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Apfelstedt, Heinrich Friedrich Theodor [Hrsg.]; Fürstlich-Schwarzburgischer Alterthumsverein [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen (Band 1): Die Unterherrschaft — Sondershausen, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.19416#0060
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Grenssen.

Die Kirche St. Martini, sedes Greussen, ist von 1687 bis 1691 neu erbaut
worden, nachdem die alte von 1424 bis 1483 erbaute Kirche 1687 mit dem grössten
Theile der Stadt ein Kaub der Flammen geworden war.

Im Innern derselben befinden sich mehrere zwar einfache, aber sehr geschmack-
volle Holzschnitzereien, besonders an dem Altar, der Kanzel und den unteren
Emporen.

Der Altar (s. Beilage VIII) hat einen sehr hübschen Ueberbau, der von zwei
kunstfertig gearbeiteten korinthischen Säulen getragen wird, und in der Nische desselben
befindet sich ein Oelgemälde, die Auferstehung Jesu, ein Werk des trefflichen
Malers Beck zu Erfurt.

An dem Rathskirchenstande auf der unteren nördlichen Empore sind zwei gräf-
lich-schwarzburgische Wappen, von feinen Holzschnitzereien umrahmt.

In der Mitte des Kreuzganges steht ein alter Opferstock von Eichenholz mit
eingeschnittenen Arabesken aus dem Jahre 1691, und am westlichen Ende desselben
ist an einem Pfeiler das Crucifix aufgestellt, welches bei den sog. grossen Leichen
vorangetragen wurde. — Nach einer daran befindlichen Inschrift wurde es am 6. Sep-
tember 1598 der Kirche von dem Verwalter Johann Schmidt zu Schlotheim verehrt.

Die Kirche besitzt ferner einen Gegenstand, wie ihn wohl kaum eine zweite
aufzuweisen haben dürfte, nämlich einen Bratenwender, lieber denselben findet sich
im dortigen Kircheninventar-Verzeichnisse folgende Notiz: „Im Jahre 1602 den
18. August gab Herr Bürgermeister Heinrich König einen Bratenwender mit sechs
Spiessen, dass ihn ein Knabe wenden könnte, 24 Thaler an Werth, in die Kirche.
Weil er sowohl hier, als auch an anderen Orten ofte gebraucht wurde, und man vor
den halben 6 Gr., von dem ganzen Werk aber 12 bis 16 Gr. zu geben pflegte, hat er
der Kirche viele eingebracht, bis er endlich im Jahr 1687 den 2. Juli in dem grossen
Brande Schaden gelitten, dass er itzo zwar noch in der Kirche ist, aber unbrauchbar". —
Gegenwärtig wird er in der alten Sacristei im Erdgeschosse des Thurmes aufbewahrt.

Die Decke der Kirche, der sog. Kirchenhimmel, ist mit Gemälden aus-
gestattet, deren Gegenstände der biblischen Geschichte entnommen sind; sie haben aber
keinen besondern Kunstwerth.

Unter den heiligen Gefässen der Kirche"zeichnet sich der aus der vorrefor-
matorischen Zeit stammende silberne und vergoldete Abendmahlskelch aus. Der-
selbe ist 0,19 m hoch, hat 0,9 m oberen Durchmesser und einen doppelten sechstheilig
ausgeschweiften Fuss, in dessen sechs bis zum Knauf sich erstreckende Felder Arabesken
eingravirt sind. Auf einem der Felder befinden sich am untern Ende zwei Medaillons;
das eine enthält auf goldenem Grunde einen schwarzen Fürstenhut und zwei
Halbmonde, das andere auf goldenem Grunde einen schwarzen Halbmond. Um
den runden Knauf herum laufen zwei Reihen von je sechs muschelförmigen Schildern
mit Arabesken, und zwischen diesen beiden Reihen sind silberne Verzierungen, deren
goldene Mitte fein ciselirt ist. — Auf dem sechseckigen Schafte des Kelches steht über
dem Knauf: HIXFVN., und unter demselben: MARIAH.

Ein werthvolles Kunstwerk besitzt die Kirche in einem Kanzelpult-Tuche
von anscheinend sehr hohem Alter. Dasselbe besteht aus 1,28 m langem und 0,60 m
breitem blassrothem Seidenzeuge, in welches ein 0,75 m hohes und 0,27 m breites
Crucifix— die Figur des Gekreuzigten 0,30 m lang — mit Gold-und Silberfäden und
Seide von geschickter Hand mit sorgsamster Ausführung der erforderlichen Schattirung
 
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