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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 4
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Detzel, Heinrich: Die Kirchenrestauration in St. Christina bei Ravensburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0041

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31

hältnisse und saubere Schnitzarbeiten; sie
bilden die Umrahmungen zu zwei Altarge-
mälden, welche in den Jahren 1874 und
1877 von Herrn Professor Beutele in
Stuttgart in wahrhaft künstlerischer Vollen-
dung ans die Leinwand gezaubert sind.
Unter den Arbeiten, auch den neueren, die
ich bisher von diesen: Meister zu sehen Ge-
legenheit gehabt, erscheinen sie mir unbedingt
als die besten. Das linke Altarblatt zeigt
die hl. Jungfrau mit dem Kinde ans Wolken
stehend; wenn auch die Madonna als
zu mädchenhaft jugendlich sich präsentirt, so
ist sie doch eine wahrhaft überirdische Er-
scheinung, das segnende Christnskind aber ist
von so lieblicher uitb zugleich göttlicher Auf-
fassung, von so feinen Uebergängen und so
einfach schöner Harmonie in: Kolorit, daß
Laien und Künstler in gleicher Weise ihr
Lob darüber anssprechen. Noch höher in
der Kunst stellen wir das zweite Altarblatt,
den „Tod des hl. Joseph". Ist schon die
Komposition an sich ebenso schön durchdacht
als klar angeordnet, so koinmt hiezu noch
der dem Gegenstände so trefflich angepaßte
Farbenton. „So stirbt der Gerechte," lesen
wir ans den: vergeistigten Antlitze des ster-
benden Nährvaters, der zu (einer Rechten
den sitzenden Heiland und zur Linken die
knieende hl. Jungfrau zeigt; oben erscheinen
liebliche Engel, um die Seele des Sterbenden
zu empfangen.

Mit Ausnahme der beiden Seitenaltäre
n:ußte also, wie gesagt, die Kirche eine ganz
neue Ausstattung erhalten: Hochaltar, Kan-
zel, Ehorftühle und Kommunionbank konnten
in der nenrestaurirten Kirche keine:: Platz
mehr finden; auch verlangte wie von selbst
die ganze architektonische Anlage des Chores,
daß in erster Linie hier die Plastik zur
Dekoration herbeigezogen werde. Es ward
also für diese Art der kirchlichen Kunst-
thätigkeit wie namentlich auch für die Kunst-
schreinerei eine ganz bedeutende Aufgabe ge-
stellt und hatte ein Künstler hier Gelegenheit
zu zeigen, was er in diesen: Zweige der
Kunst zu leisten in: Stande sei. Die Pläne
zu diesen sämmtlichen plastischen Arbeiten zu
entwerfen, wurde der Bildhauer Moriz
Schlachter in Ravensburg beauftragt
und ihn:, als einem früheren Angehörigen
unserer Pfarrei, auch die Ausführung über-
tragen. Es ist die erste größere und aus-
gedehntere Arbeit, die Herr Schlachter aus-
zuführen hier Gelegenheit hatte, und er hat
sich hier gleich als vollendeter Meister in
die kirchliche Kunst eingeführt. Wenn bis-
her die Laienwelt in der Kunst, so weit sie
die Kirche gesehen, die Arbeit einstimmig
als Meisterwerk bezeichnet und ihre.Be-

wunderung laut ausspricht, so wird — diese
Ueberzeugung haben wir — auch der Sach-
verständige und strenge Kritiker, selbst bei
eingehendster Betrachtung, den sämmtlichen
in Eichenholz ausgeführteu Werken seine
volle Anerkennung nicht versage,: können.

Was zunächst den Hochaltar betrifft,
so wurde derselbe genau nach den Aus-
führungen entworfen, welche das „Archiv
für christliche Kunst" über den Bau des
Tabernakelaltars in: Jahrgange 1883 Nr.
7 ff. gibt. Seinen Hauptkörper bildet der
Tabernakel mit den: geschlossenen Thronus,
darüber ein baldachinartiger Abschluß; zur
Seite stehen zwei Nischen mit gleichen: Ab-
schluß nach oben angebracht, welche in
Skulpturen die Heiligen Christina und Ka-
tharina enthalten. Diese Nischen schließen
sich aber nicht unmittelbar an den Taber-
nakelbau an, sondern sind noch je durch ein
Zwischeufeld von ihm getrennt, worauf zwei
aubetende Engel in Hautreliefs. Den un-
tern Teil des Tabernakels flankiren ebenfalls
zwei Reliefs in Nischen; links die Botschafter,
rechts das Mannaregnen als Vorbilder der
hl. Eucharistie, ein drittes Relief, das Opfer
Melchisedechs, ist in der Mitte des Anti-
pendiunrs angebracht. Die Tabernakelthüren
zeigen reiche Vergoldung und haben als
Relief die vier Evangelistensymbole und oben
ein Herz-Jesubild. Das die einfache Konr-
position und Ausstattung des Altars. Die
beiden Statuen St. Christina mit den:
Mühlstein zu Füßen und den Pfeilen und
der Märtyrerpalme in der Hand, und St.
Katharina mit Schwert und Buch sind recht
gelungen sowohl in ihrer plastischen Aus-
führung als schönen religiösen Auffassung;
ihre Fassung ist ganz passend, ganz beson-
ders schön und zart aber ist diese gegeben
in den beiden schwebenden Engeln. Diese
polychrounrten Statuen und Reliefs in Ver-
bindung mit einer feinen, nicht übermäßigen
aber passend angebrachten Vergoldung machen
den Hochaltar zu einen: zwar vornehmen,
aber doch wieder einfach und edel wirkenden
kirchlichen Kunstwerk.

Der ganze Hochaltar, wie er steht, ist
eine Stiftung der ehrsainen Jungfrau I o-
sepha Fuchs in Hinzistobel, der die
Pfarrgemeinde St. Christina deßhalb zu
stetem Dank verpflichtet ist.

Bei der übrigen Ausstattung des Chors
handelte es sich hauptsächlich darum, ein
Mittel zu finden, den untern Theil des
Polygonen Chorabschlusses in Harmonie mit
den: Projekte eines, wie wir soeben gesehen,
immerhin reich ausgestatteten Hochaltars zu
bringen. Es ist erfahrungsgemäß, daß ge-
rade diese untern Theile der Kirche, nament-
 
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