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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 3
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Damrich, Johannes: Antonius der Einsiedler, [5]: eine legendarisch-ikonographische Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0041

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seinem wallenden Mantel hervor . eine
Menge rother Flammen züngeln.

Als Patron gegen Pest und Krankheit
wurde St. Anton gern ans Flügelaltären rc.
dem hl. Sebastian und dem hl. Rochus
gcgenübergcstellt; wegen der großen Macht,
die seine Fürbitte bei Gott hat, wurde er
auch mit St. Hubertus, Cornelius und
Quirinus in Verbindung gebracht: „Die
vier heiligen Marschalke Gottes". ')

Daß St. Antonius nicht blos das heilige
Feuer heilt, sondern auch mit demselben
straft, das bringt künstlerisch sehr kraft-
voll zum Ausdruck das Antoniusbild von
Moretto. 2) Hier thront der Heilige mit
Kreuzstab und Glöckchen majestätisch, fast
finster auf einem erhabenen Sitze. In
der drohend erhobenen rechten Faust trägt
er loderndes Feuer, bereit, es auf seine
Verächter zu schleudern, eine Charakteristik,
die freilich eher für einen heidnischen
Zeus, als für einen christlichen Heiligen
passen dürfte.

Dre Charakter St. Antons als Be-
schützer der Thiere, besonders der Schweine,
zeigen die oben angeführten Blätter: „Der
Heilige segnet ein Schwein" 3) und der in
T. O. Weigel reproduzirte Metallschnitt:
„Antonius als Patron gegen das heilige
Feuer bei Menschen und Schweinen".

Dasselbe Thema behandelt ein überaus
interessanter Holzschnitt aus dem 15. Jahr-
hundert, der sich im Kupferstichkabinet
München befindet 4). Da sehen wir unseren
Heiligen, den glöckchenbehangenen D-Stab
in der einen, ein Buch in der anderen
Hand, auf der rechten Schulter das T-
Zeichen, auf einem Thron sitzen, lieber
ihm (es ist wohl ein Antoni-Gnaden b i l d
dargestellt) hängen an einem Querbalken
Hände und Füße. Eine Taube — offen-
bar das Symbol des heiligen Geistes,
dessen Eingebung der hl. Abt seine Weis-
heit verdankt — schwebt über seiner Schul-
ter. Ein kleines Schwein, mit der Glocke
am Halse, steht zu Füßen des Heiligen,
und blutigrothe Flannnen brechen vor

') Siehe Evelt a. n. O.

2) Abgebildet bei P. A. Kuhn, „Mg. Kunst-
gesch." Malerei pag. 048.

s) München, Kupserftichsammlung Sch. 1771.

4) Sch. 1215.

seinem Throne aus dem Boden hervor.
Eine ganz vorn knieende Frau hält ihre
brennende Hand, ein liegender Mann seinen
brennenden Fuß dem Heiligen bittend hin,
weitere Beter scheinen für Abwesende zu
bitten, einer hält flehend ein wächsernes
Votivbild hin. Rechts steht ein Ritter
mit Panzer und Schwert, auf seiner Hand
ein schwarzer Hahn. Es ist höchst wahr-
scheinlich, daß dieser Hahn der Basilisk
ist, resp. daß der adelige Herr ,im Be-
freiung von der Syphilis bittet. ■)

Wenn wir noch von den Andachtsbil-
dern des Heiligen reden sollen, so können
wir uns hiebei kurz fassen, da dieselben
sich alle sehr ähnlich sehen. Sehr oft ist
der Heilige als Abt in patriarchalischer
Würde thronend gebildet (so auf dem
Hauptbild, der sitzenden Statue des Jsen-
heimer Altars), oft auch stehend; seine
Attribute sind das I'-Krenz, das Schwein
und die Glocke. Auf einem schwäbischen
Bild des 15. Jahrhunderts in der Münchener
A. Pinakothek trägt Antonius überdies am
Gürtel einen Geldsäckel, der allerdings bei
dem terminirenden Antoniermönch oft eine
schier zu wichtige Rolle gespielt zu haben
scheint.

St. Antonius, einst einer der popu-
lärsten Volksheiligen, ist in unserer Zeit
ziemlich in den Hintergrund getreten. In
manchen Gegenden ruft der Bauer heute
noch seine Fürbitte an, um Gottes Segen
für seine Heerden zu erlangen, in „gebil-
deten" Kreisen kennt man von ihm meist
nur sein Attribut, das Schwein, über das
sich zu leicht ein billiger, spöttelnder „Witz"
machen läßt —, für den Geschichtskundigen
ist und bleibt der historische Antonius eine
der imposantesten, ehrwürdigsten Persön-
lichkeiten der Kirchengeschichte, sein Orden
im Abendlande trotz aller menschlicher
Schlacken, die sich auch hier anhängten,
ein würdiges Glied in der segensreichen
großen Kette mittelalterlicher Charitas,
und seine Legende und Ikonographie bietet
ein konkretes, überaus lehrreiches Beispiel
mittelalterlicher Anschauungsweise auf den
verschiedensten Gebieten.

') Auf dem einen Teppich des Regensburger
Nathhauses, der die sieben Hauptsünden zeigt,
trägt die „Unkewschait" als Helmzier einen hahnen-
artigen Vogel: den Basilisk.
 
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