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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Heft 2
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Naegele, Anton: Hundert Jahre Kunst und Wissenschaft im Rottenburger Diözesanklerus
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0059

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nennung von Kunstschriftstellern und
Künstlern aus dem Klerus oder vollends
katholischen Laienstand!

Als Maler über das Dilettantenmaß
hinaus betätigten sich Or. Werfer, Wie-
ladt, König I., als Architekten und Zeich-
ner Harsch I. und Pfeffer A., in Minia-
turmalerei und Kunstschrift Aich H. Aus-
übende Künstler waren und sind ferner
Hoyer I. A., Büöler F., Vogt A>, Reeb
K., Spohn. Bedeutende K u n st - und
A l t e r t ü m e r s a m m l u n g e n legten
an Dr. Iaumann I. v., I)r. Hirscher I. v.,
I)r. Dursch F. M., vr. Lipp I. v., Bischof,
vr. Hepp L., Di'. Werfer A>, Schöninger
A., Eisenbarth I. v., Hofele E., Wiest A.,
Bihlmeyer A., Neuber B., Effinger u. a.,
von derGegenwartganz zu schweigen. Die
verschiedenen im Lauf des Jahrhunderts
sich ablösenden Kunstrichtungen und ihr
Niederschlag in der Diözesankunst, die
wechselnden Kunstströmungen und Be-
strebungen zur Erhaltung der alten
Kunstdenkmäler, Denkmalsschutz und
Diözesanmuseum, Ausstellungen und
Tagungen, Verdienste und auch Irrun-
gen bei den Vertretern einzelner Rich-
tungen bis zu der heutigen Krisis und
schwierigen Lage der christlichen Kunst,
dies und noch manches andere sollte doch
in einem Kapitel: „100 Jahre Kunst in
der Diözese" wenigstens andeutungs-
weise Platz finden. Statt dessen lesen
wir den einzigen Satz: „Dieses Thema
behandelte in einer Festschrift zum Jubi-
läum der Diözese Pfr. Pfeffer von Laut-
lingen", ohne einheimischen und vollends
auswärtigen Lesern mitzuteilen, wo die-
ser kurze Zeitungsartikel zu suchen und
zu finden istff; und dann folgt mit osten-
tativem Moralpredigerton ein Satz über
„in obigein Festbericht nicht gestandene"
ungeheure Arbeit, welche an Kirchen-
bauten im letzten Jahrhundert geleistet
hat „eben il Xlerc, (sie!) busso, zu deutsch
der niedere Klerus" (S. 121). Der sich

4) Gemeint ist Deutsches Volksblatt Fest-
ausgabe, 23. 6. 1928. Diese kaum eine Ganz-
seite füllenden Spalten, die von literarischer
Kunstpflege schweigen, ergänzt wesentlich der
schon vorher erschienene Artikel von Prof.
Di-. I. Rohr: Ein Jahrhundert Diözesan-
baugeschichte im A. f. ch. K. 1928 S. 1—6.

zu diesem Teil des Klerus selbst rechnet
und wohl auch alle in der Kunstpflege
mehr oder weniger ausgezeichneten Geist-
lichen bis auf den einzigen Großen dazu
wird zählen müssen, will doch nicht recht
an dieser Stelle die Hervorhebung dieser
nach Namen und Sache mehr romani-
schen, sozialen Kluft im deutschen, vol-
lends schwäbischen kath. Klerus einsehen,
wenn anders nicht das unleugbare Ver-
dienst der „Kärrner", der von N. her-
vorgehobenen materiellen und finanziel-
len Kirchenbauarbeiten der Pfarrer durch
ebenso berechtigte Betonung der bekla-
genswerten Folgen mangelnden Kunst-
sinns und beschämender kunsthistorischer
Ignoranz, die Verschleuderung heute un-
schätzbarer wertvoller alter Kunstschätze
„oben und unten", einst und jetzt stark
entwertet werden sollte. Dankenswert ist
die wenigstens im Kapitel „Diaspora"
S. 54 eingefügte Liste der neuen Kir-
che n b a u t e n in der württembergischen
Diaspora, die aber die Neubauten, Er-
weiterungs- und Restaurationstätigkeit
in dem Hauptgebiet der Diözese außer
acht läßt — eine Riesenarbeit in dem
abgelnufenen, restaurationslustigen, ja
restaurationswütigen Jahrhundert!

Verweist man aber den neugierigen
Erforscher der literarischen Kunsttätigkeit
unseres Klerus auf das vorangehende
Kapitel: „Wiffenschaftliche Tä-
tigkeit" S. 09—102, und, getrennt
durch die Liste der päpstlichen Auszeich-
nungen der gegenwärtigen Geistlichkeit
S. 102 f. „Der Gelehrtenadel der Diö-
zese: Verzeichnis der Graduierten und
Schriftsteller" S. 103—8, so stößt das
Auge jedes halbwegs Eingeweihten trotz
des lobenswert größeren Kapitelumfangs
auf eine nicht geringere Achillesferse des
Verfassers. Während sich die mehr-
wöchentliche Kritik im D. V. an dem
förmlichen Nichts des Neherfchen Kunst-
abschnittchens kaum zu stoßen scheint,
muß der Referent des Diözesankünst-
archivs mit seiner leicht da und dort zu
überbietenden Kentnis den Abgrund der
dort festgestellten Lückenhaftigkeit wesent-
lich erweitern und statt wohlverdienter
Vorwürfe sein Material hier anbringen
— zur Ehrenrettung unseres Klerus

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