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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 7
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Schnütgen, Alexander: Wandbekleidung mit Thonfliesen, [2]
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70

gepreßt, daß sie in den Ofen gebracht werden
kann. Die starke Glut bewirkt vollständige
Sinterung und einen hohen Grad der Härte
und Dichtigkeit. Sollen diese Platten außer
demFarbenmnster auch, was zur Hebung des-
selben nicht selten wesentlich beiträgt, noch
erhabene, oder vertiefte Contouren erhalten,
so werden diese durch Netze bewerkstelligt,
die auf dem Bodeu der Form angebracht
sind. Die Glasur vervollständigt, wenn
wünschenswerth, die glänzende Wirkung des
Ganzen. Solche Plättchen, die natürlich
durchaus einheitlich in Größe, Stärke, Ton,
Zeichnung hergestellt werden können, sind
mit leichter Mühe auf der Wand zu be-
festigen in so glatter Fläche und in so
dichtem Gefüge, daß die Nähte kaum be-
merkbar sind, und das Ganze den Eindruck
eines vorzüglich anfschablonirten Teppichs
macht. Für die Wirkung kommt natürlich
Alles auf die Zeichnung und die Farben-
stimmnng an. Erstere muß selbstverständ-
lich im Stile der Kirche, resp. der übrigen
Wanddekoration gehalten und strenge durch-
gesührt sein, sie darf weder den Grundton
zu viel bedecken, noch auch zu kleinlich
geartet sein. Sie muß vielmehr, zumal
wenn es sich um größere Flächen handelt,
eine größere, sich nicht allzuhäusig wieder-
holende Musterung erstreben und diese deß-
wegen aus mindestens vier Plättchen ver-
theilen. Die Farben dürfen den etwas
durchsichtigen Majolikacharakter nicht ver-
leugnen, weder zu schwer im Tone, noch
zu groß in der Ausdehnung sein. Daß ein
Sockel von einheitlicher dunkler Farbe nach
unten, eine leichte ruhige Borte nach oben
den Teppich abschließen muß, versteht sich
von selbst. Werden Zeichnung und Farbe
so gewählt, daß sie durch Formen, also
mechanisch herzustellen sind, so wird der
Preis ein verhältnismäßig geringer sein,
zumal wenn dazu wenige Formen genügen.
Die gewöhnlichen Fußbodenfliese werden
auch in dieser Hinsicht als maßgeblich be-
trachtet werden dürfen. Komplizirter und
in Folge dessen kostspieliger wird das Ver-
fahren, wenn zur Gewinnung des farbigen
Dessins entweder eine größere Anzahl neuer
Schabloneuformen angefertigt werden muß,
oder dasselbe aus die bereits gebrannten Plat-
ten, sei es aus der Hand direkt ausgezeich-
net, sei es auch nur durch lithographischen
Ueberdruck auf sie übertragen werden muß,

um sodann mit durchsichtigen Glasur- und
opaken Emailfarben ausgemalt und ausge-
brannt zu werden. Dieses Verfahren schließt
natürlich als solches keine Zeichnung und
auch fast keine Färbung aus, da auch hier
die Farbenskala eine überaus reiche ist.
Als Grundsätze aber für deren Feststellung
und Auswahl werden zu gelten haben zu-
nächst, daß diese musivische Ausstattung der
unteren Wandpartieen die malerische der
oberen au Reichthum nicht übertrifft, viel-
mehr an Einfachheit hinter ihr zurückbleibt,
daß sie sich aber auch in Bezug auf kolo-
ristische Behandlung ihr unterordnet und
harmonisch mit ihr verbindet. Sodann
wird vor Allem der Flächencharakter zu
wahren sein, namentlich auch in den Bän-
dern und Borten, in denen der Schmuck sich
zu konzeutriren suchen wird. Außer den
geometrischen Figuren, welche zumal in
romanischen und srühgothischen Kirchen
in der Regel die Musterung beherrschen
werden, sind pflanzliche Ornamente, Rauken-
und Blattwerk sehr angebracht, und den
mittelalterlichen Stoffmustern werden vor-
nehmlich die Motive zu entlehnen sein.
Die bis zur Unerschöpflichkeit manchsaltigen
Grauatapfelmusterungeu besonders die herr-
lichen flandrischen Sammetbrokate des
fünfzehnten Jahrh., werden hier vor Allem
ihren vorbildlichen Werth geltend zu machen
haben. Wenn Thierfigurationen in die
Zeichnung mitaufgenommen werden sollen,
worauf in reicher zu behandelnden Friesen
romanischen Stiles nicht leicht wird ver-
zichtet werden sollen, dann ist auf die
richtige Stilisirung derselben im Anschlüsse
an die Stoffe und Teppiche dieser Epoche,
großer Werth zu legen. In Kreise, oder
Polygone komponirte Bestien werden dem
Charakter der früheren, Arabesken, durch-
dringende und belebende, mehr dem der
späteren Zeit entsprechen. Für die Farben
endlich werden die der Flächenmalerei einer-
seits , der Majolikatechnik anderseits ent-
sprechenden Töne zu wählen sein, weder
zu schwere, noch zu dunkle, noch in zu
großer Ausdehnung. Reicher Wechsel mit
wenigen Farben, in denen auf lichtem
Grunde bräunlich, bläulich, gelblich wird
prävaliren müssen, dürfte sich hier am
meisten empfehlen.

Die vorstehend entwickelten Grundsätze
sind maßgeblich gewesen für die Fliesen-
 
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