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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 4
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Donauwörther Heiligebildchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0045

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88

die Gebete der Gläubigen auf Erden ihm
überbriugeu. Die Darstellung hat den Namen
„Die göttliche Liturgie"; Christus und die
Engel erscheinen in priesterlichen Gewändern.
Zu den Engeln gesellen sich als Assistenten
Maria, der Täufer, Propheten und die Evan-
gelisten. An den übrigen Gewölben und
den obersten Wandthcilen sind die Höhepunkte
im Leben Jes», zugleich die beit höchsten
Festen zu Grund liegenden Thatsachen, an-
gemalt; weiter unten die Thatsachen der Fest-
tage Mariens oder der historische Inhalt
von Sonntagsevangelien; unter diesen Reihen
einzelner Heiliger. So rvaltet hier überall
eine zusammenfassende Grundidee: die Male-
reien des Altarranmes beziehen sich alle un-
mittelbar auf die Liturgie, im Kuppelraum
tulminirt das Gebetsleben der Gemeinde,
im Kirchenraum kommt das Kirchenjahr mit
seinen Herrn- und Heiligenfesten zur Dar-
stellung. Die Kreise sind aber nicht ein für
allemal festgeschlossen, sondern je nach den
zur Verfügung stehenden Räumen einer Zu-
sammenziehnng oder Erweiterung fähig. In
den Cyklen der Vorhalle und des Speisesaales
(Trapeza) klingen die obigen drei Grund-
gedanken nach; nur im lehtern kommen noch
Legendenbilder hinzu.

Daneben spielen die Laselgemälde in
der Kunst und Liturgie eine große Rolle.
Am Templon oder der Bilderwand, welche
vor dem Altäre sich erhebt, ist eine ganze
Reihe großer Heiligenbilder (Christus, Maria,
Johann Baptist, Erzengel, Patrone rc.) an-
gebracht, meist Brustbilder in Lebensgröße.
Dazu kommt eine große Zahl kleinerer Hei-
ligen- und Festbilder; sie werden am Ge-
dächtnißtag des Heiligen, oder am betreffen-
den Fest auf dem Proskynitarion, einem
viereckigen Pult zur Verehrung (Proskyne-
sis) aufgelegt. Die Altersschätzung ist bei
diesen Bildern sehr schwierig; die künstlerisch
bedeutendsten werden vom Verfasser genau
besprochen.

Nachdem so der Kanon für Auswahl und
chklische Anordnung der Malereien gesunden,
wird von S. 99—151 der geistige Gehalt
der Bilder besprochen. Die Haupttypen für
die Darstellung Christi und der Panagia,
der Gottesmutter mit dem Kind, die Typen
für die hauptsächlichsten Scenenbilder werden
geistvoll untersucht, und als ihre Gedanken-
quellen die hl. Schrift und die Uebcrliefe-
rung, näherhin die ans der Ueberliefernng
und Legende schöpfende Liturgie, nachge-
wiesen. Hier zeigt es sich, daß diese ganze
Kunst ans dem Quell der Schrift und an
den Brüsten der Liturgie sich labt und
nährt und besonders zwischen Kunst und
Liturgie besteht eine Innigkeit der Beziehung,

die leider unserer religiösen Kunst fast ganz
abhanden gekommen. Es ergibt sich aber
auch als Resultat die gänzliche Irrigkeit der
Vorstellung, als ob dem griechischen Maler
zum voraus alle Freiheit unterbunden und
für jede Darstellung schon eine unabänder-
liche, alles bis ins Kleinste gesetzlich regelnde
Norm gegeben sei. „In der Art und Weise,
wie der Maler einem solchen (allerdings ge-
gebenen) Inhalt gegenüber seine Aufgabe
lösen will, ist ihm die nöthige Freiheit voll-
auf gewährt." Wenn gleichwohl sich ganz
feste Typen bildeten und die meisten Äthos-
malereien nur spärliche Gebrauchmachung
von jener Freiheit verrathen, so liegt der
Grund einerseits in dem Gleichbleiben der
Quelle der Liturgie, andererseits im Sinken
der Künstlerkraft, aber die typische Aehnlich-
keit ist bei diesen Malereien „in nicht höherem
Grad vorhanden, als man es auch an an-
deren einheitlichen Knnstepochen zu beob-
achten gewohnt ist" (S. 151).

S. 151—162 folgt ein überaus wichtiger
Traktat über das schon oben erwähnte, von
Didron heransgegebene, von Schäfer ins
Deutsche übersetzte Handbuch der M a -
lerei. Man hatte bisher angenommen,
daß demselben ein uralter Kern zu Grunde
liege, der von Jahrhundert zu Jahrhundert
Vergrößerungen und Erweiterungen erfahren
habe; das glaubte man schließen zu dürfen
aus der Ungleichmäßigkeit der Sprache, aus
der Berücksichtigung der Synoden bloß bis
zum achten Jahrhundert und aus der Er-
wähnung des Malers Panselinos, von
welchem der Verfasser, der Mönch Dionysios,
gelernt zu haben bekennt. Brockhaus er-
weist nun aber das völlig Unberechtigte
dieses Schlußversahrens. Die sprachlichen
Verschiedenheiten weisen nicht aus verschiedene
Epochen der Abfassung; das Neugriechische
und Altgriechische lebt jetzt noch auf der
Insel neben einander, das letztere als Kirchen-
sprache , das erstere als Umgangssprache.
Die Uebergehnng der jüngeren Synoden ist
sehr einfach dadurch motivirt, daß die grie-
chische Kirche überhaupt nur den ersten
sieben Synoden eine Festfeier widmet. End-
lich die Beziehungen zu Panselinos (11. oder
12. Jahrhundert) sind keine zeitgenössischen,
sondern rein geistige: der Verfasser hat an den
Malereien dieses Meisters sich gebildet. Als
Abfassungszeit des Buches wird die Zeit
zwischen 1500 und 1630 dargethan. Damit
fällt nun auch schon die bisherige Vorstellung
weg, als ob das Buch das eigentliche, jeden
Maler verpflichtende Gesetzbuch gewesen sei,
und als ob von ihm ans die Entwicklungs-
losigkeit und Unfreiheit vieler Athos-Male-
reien zu erklären sei. Das Bncb ist durchaus
 
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