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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 1
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Raible, Felix: Die Kirchenrestauration in Glatt (Hohenzollern), [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0010

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6

den Chorbogen, dem Schiff zu, malle er
neben den seit alters dort hängenden
Kruzifixus zwei recht erbauliche anbetende
Engel. Im Langhaus schuf Kaltenbacher
unter Mithilfe des Malers Joh. Bapt.
Hengartner ans Konstanz am Plafond
ein großes Rnndgemälde, die Verherr-
lichung des Lammes Gottes im Himmel
nach der Offenbarung des Apostels Jo-
hannes. In der Mitte erblickt man lieblich
gemalt auf rolhem Grund das Lamm Gottes
mit der Siegesfahne, leuchtend in goldenen
Strahlen und Flammenblitzen, stehend auf
dem gebeimnißvollen Buch mit sieben Sie-
geln, überstrahlt von den sieben Sternen
lind den sieben Lampen, umgeben von den
geheimnißvollen vier lebendigen Wesen —
Engel, Löwe, Ochs, Adler —, umschlossen
weiterhin von Kreisen und Nimben, ans
deren einem vier Alleluja in Gold ge-
schrieben erglänzen. Um diese Herrlichkeit
des Lammes reiht sich weiterhinaus ans
hellgelbem Grunde der Himmel der Hei-
ligen und Seligen, vertreten durch vier
Chöre, drei Patriarchen: Noe, Abraham,
David; drei Propheten: Moses, Jsaias,
Johannes der Täufer; drei Apostel: Petrus,
Paulus, Johannes; drei Jungfrauen:
Agnes, Barbara, Theresia. Die vier Chöre
sind durch je zwei Palmen, die einzelnen
Figuren durch je eine Palme von einander
getrennt, nach Ezech. 41, 18. Um das
ganze Nnndgemälde lieot man den Text
Offenb. 5, 13: „Dem, der aus dem Throne
sitzt, und dem Lamme sei Lob lind Ehre
und Preis und Macht in alle Ewigkeit!"
— Während die zwei Medaillons im
Chor in der haltbarsten Technik und in
strenger Stilisirnng gemalt sind, hat der
Maler dieses Deckenbild in weicheren
Formen linb in Oelwachsmalerei ausge-
führt, da mail die Kosten eiiler neuen Decke
scheute, und ilachdem uns der Chef der
Benroner Malerschule versichert, daß diese
Technik ail der Decke allenfalls zulässig
sei, liicht aber an den Wänden. Die De-
korationsmalerei besorgte Maler Fidelis
Nachbauer mit Söhnen ans Bodnegg in
Kalkfarben und in fleißigster unb gewissen-
haftester Weise. Im Ganzen wurde eine
gute Farbenharmonie angestrebt und im
Schiss eilt röthlicher, tut Chor ein gelb-
licher Grund gewählt. Es wurden ver-
hältnißmäßig wenige Farben genommen,

im Chor volle, ttngebrocheue, im Schiff
gebrochene, tteutrale. Besonders reich wur-
dett die Fensternischen und der Chorbogen
gehalten, wo das Gold nicht gespart wurde.
Aut Chorbogen schlingt sich ein üppiger
Roseitstock hinauf mit weißen, rothen und
gelben Rosen: eilt Sittubild der in unserer
Pfarrgemeinde seit mehr beim 200 Jahren
blühenden Rosenkranzbruderschaft. Attch
iu den Fenstern ist das Rosenmotiv reich-
lich und schön verwendet. Die Schifs-
wände, welche über dem kräftig roth-
brauuell Tylolith die reiche Decke tragen
sollen, bekamen eine leichte Quadriruiig
ans braunen Fugeit, gedoppelten Lager-
und einfachen Stoßfugen, nach Audsley's
Musterbttch, dem verschiedene Motive ent-
lehnt wurden. — Als Belohnung erhielt
der Maler die vertragsmäßig festgesetzte
Summe von 3000 Mark. Zuletzt wurden
noch Orgel, Empore, Kirchenstühle rc.
frisch angestrichen und die Epitaphien unb
das Sakrameutshänschen frisch gefaßt.
Letzteres ist ein besonders altehrwürdiger
Schmuck unserer Kirche. Laut Aufschrift
ist es auuo 1550 von Reinhard von
Nenneck gestiftet und in guter Renaissance
ausgeführt, auch mit den Ordens-Insignien
des Stifters geziert. Es dient nunmehr
als Behältniß für die hl. Oele. (Das
„Archiv" wird vielleicht bald eine Ab-
bildung davon bringen.) — Der Spätherbst
1892 brachte noch zwei neue Beichtstühle
und auf Weihnachten kam das Chorgestühl.
In seiner stattlichen Länge von 3,85 m,
einer Höhe von 2,20, iu spätgothischen
Formen und in Eichenholz erstellt, gereicht
es durch seine Zierlichkeit dem Chor zu
hohent Schmucke. Die Rückwände sind in
je zwölf ungleiche Felder eingetheilt, deren
obere die in Lindenholz geschnitzten Reliefs
der zwölf Apostel in Brustbild enthalten,
je sechs auf einer Seite, während die un-
teren größeren Felder in hübscher gothischer
Schrift die zwölf Artikel des apostolischen
Glaubensbekenntnisses aufweisen, eine im
Mittelalter sehr beliebte Anordnung, lieber
jedem Apostel wölbt sich ein gedrückter,
spätgothischer Bogen, der die ziunenbe-
wehrte Oberkante durchbricht und hoch
darüber in eine Kreuzblume ausläuft;
zwischen btefen stehen niedrigere Fialen.
Die vier Seitendecken der Rückwände en-
digen oben tu Consolcu, die vier Engel
 
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