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Adler, Friedrich
Baugeschichtliche Forschungen in Deutschland (Band 2): Früh-romanische Baukunst im Elsass — Berlin, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.7767#0009
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5

Kunstsymbolik scheint anzudeuten, dafs liier mitten im Ur-
walde das erlösende Kreuz aufgepflanzt worden ist und dafs
Gottes Gnade, welche ja auch den Elias durch Haben
speiste, diese Ansiedlung frommer Männer nicht hat untergehen
lassen. So gern man auch geneigt sein möchte, in dieser
merkwürdigen Skulptur noch einen Baurest der ersten stei-
nernen Kirche des VIII. Jahrhunderts zu sehen, so lassen
sich doch bis jetzt keine Analogieen zur Unterstützung heran-
ziehen und es wird vorläufig gerathener sein, Portal und
Bildwerk der inschriftlich gesicherten Bauzeit von 1006 anzu-
schließen.

5. Die Pfarrkirche St. Peter bei Avolsheim.

Diese im Volksmunde Dompieter (Domits Petri) lautende
Kirche lag früher innerhalb eines kleinen Weilers, jetzt liegt
sie von einer Mauer mit Pforten umgeben und von alten
Linden beschattet, einsam im Felde. Im Mittelalter galt sie
als die älteste Kirche des Elsafs. Man bezeichnete sie
als eine Stiftung des heiligen Maternus, der mit zwei andern
Sendboten Eucharius und • Valerius auf Befehl des Apostel
Petrus ausgezogen sein sollte, um das Evangelium in beiden
Germanien zu verkündigen. Ein reiches Sagengewebe, in
welches alle alten Peterskirchen des Ober- wie Nieder -
Rheines nach und nach eingeschlungen wurden, hat sich um
diese von der neueren Kritik als völlig baltlos erwiesene
Ueberlieferuug gerankt.2S) Dennoch ist ihr der Ruhm des
höchsten Alters geblieben. *4) Sonstige Nachrichten leiden,
in Urkunden tritt sie erst spät auf; z. 11. in einer Urkunde
von 1337, in welcher sie genannt wird: ecclesia parochialis
IS. Petri juxta Möllesheivi, que cd mtitrix cappclle in Molles-
Jieim, in loco, qui vulgariter Dumpieter nuneupatum.

Das auf Blatt I in den Fig. 5 —115 dargestellte Bau-
werk bildet eine kleine dreischifrige Basilika mit einem
modernen halbachteckigen Chor, der die alte Apsis leider
verdrängt hat. Die Seitenschiffe sind plattgeschlossen, be-
sitzen aber durch besondere Quergurte die Andeutung von
Nebenchören.

Vor der Westfront erhebt sich ein quadratischer Glocken-
turm, dessen Obertheil nach einem Blitzschlage J7(')2 erneuert
wurde. Sein als Vorhalle nach aul'son geöffnetes Erdgeschofs
war früher mit einem Tonnengewölbe überdeckt, von welchem
die Kämpfer (vgl. Fig. 8) noch auf der ganzen Tiefe erhal-
ten sind. In dem quadratischen Mittelgcschosse sitzt ein
kleines ab'er sehr alterthümlich formirtes Fenster, welches
wie Fig. 7 zeigt , aus einem Stücke gehauen ist. Im Hinter-
gründe der Vorhalle befindet sich ein ebenso merkwürdiges
in der wuchtigsten Structur hergestelltes Westportal. Die
Einfassung bilden zwei mächtige Seitensteine, die Deckung
ein kolossaler tief gelaibter Deckstein, den schräg vorge-
krägte Oberschichten entlasten. Die beiden Soitenpfosten,
deren Detail Fig. 13 mittheilt, sind mit eingeblendeten hal-
ben Zwölfeckspfeilern besetz!, welche auf polygonisirten atti-
schen Basen ruhen und höchst groteske Maskcnkapitellc tra-
gen. Ein gewundener Stab mit ähnlich grotesken Endigun-
gen säumt die Unterkante der Deckplatte, die später einen
hinteren Mittelpf'osten zur Unterstützung erhalten hat. Die alten
Thürflügel tragen Eisenbeschläge spätroinanischer Fassung.

