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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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3. Heft
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Rueß, Bernhard: Zur frühesten Baugeschichte des Klosters Schussenried, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0079

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Kloster umgewandelten einstmaligen Schlosses der Barone von Schustenriedt
Zwar ist die erwähnte Ansicht erst um das Jahr 1760 entstanden, allein sie
ist offenbar nach alten Vorlagen angefertigt worden. Daß eine vollständig
naturwahre Zeichnung der ehemaligen Schustenrieder Baronenburg trotz der
Greuel und Gefahren des Bauern- und des Schwedenkrieges vom 12. bis in
das 18. Jahrhundert hinein gerettet worden fei, darf nicht in das Reich des
Unmöglichen verwiesen werden. Allerdings weist die südliche Front der auf
unserem Gemälde dargestellten Adelsburg eine verdächtige Ähnlichkeit mit der
gotisierenden Vorderansicht der sog. alten Abtei auf, wie diese auf einer aus
dem Anfang des 17. Jahrhunderts stammenden, im Schustenrieder Rathaus-
saal aufgehängten Ölmalerei zu sehen ist. Allein wir dürfen nicht allzu kritisch
sein und sollen uns vielmehr herzlich freuen, daß wir noch eine Abbildung des
aus der früheren Baronenburg gestalteten, ursprünglichen Schustenrieder
Klosters besitzen.

Wenn wir uns aber auch gegen feine bildliche Darstellung etwas
skeptisch verhalten, so haben wir doch durchaus glaubwürdige schriftliche
Nachrichten über diese Gebäulichkeit. Unanfechtbare Geschichtsquellen be-
zeugen nämlich, daß sie ein Fachwerkbau gewesen ist. Dieser alte Baronensitz
war übrigens kaum einige Jahre lang zum Mönchskloster geworden, als er
von harten Schicksalsschlägen getroffen wurde. Denn der zweite Propst hatte
erst ein paar Jahre lang regiert, als unser Gebäude durch die Leute des Frei-
herrn Konrad von Wartenberg, eines Neffen der Klostergründer, beschädigt,
ja sogar wenigstens teilweise eingeäschert wurde. Nach Beendigung der Fehde
mit den Wartenbergern wurde es übrigens wieder auögebestert. Dieses aller-
erste Klostergebäude am Schustenursprung erhält in der HauSchronik eine
ziemlich geringe Note. Es wird nämlich Seite 13 berichtet: „Daö Kloster-
gebäu war aber nur von Holz gar schlecht zusammengetragen, auch von diesem
war ein guter Teil von den Wartenbergern abgebrannt worden. Daher fanden
sich auch keine oder nur ganz wenige Kandidaten ein, welche hier den heiligen
Orden verlangt hätten." Seite 7 charakterisiert der Chronist das anfängliche
Schustenrieder Klostergebäude ebenfalls als etwas recht Unbedeutendes, indem
er es nur so uebenbei als ein „hölzernes Klösterlein" bezeichnet. Wenn wir
diese Charakteristik ins Auge fasten, dann vermag uns das vormalige, durch
die wartenbergifchen Befehdungen großenteils ruinierte, nach dem später ge-
troffenen friedlichen Übereinkommen nur mangelhaft wieder zusammengeflickte
Holzkloster nicht sehr zu imponieren. Allein der Verfaster der HauSchronik
nennt bei dem Bericht über die Erstellung eines späteren, dem 13. Jahrhun-
dert angehörigen massiven Klostergebäudes S. 16 das uranfängliche Kloster
mit einer, jedoch bloß scheinbaren, Inkonsequenz „sehr fest". Er schreibt: „Die
größte Beschwernis im Bauen (des neuen Klosters) tat sich hervor, wo das
Refektorium der Herren Kanoniker aufgeführt werden sollte, weil dort das
sehr feste Schloß der Herren Stifter gestanden war, dessen Mauern man
schier nichts abgewinnen konnte. Daö einzige, was man hiebei zum Vorteil
hatte, war, daß die Steine vom abgebrochenen Schloß fast zu den übrigen
Gebäuden reichten." Wenn wir nun alle angezogenen Urteile über die erste

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