Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 7.1883

DOI Artikel:
Dütschke, Hans: Kleobis und Biton: Sarkophagrelief der Marciana zu Venedig
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9397#0167
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
157

gewiss auf Herodot zurückgeht, wird nun die Erzählung durch das
ganze Alterthum festgehalten. So finden wir sie. theils nur flüchtig
angedeutet, theils weiter ausgeführt in dem sog. Platonischen Axio-
chos, bei Polybius (XXIII, 18,6), Cicero (Tuscul. I, 47, 113),
Valerius Maximus (V, 4 Externa), Servius zu Vergils Georgica
(III, 532), Pal aiphatos in Westermann's Mythogr. graec. (LI,
p. 309, 2öb), Plutarch (Consolatio ad Apoll. 14 und Solon 27),
Sextus Empiricus (Pyrrh. Hypotyp. III, 24,231), D i o g e n e s
Laertius (I, 2), den Mythographi Vaticani (a. O.), bei
Lukian (Charon 10), in einem Epigramm der Anthologia Pala-
tina (Append. 264), bei Clemens Alex. (Stromat. III, p. 316),
bei Tertullian (Contra nationes II, 9), bei Chorikios von Gaza
(In Epitaph. Procopii p. 20, ed. Boissonade) und bei Joannes
Stobaios (a. 0.). Allein diese Ueberlieferung war doch wiederum
nicht so starr, dass nicht die Dichtung den ethischen Kern der
Erzählung noch weiter zu entwickeln gesucht hätte. Darauf wenig-
stens deutet die Fassung bei Hygin hin2,1), der, abgesehen von
der bereits erwähnten Wendung, dass die Priesterin der Tod erwar-
tete, wenn sie nicht bei Zeiten mit den heiligen Geräthen erschien,
nicht nur hinzufügt, dass Kydippe von den Söhnen wieder nach
Hause zurückgefahren worden sei, und letztere erst dort vor Ermat-
tung eingeschlafen wären, um nimmer wieder aufzustehen, sondern
auch weiss, dass die Mutter, indem sie sich aus dieser Begebenheit
die Lehre zog, dass für den Menschen nichts besser sei, als der
Tod, freiwillig ihrem Leben ein Ende machte24). Auf wen diese
Wendung zurückgeht, wird sich schwer errathen lassen. Jedesfalls
aber warnt sie uns davor, etwa die Iierodoteische Erzählung allein
zum Massstab einer bildlichen Darstellung machen zu wollen:
könnten doch neben der von Hygin erwähnten, recht gut auch noch
andere, vielleicht überhaupt nie literarisch fixirte Wendungen der
Sage bestanden haben; denn der ethische Grundgedanke der Erzäh-
lung liess sich mannigfach erweitern und entwickeln. Um so ent-
schiedener muss dagegen die Vermuthung zurückgewiesen werden,
als ob die Verse, welche Vergil in seine Schilderung der Norischen
Pest im dritten Buche der Georgica eingeflochten hat, irgend eine

") Fabulae L>54.

2<) „Precationc peracta, plauslrum et malrem filii domum rednxerunt, et fessi
somno acqvieverunt. At Cydippe diligenler agnovit, nihil esse melius mortalihtis
Quam mori; et ob hoc obiit voluntaria morte."
 
Annotationen