In ähnlich altertümlichen Stilformen wie das Westportal
sind zwei kleine Nebenportale an der Nord- und Südseite
gestaltet. Besonders interessant ist die Nordthür Fig. 11 mit
ihren aus dem nationalen Holzbau übertragenen Kerbschnitt-
formen an den Einfassungssleincn und dem trapezförmigen
Decksteine, der, auf byzantinisirenden Kämpfersteinen ruhend,
mit dem Radkreuze, dein Petrusschlüssel und zwei Kreisen
(Sonne und Mond?) reliefartig geschmückt ist. Dieselbe

23) Grand idier, Ocjuyr. in6d. VI, 79 u. Ders. Hist. de l'egl.
I, 52 u. 122. Rettberg I, 74 ff. Specklc giebt an, dafs er noeh
den kleinen, von Maternus selbst geweihten Altar gesehen und In-
schriften auf Chlodwig, Dagobert und Fipin gelesen hat.

24) Bull. 1 seric; 1, 23C.

Symbolik hat der etwas kleinere Deckstein der Südthür —
Fig. 5 — empfangen.

Das Innere erinnert lebhaft an Eschau, doch sind die
quadratischen Pfeiler minder stark und tragen ein etwas zar-
teres, allerdings auch nur aus Platte und Schmiege bestehen-
des Kämpfeigesims. Die Arkaden sind niedrig, — Fig. 9
— aber frei und licht; die Pfeilerbasen stecken in der
Erde. Nur au den beiden östlichen Kämpfern, Fig. 10a
u. 10b, erscheint eine etwas belebtere aber doch noch sehr
schlichte Meifselarbeit.

Sämmtliche Unterfenster sind 1767 erneuert; die klei-
nen Oberfenstcr - rundbogig und schwach geschmiegt —
sind alt. Eine fast puritanische Einfachheit herrscht jetzt
im Innern, das nach älteren Berichten mit römischen wie
altchristlichen Alterthümern einst überlullt war.

Die Structur zeigt im wesentlichen einen grol'sfugigcn
Bruchsteinbau, nur die Pfeiler und Thürumralimungen sind
aus behauenen Quadern. welche den 0,os m. breiten Rand-
beschlag tragen,, hergestellt.

Dafs die Hauptmasse des Bauwerks aus einem Gusse
stammt, ist zweifellos, nur der Thurm ist angefügt und hat
wahrscheinlich ursprünglich über dem alten Chore gestanden.
Jener Hauptbau darf mit einiger Sicherheit in das erste
Jahrzehend des XI. Jahrhunderts, der Thurm einige Jahr-
zeheade jünger gestellt werden. Eine genaue Vergleichung
der merkwürdigen Portaldetails mit den wenigen Kämpf'cr-
details im Innern, sowie mit den sonst im Elsafs und
Alemannien vorhandenen ältesten plastischen verzierten Resten
(darunter die Südthür aus Bergholzzell u. A.) drängt auch
hier zu der — allerdings nicht wahrscheinlichen — Vermuthung,
dafs die Portale von einem hochalten Steinbaue aus dem
IX., vielleicht noch VIII. Jahrhundert in den Erneuerungs-
bau vom Anfange des XI. Jahrhunderts herübergerettet wor-
den sind. Jedenfalls gehören sie zu den in Deutschland auf
eine fast verschwindend kleine Zahl zusammengeschmolzenen
Baustücken, welche auf altnationalcn Holzbau zurückweisen.

0. Die Pfarrkirche von Altenstädt.

Diese in der nächsten Nähe von Weil'senburg belegene
Dortkirche ist als dreischiffige Pfeilerbasilika mit oblongem
Westthurme und platt geschlossenem Chore gestaltet.

Die Kirche ist in ihren UaupiLLiien noch erhalten und
sofort als ein frühron hur Bau erkennbar. Die Seiten-
schiffsfenster sind .*var verändert, aber einige Oberfenster
noch unberührt; Sie sind eng, niedrig, schwach geschmiegt
und erinnern an die ältesten Fenster von Reichenau. Sehr
zu edauern ist das Fehlen des Querschiffs und Chores. Der
j ige Chor ist plattgeschlossen und mit einem sehr mittel-
 
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