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begeisterte und eifernde Künstler soll
ein kräftiger Haltpunkt gewonnen werden.
Ferner ist im Auge zu behalten, daß
es sich um die monumentale Malerei
handelt, nicht etwa um Tafelmalerei. Daß
in letzterer zu anderer Zeit und ander-
wärts vielleicht ebenso Großes und Grö-
ßeres gelungen ist und geschaffen ward,
als in der genannten Schule, soll nicht
in Abrede gezogen werden. Wenn aber
für erstere ans dieser frühen Zeit ein
Muster gewählt wird, so wird das wie-
derum jeder verstehen, welcher den Begriff
der monumentalen Malerei aus dem Be-
griff der kirchlichen Malerei überhaupt
herauszulösen weiß. Für erstere kommen
manche später errungenen Vortheile und
Vorzüge der Technik und Zeichnung nicht
in Betracht, und zwar, weil sie, wie schon
früher in diesen Blättern entwickelt wurde
(1884 Nr. 12), auf ausgedehnte Linien-
und Luftperspektive, auf Modelliren und
Rundmalen fast ganz zu verzichten hat,
will sie nicht aus der ihr angewiesenen
Fläche zu unberechtigter Selbständigkeit,
zum Schaden der Architektur heraustreten.
Die Blütezeit der Freskomalerei fällt da-
her nicht mit der Blütezeit der Tafel- und
Oelmalerei zusammen, sie geht dieser vor-
aus. Eben unsere Schule bezeichnet den
Höhepunkt der ersteren und die Zeit ihrer
unbedingten Herrschaft.
Weiterhin geben wir zu bedenken, daß
es sich um eine Muster sch ule handelt,
nicht uni einzelne Musterbilder. Letztere
sind ja allerorts und zu allen Zeiten zu
finden; sie sollen auch als Vorbilder kei-
neswegs ausgeschlossen sein. Namentlich
sei ausdrücklich bemerkt, daß wir in Deutsch-
land herrliche, alles Studiums würdige
Reste monumentaler Malerei haben, die
vielleicht später in einem kleinen Ueberblick
ihrem Charakter und ihrer Eigenart nach
vorgeführt werden sollen. Was wir aber
hier suchen, ist etwas anderes. Um die
Zerfahrenheit und Unsicherheit der monu-
mentalen Malerei unserer Tage zu been-
den , und ihr feste Haltung und innere
Sammlung zu verleihen, soll ihr der An-
schluß an eine Schule im festen, alten
Sinn des Wortes empfohlen werden, au
eine Schule mit firirtem Kanon, von künst-
lerischer und religiöser Einheit, an eine
Schule, welche neben der innern, geistigen
Einheit jene Kardinalpunkte unverrückbar
sesthält, innerhalb deren das Wesen der
monumentalen Malerei liegt, welche jenen
religiösen Standpunkt einhält, der für alle
religiöse Malerei absolut maßgebend ist.
Um eine solche Schule gu finden, muß
man in's 14. und 15. Jahrhundert zurück-
geheu. Denn vom Anbruch der Renais-
sance an gibt es solche geschlossene Schu-
len nicht mehr. Der mit der Renaissance
aufkommende Subjectivismus ist der Feind
strenger Schule. Es findet sich nun wohl
noch eine Schuleinheit, die auf Technik,
Farbengebung, äußere Kompositionsweise
sich erstreckt, aber keine, welche den ganzen
Kreis der künstlerischen und geistigen An-
schauungen umspannte.
Der Umstand, daß die von uns als
klassisch augesetzte Schule vielleicht die kon-
solidirteste ist, welche die Geschichte der
Malerei aufweist, würde natürlich für sich
allein die Hervorhebung derselben noch
nicht rechtfertigen. Aber es verbindet sich
mit dem strengen Schulcharakter eine ganze
Reihe von Vorzügen, welche in solcher
Fülle sich anderwärts nicht vereinigt finden.
Einmal ist jene Einheit keine starre ver-
knöcherte, wie die Einheit des byzantinischen
Styls; es ist eine Einheit, welche innere Fort-
bewegung, Fortbildung und Vervollkomm-
nung nicht ausschließt, sondern verlangt,
eine Einheit, neben welcher die Freiheit
des Künstlers noch Raum und Platz hat.
Von Giotto's oder gar Cimabue's schüch-
ternen Anfängen bis zu Fiesole'ö herrlich
entwickelter Formenwelt ist ein ununter-
brochener, immer aufwärts führender Ent-
wicklungsgang zu verfolgen.
Daher wohnt dieser Schule eine gewisse
Universalität iuue. Sie wahrt noch Ver-
wandtschafts- und 1 Aehnlichkeitszüge mit
ihrer Mutter, der byzantinisch-romanischeu
Malerei; sie nimmt daun das frische, feu-
rige Leben der Gothik in sich auf; ja sie
verarbeitet zuletzt in ihre Kunstwelt hinein
auch alle assimilirbaren Elemente der Re-
naissancebewegung. Sie bietet daher Vor-
bilder für Bemalung der romanischen,
gothischen und Renaissance-Kirchen und ist
so recht die Ceutralschule der ganzen monu-
mentalen Malerei.
Dazu kommt, daß diese Schule sozusagen
mit kleinem künstlerischen Apparat arbeitet.
