrt wurde. Andrerseits
bezeugt die Architektur der ältesten Bautheile die enge
Verbindung mit Eschau.

Die jetzige Kirche trägt in ihrer Hauptmasse den Cha-
rakter dos gothischen Uebergangsstils, des hochgothischen und
spätgothischen Baustils. Dennoch hat sie einige wichtige
Stücke gerettet, welche beweisen, dafs hier ein frühroma-
nischcr Bau vorhanden gewesen ist, den jene späteren Um-
und Neubauten des XIII — XIV. Jahrhundorts allmälig ver-
drängt haben. Es sind dies: l) die beiden Nebenapsiden
am Querschiffe, hoch und schlank erbaut,la) aufsen mit ein-
fachen Blendarkaden, deren Aehnlichkeit mit denen zu Eschau
überraschend ist; 2) die Querschiffsflügel, 3) Stücke der
Süd - und Nordmauer (etwa 3 Joche lang) u. A.

Nur die äufsere Wanddekoration mit flachen Blend-
arkaden ist auf Blatt II Fig. 6 wiedergegeben, um einen
Vergleich mit den Eschauer Details derselben Gattung zu
ermöglichen. Eine genauere vergleichende Untersuchung der
hier nur kurz berührten Reste von Ruffach, welche über
Strafsburg nach Speier zurückweisen, gestattet mit Sicher-
heit die Annahme einer Bauzeit von 1020 — 28 unter der
Regierung des Bischofs Werner, der damals den stattlichen
Neubau des Münsters von Strafsburg durchführte.

14) Die gleiche Anordnung bei St. Gertrud von Nivelles +

15) Eine in Deutschland sehr verbreitete Dekorationswei K elohe
gleichzeitige oder wenig jüngere Bauten in Reichenau, ?/rar, Cöln,
Ilildesbeim u. A. besitzen.

16) Die Klosterkirche zu Schönenwerth /K. Solothurn) zeigt
eine sehr ähnliche Dekorationsweise am Chore wie Eschau, ohschon
sie jünger, um 10S0 erbaut ist. Bemerkeis.verth bleibt dabei, dafs
beide Klöster denselben Stifter, Bisch. T.emigius von Strafsburg haben.
Grandidier, hist. d. 1. cathe'dr \ 43r>- Grundr. bei Kahn, Gesch.
d. bild. Künste in der Schwei 191.

17) Schöpflin, \'JÜ B ill. IV, 194 u. Not. fundat. Aschovien-.
sis bei Grandid;..c, Pi&c. justif. zur Hist. d'Als. II, LXXV.

18) Von »rbogast's Bauthätigkeit zeugten die alten mit seinem
Namen j»»*el&pelten Ziegel, welche 176C in Strafsburg an der Stelle
gefun wurden, wo er eine St. Michaels - Capelle erbaut hatte,
t;. didier I, 223.

19) An Poppo's Bauthätigkeit in Lothringen, den Itheinlanden
und Hessen erinnernd.

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