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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 10
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Rohr, Ignaz: Die christliche Kunst auf den Ausstellungen im Glaspalast und dem königlichen Ausstellungsgebäude zu München, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0119

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10(5

zogen fühlen durch die KollektivaussMung
von Werken Ottos von Fader dn Fnur
(P1901). Man hat in derselben ein sprechcn-
deS Bild vom Lebenswerk und einen tiefen
Einblick in den Werdegang dieses hoch-
bedeutsamen Koloristen und bekommt Re-
spekt vor einer so überaus fruchtbaren
Thatigkeit. Ist das Gebiet derselben auch
ein nicht besonders umfassendes, so sind
Wiederholungen doch selten. Daß auch
die Lebenden nicht unthätig waren, be-
kunden die 2755 und 261 Nummern.
Was die Sujets betrifft, so überwiegen
wie in früheren Jahren Landschaft, Por-
trait und Genre.

Welch' große Nolle auch in der Kunst
die Individualität spielt, zeigt schon ein
Blick auf die ansgestellten Landschaften.
Man hört so oft die Rückkehr zur Natur
als die Panacee und die Natur selber als
den Nährboden und das Abschreiben der
Natur als die Aufgabe der Kunst an-
preisen. Wir sind weit entfernt, Einsprache
dagegen zu erheben; aber warum sieht
dann der Eine dieselbe stets grün, der
Andere braun, der Dritte roth und der
Vierte blau? Von Burne-Jonas existirt
ein Bild Green Summer, und Sommer
wie Herbst autb Frühling haben ja wirklich
ihr Grün, aber doch nicht immer wieder
dasselbe oder ein ganz ähnliches ivie bei
Palmie (Nr. 961 ff.). Warum begegnet
man sodann bei den Moderneil so oft beut
Häßlichen? Warum so mancher unnatür-
lichen Stellung oder Grnppirnng? Der
verstorbene König von Sachsen soll einen
Künstler gefragt habeil, ob er denn die
Natur wirklich so sehe, ivie er sie male.
Es wird zwar von verschiedenen Seiten
versichert, es sei nur eine Anekdote, aber
Vielen iväre jene Frage ganz gewiß aus
dem Herzen gesprochen gewesen. — Doch
genug der „uiizeitgeinäßen" Reflexionen,
und null zu den Werken selber.

Durch Ueberraschungen in früheren
Jahren belehrt, forschen wir zuerst nach
unsern Kollegen und sind erfreut, gleich
beim Eintritt eine Büste und bald nach-
her die volle Figur des neuen Weihbischofs
von Straßburg, Dr. Franz Zorn von
Bulach — eine elastische, vornehme Er-
scheinung — von Jos. Limburg in Rom
(Nr. 2187 llnd 2190) zu sehen. Don
Ugo voiil selbeil Künstler (Nr. 2189) will

uns weniger iniponiren. Zwar entspricht
seine Soutane vollständig der kirchlichen
Kleiderordnung, und seine Miene steht im
Einklang mit Luther's „mach 's Maul
auf". Allein wenn ein Portrait den Mo-
ment festhalten soll, der die betreffende
Persönlichkeit ain besten kennzeichnet, so
ist Don Ugo etwas auffällig portraitirt,
denn er hat den Mund offen lind zudenl
lioch krumm verzogen. Torggler's Bildniß
des Prälaten Dr. Zimmern ist eine tüch-
tige Arbeit; nur die Haltung ist etwas
gesucht. Der Pater in R. Linderunl's
„alter Handschrift" (Nr. 789) hat zwar
eine etwas breite Nase, allein das Be-
hagen, mit dem er das alte Pergament
betrachtet, verleiht ihm doch einen idealen
Zug. Etwas realistischer sind die Mönche
in Nr. 788 vom selben Meister. Denn
trotz des Schreckens, den ihnen „die Bot-
schaft" der Neitersmänner eingejagt hat,
ist eine verdächtige Röthe ans der Nase
nicht ganz verblaßt. Einen gemüthlichen
Eindruck machen die Klosterbrüder in
Nr. 153 (Thure v. Cederström). Sie
haben einen Weltgeistlichen in ihrer Mitte
und stellen offenbar sein theologisches
Wissen mit einer „kitzlichen Frage" ans
die Probe. Vielleicht ist es die, wie viele
Engel ans einem Fingernagel Platz haben.
Daß sie interessant ist, bezeugt der Ge-
sichtsausdruck der weisen Herrn, und daß
die Leiblichkeit auch zu ihrem Recht kommt,
deutet das Kaffeeservice und die Flasche
daneben an. Der Pfarrer bei O. H. Engel's
„Kinderbegräbniß in der Oberpfalz"
(Nr. 268) beweist, daß auch die Ober-
pfalz nahrhafte Pfründen hat, aber das
Bild als Ganzes geht recht wohl an und
behält seinen Werth auch dann noch,
wenn man sich's neben ähnlichen Werken
von Meister Ludwig Knaus denkt. A. von
Courten's „im Gebet" (Nr. 177) wie
Viktor Sieger's „Morgengebet" (Nr. 1218)
zeigen uns in anmnthiger Darstellung die
Weihestuuden im Leben der Töchter der
Berge. Namentlich Nr. 177 zeichnet sich
aus durch seine intime Lichtwirkung.
W. Geffcken's Eremit (Nr. 374) ist etwas
summarisch behandelt. Gr. Hnrst's Mönch
(Nr.569) hat mehr zu bedeuten. Schmerzens-
scenen von Leichenbegängnissen haben Wal-
ther Firle („allein" Nr. 316), Arthur
Kampf („Abschied" Nr. 592) und G.Men-
 
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