Ihre Formenwelt ist eine einfache, daher
begeisterte und eifernde Künstler soll
ein kräftiger Haltpunkt gewonnen werden.
Ferner ist im Auge zu behalten, daß
es sich um die monumentale Malerei
handelt, nicht etwa um Tafelmalerei. Daß
in letzterer zu anderer Zeit und ander-
wärts vielleicht ebenso Großes und Grö-
ßeres gelungen ist und geschaffen ward,
als in der genannten Schule, soll nicht
in Abrede gezogen werden. Wenn aber
für erstere ans dieser frühen Zeit ein
Muster gewählt wird, so wird das wie-
derum jeder verstehen, welcher den Begriff
der monumentalen Malerei aus dem Be-
griff der kirchlichen Malerei überhaupt
herauszulösen weiß. Für erstere kommen
manche später errungenen Vortheile und
Vorzüge der Technik und Zeichnung nicht
in Betracht, und zwar, weil sie, wie schon
früher in diesen Blättern entwickelt wurde
(1884 Nr. 12), auf ausgedehnte Linien-
und Luftperspektive, auf Modelliren und
Rundmalen fast ganz zu verzichten hat,
will sie nicht aus der ihr angewiesenen
Fläche zu unberechtigter Selbständigkeit,
zum Schaden der Architektur heraustreten.
Die Blütezeit der Freskomalerei fällt da-
her nicht mit der Blütezeit der Tafel- und
Oelmalerei zusammen, sie geht dieser vor-
aus. Eben unsere Schule bezeichnet den
Höhepunkt der ersteren und die Zeit ihrer
unbedingten Herrschaft.
Weiterhin geben wir zu bedenken, daß
es sich um eine Muster sch ule handelt,
nicht uni einzelne Musterbilder. Letztere
sind ja allerorts und zu allen Zeiten zu
finden; sie sollen auch als Vorbilder kei-
neswegs ausgeschlossen sein. Namentlich
sei ausdrücklich bemerkt, daß wir in Deutsch-
land herrliche, alles Studiums würdige
Reste monumentaler Malerei haben, die
vielleicht später in einem kleinen Ueberblick
ihrem Charakter und ihrer Eigenart nach
vorgeführt werden sollen. Was wir aber
hier suchen, ist etwas anderes. Um die
Zerfahrenheit und Unsicherheit der monu-
mentalen Malerei unserer Tage zu been-
den , und ihr feste Haltung und innere
Sammlung zu verleihen, soll ihr der An-
schluß an eine Schule im festen, alten
Sinn des Wortes empfohlen werden, au
eine Schule mit firirtem Kanon, von künst-
lerischer und religiöser Einheit, an eine
Schule, welche neben der innern, geistigen
Einheit jene Kardinalpunkte unverrückbar
sesthält, innerhalb deren das Wesen der
monumentalen Malerei liegt, welche jenen
religiösen Standpunkt einhält, der für alle
religiöse Malerei absolut maßgebend ist.
Um eine solche Schule gu finden, muß
man in's 14. und 15. Jahrhundert zurück-
geheu. Denn vom Anbruch der Renais-
sance an gibt es solche geschlossene Schu-
len nicht mehr. Der mit der Renaissance
aufkommende Subjectivismus ist der Feind
strenger Schule. Es findet sich nun wohl
noch eine Schuleinheit, die auf Technik,
Farbengebung, äußere Kompositionsweise
sich erstreckt, aber keine, welche den ganzen
Kreis der künstlerischen und geistigen An-
schauungen umspannte.
Der Umstand, daß die von uns als
klassisch augesetzte Schule vielleicht die kon-
solidirteste ist, welche die Geschichte der
Malerei aufweist, würde natürlich für sich
allein die Hervorhebung derselben noch
nicht rechtfertigen. Aber es verbindet sich
mit dem strengen Schulcharakter eine ganze
Reihe von Vorzügen, welche in solcher
Fülle sich anderwärts nicht vereinigt finden.
Einmal ist jene Einheit keine starre ver-
knöcherte, wie die Einheit des byzantinischen
Styls; es ist eine Einheit, welche innere Fort-
bewegung, Fortbildung und Vervollkomm-
nung nicht ausschließt, sondern verlangt,
eine Einheit, neben welcher die Freiheit
des Künstlers noch Raum und Platz hat.
Von Giotto's oder gar Cimabue's schüch-
ternen Anfängen bis zu Fiesole'ö herrlich
entwickelter Formenwelt ist ein ununter-
brochener, immer aufwärts führender Ent-
wicklungsgang zu verfolgen.
Daher wohnt dieser Schule eine gewisse
Universalität iuue. Sie wahrt noch Ver-
wandtschafts- und 1 Aehnlichkeitszüge mit
ihrer Mutter, der byzantinisch-romanischeu
Malerei; sie nimmt daun das frische, feu-
rige Leben der Gothik in sich auf; ja sie
verarbeitet zuletzt in ihre Kunstwelt hinein
auch alle assimilirbaren Elemente der Re-
naissancebewegung. Sie bietet daher Vor-
bilder für Bemalung der romanischen,
gothischen und Renaissance-Kirchen und ist
so recht die Ceutralschule der ganzen monu-
mentalen Malerei.
Dazu kommt, daß diese Schule sozusagen
mit kleinem künstlerischen Apparat arbeitet.
Ihre Formenwelt ist eine einfache, daher