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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 11
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Nachrichten über in Württemberg gefundene alte Wandmalereien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0108

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99

Malereien der alten Sakristei der
M a r i e n k i r ch e z u R e n t l i n ge n, welche
wir einer eingehenderen Besprechung unter-
ziehen möchten.

An die Südseite des Chores und an
die Ostwand des südlichen Chorthurmeö
der Rentlinger Marienkirche, deren mutig
und opferwillig unternommene durchgreifende
Erneuerung gegenwärtig das Interesse des
ganzen Landes ans sich zieht, finden wir
angelehnt einen kleinen, rechteckigen, kapellen-
artigen Ban, mit drei Strebepfeilern be-
setzt und durch drei Fenster gelichtet. Das
ist die sogenannte alte Sakristei, im srüh-
gothischen Stil gebaut am Ende des 13. Jahr-
hunderts, gleichzeitig mit dem an die Stelle
einer älteren Basilika tretenden Langhaus,
welches im wesentlichen heute noch erhallen
ist. Der kleine Ban bildet im Innern
eine hübsche, nicht sehr hohe Halle von
guten Verhältnissen; drei gleichgroße Com-
partimente oder Traveen sind je von einem
Kreuzgewölbe überspannt, dessen Rippen
ans dreigliedrigen Sänlenbünden mit ein-
fachen Kapitellen ruhen. Der Spitzbogen-
linie entlang, welche die Gewölbekappen
in jeder Travee bei ihrem Zusammenstoß
mit den Außenmanern beschreiben, läuft
ein Wulst oder ein Rundstab, welchen
schlanke Dienste aufnehmen, die mit jenen
Sänlenbündeln bis znm Boden gehen. Die
Südseite ist in jeder Travee von einem
dreitheiligen Fenster mit schwerem Maß-
werk durchbrochen; die Ostwand ist ge-
schlossen, zeigt aber nach innen und außen
eine eingetiefte spitzbogige Fenßerblende;
durch die Westwand und durch die zweite
Travee der Nordwand führt je eine Thüre
in die Kirche.

Weit höher als die architektonische Be-
deutung dieses Anbaues ist der Werth
seiner malerischen Ausstattung, der die
folgende Darstellung gewidmet ist.

Beginnen wir mit der Ostwand. Sie
schließt oben im Spitzbogen ab; zeigt in
der Mitte die genannte Blendnische und
links von derselben einen in die Wand
eingemanerten steinernen Tabernakel mit
krabbenbesetztem und von zwei Fialen flankir-
tem Spitzgiebel; im Giebelfeld ein etwas
rohes Relief: Brustbild Christi mit segnen-
der Rechten und mit der Hostie in der
Linken. In die Fensterblende ist einge-
malt ein Crncifix mit sehr hohem, dünnem

Kreuzesstamm; links und rechts davon
St Barbara und Katharina vor einem
Teppichhintergrnnd; dies Gemälde ist aber
viel später als die übrigen; wahrscheinlich
wurde erst am Ende des 15. oder Anfang
des 16. Jahrhunderts dies Fenster ver-
mauert und die Nische mit diesen Gemälden
versehen. Die Wandfläche rechts von der
Nische ist drei Franengestalten eingeränmt,
welche ein ihnen zu Hänpten laufendes
Band St. Magdalena, Katharina, Bar-
bara benennt. Die mittlere trägt Palme
und Rädchen und sieht nach vorn, die
beiden andern sind graziös ihr zngewandt;
schlanke Gestalten mit einem frischen,
frohen Zug im Gesicht, von gewandter
Zeichnung und nobler Haltung; die Ge-
wänder schlicht und straff gelegt. Nach
unten schließt die Gruppe eine einfache
Bordüre mit lausendem Ornament ab. Der
oben abschließenden Bogenlinie folgt eine
zweizeilige Inschrift, deren Mittheilnng
und Besprechung wir aber besser an den
Schluß verschieben.

An der Südwand lassen die Fenster
nur ganz schmale Felder übrig. Dieselben
sind besetzt mit einzelnen Heiligenfiguren
unter ganz einfachen gemalten Baldachinen,
über welchen je die Namen angeschrieben
sind. Wir sehen hier St. Martin im.
vollen bischöflichen Ornat, mit weit herab-
wallender Albe, Dalmatik, Casnla, Manipel
und Stola; die beiden letzteren haben wie
das Gabelkrenz der Casnla Viereckenden;
auf dem grauen Haupte eine niedrige Mitra,
in der Hand ein Buch. Sodann St. Niko-
latts, unbärtig, jugendlich, lockig, mit seg-
nender Geste; ferner St. Conrad mit
reichen: Haarschmnck und grauem Bart,
mit glockenförmiger, an den oberen Säumen
verzierter Planeta und mit großem Buch;
St. Augustin in blühendem Alter, segnend;
St. Cosmas in gelbem Kleid mit ge-
zacktem Kragen, die rechte Hand mahnend
erhoben; neben ihm St. Damian, in hasten-
der Bewegung nach links ansschreitend;
sein Kahlkopf hat zu kleine Dimensionen.
Beide letztgenannten Gestalten sind mit
einem Spruchband ansgestattet; ans dem
ersten steht: gratis accepite, gratis date ;
ungenaue Wiedergabe von Matth. 10, 8:
„Umsonst habt ihr empfangen, umsonst
gebet"; ans dem zweiten: sanat egros a
languoribus, er heilt die Kranken von
 
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