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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0029

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24

Museen den ganzen Nachmittag über, damit auch
das Volk sie bestechen kann; endlich Aufführung
eines Prachtbaues in der Neichshauptstadt „in ge-
waltigen Dimensionen, wie er königlicher niemals
erbaut worden ist", einer Kunst-Walhalla, in
welcher alle jene Männer im Standbild oder ans
unvergänglichen Freskobildern festgehalten wer-
den, die „Großes ans geistigem Gebiet für uns
geleistet". Damit könnte man „Hunderten deutschen
Künstlern auf Jahre hinaus Beschäftigung ver-
schaffen" und „der Ehrgeiz jedes hervorragend
veranlagten jungen Deutschen würde dahin gehen,
auf irgend einem geistigen Gebiet in Kunst oder
Wissenschaft so Bedeutendes für Vaterland und
Welt zu leisten, daß auch ihm einst in der Rnhmes-
halle deutscher Geistesritterschaft ein Standbild
oder eine Erinnerungstafel errichtet werde".

Wir rathen trotzdem, diesen Walhallatempel
nicht zu groß anznlegen. — Wahrlich, es würde
nichts mehr fehlen, als daß man unsere inner-
lich kranke Kunst zu dem vom Verfasser geplanten
Riesenwerk spornte, das ganz sicher ein zweiter
babylonischer Thurmban würde und Deutschland
dem Hohn und Gespött der Welt greisgäbe. Der
Verfasser hat seine Aufgabe falsch angegriffen.
Er sollte sich nicht der Kinder annehmen und
ihnen Freibillete ins Theater und Kvnzerthaus
zu verschaffen suchen; er füllte seine Fürsorge
dem „Stiefkind" zmvenden, das eben so ungezogen
und nichtsnutzig geworden, daß es sich nicht be-
klagen kann, tvenn man wenig von ihm will und
wenn man vollends nicht glauben will, daß es
der Erlöser und Heiland der Welt sein soll. Doch
ist es ihm hoch anzurechnen, daß er noch einen
Begriff von Sittlichkeit hat und sich auch ver-
wahrt gegen die, welche mit dem Spruch: dem
Reinen ist alles rein, Schlechtigkeiten der Kunst
beschönigen wollen; daß er den Künstlern, wenn
gleich sehr zart und zag, ins Gewissen redet und
sie an ihre Pflicht erinnert, selber der Kunst
wieder Achtung zu verschaffen; aber freilich der
folgende Satz: „in Wirklichkeit ist die wahre
Kunst nienials sittenlos, auch da nicht, wo sie
Sittenloses schildert" klingt ivieder bedenklich,
wenn nicht der Begriff „wahr" sehr streng gefaßt
tvird. Wir wollen unfern Lesern diese sympto-
matisch bedeutsamen Anschauungen nicht vorent-
hallen; zum Glück ist nicht zu fürchten, daß sie
samml den praktischen Rathschlägen tiefere Wur-
zeln schlagen. Unter den letzteren ist nur der
Eine vernünftig, welcher sich auf den Zeichen-
und Geschichtsunterricht bezieht. Was sonst an
den Anschauungen des Verfassers richtig ist, hat
die Kirche seit Jahrhunderten erkannt und soviel
an ihr liegt in's Werk gesetzt; die verlästerte
katholische Kirche ist die hohe Kunstschule für das
Volk und hat für dessen gesunde ästhetische Aus-
bildung mehr geleistet, als alle modernen Künst-
ler, Museen und Theater.

Aus meinem Leben. Von vr. Chr. H.
Otte, weil. Pastor zu Fröhden. Nach
dem Tode des Verfassers herausgegeben
von seinen Söhnen vr. meck. Rich. Otte
und Gustav Otte. Leipzig, Grimm
und Trömel, 1893. 174 S. Preis 5 Ai.

Die Autobiographie des bekannten und ver-
dienten evangelischen Knnstarchäologen, im hohen
Alter den Enkelkindern diktirt. Etwas plauder-
selig und weitschweifig, besonders in der Er-
zählung der Kindheit, aber voll Offenbarungen
eines durch und durch bescheidenen, christlich-
gläubigen, sanften unb wohlwollenden Herzens.
Interessant ist der Abschnitt: „Wie ich ein
Archäologe wurde". Es ist bedauerlich, daß der
edle Mann, der der mittelalterlichen Kunst viel
Liebe und Pietät entgegenbrachte, mit katholischen
Kunstforschern keine nähere Berührung suchte
oder fand. Daß er die Neubearbeitung seiner
überall bekannten Archäologie nicht einem Katho-
liken übergeben wollte (S. 124), ist wohl begreif-
lich; aber einige Fühlung mit katholischen Kreisen
hätte ihn überzeugen können, daß man seinen
Kunstbestrebnngeu hier durchaus nicht unsympa-
thisch gegenüberstand.

Entwicklungsgeschichte der Baukunst
unter vorzugsweiser Berücksichtigung der
deutschen Kunst gemeinschaftlich dargestellt
an der Hand der politischen Geschichte
der Völker. Mit 85 Illustrationen. Von
Dr. F. E. Koch, Oberlandbaumeister.
Güstrow. Opilz, 1893. 144 S. Preis

4 Mark.

Auf 144 Seiten die ganze Entwicklung der
Architektur von den alten Aegyptern bis auf
Schinkel und Klenze im Anschluß an die politische
und Kulturgeschichte zur Darstellung bringen,
das ist gewiß eine respektable Leistung. Wenn
ein solches Unterfangen nicht auf den ersten
Wurf und nicht in allweg befriedigend gelingt,
so kann das nicht Wuitder nehmen. Sehr wenig
befriedigt vor allem die Darstellung der antiken
Kunst, der nicht ganz 20 Seiten eingeräumt
werden; die ägyptische Architektur muß sich mit
nicht ganz einer Seite begnügen, und der Ver-
fasser ist hier so wenig orientirt, daß er die Ver-
treibung der Hyksos als den Beginn der histori-
schen Zeit kür Aegypten ansetzt und der ganzen
ägyptischen Architektur keinen wesentlichen Ein-
fluß auf die spätere Entwicklung der Architektur
zuerkennt. Am besten ist die spätere deutsche
Architektur behandelt. Das beigezogene historische
Moment ist oft recht äußerlich in die knnst-
historischeBetrachtung eingeschoben, mitunter auch
unrichtig und in subjektiver stark protestantischer
Modelung. Immerhin enthält das Büchlein
manches Brauchbare.

Rudolph Roth's Verlagsbuchhandlung in
Leutkirch (Jos. Bernklau) entsendet ein in Albertty-
pie ausgeführtes Porträt des hochwürdigsten Bi-
schofs Dr. Wilhelni von Reiser. Das-
selbe ist 60 : 45 cm groß, in allweg vortrefflich
gelungen und künstlerisch ansgeführt (von Jos.
Albert's Hofkunstanstalt in München). Preis
3 Mark. _

Dieser Nummer liegt ein Prospekt bei von
T. O. Weigel Nachf. (Chr. Herrn. Tanch-
n i tz) in L e i p z i g, betr. K uu stw is s en s ch aft-
l i ch e Werke.

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Bolksbtatt".
 
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