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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 18.1895

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Bormann, Eugen: Funde von Carnuntum, [1]: das dritte Mithraeum
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https://doi.org/10.11588/diglit.12277#0198
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Die Deutung dieser acht Figuren ergibt sich aus ihren Attributen.
Es sind die vier Jahreszeiten, in Gesellschaft der vier Hauptwinde.
Neu ist an ihnen, dass sie hier in ganzer Gestalt auftreten, während
sie bisher auf Mithras-Denkmälern nur in Form von Büsten bekannt
waren.1) Aber wenigstens in dieser Art erscheinen sie bemerkenswerter
"Weise auch auf dem grossen Eelief von Heddernheim vereinigt
(Cumont, textes et mon. 251 d, 11° fg.}. Kunsthistorisch die interessanteren
sind entschieden die Windgötter. Es scheint nicht, dass uns ausser diesen
Statuen der Winde aus römischer Zeit erhalten wären. Aber sie tragen
durchaus nicht den Stempel einer neuen Schöpfung für den vorliegenden
Zweck dieses Werkes, sondern haben einiges an sich was darauf weist,
dass ihre Typen als solche auf ganz anderm Kunstgebiet gereift sind,
als dem dieser Altar seine Entstehung verdankt. Zwei dieser Dämonen
sind deutlich als knabenhafte Jünglinge, zwei als kräftige Männer
charakterisiert; jene entsenden ihren Hauch kniend, diese stehend,
jene nach aufwärts, diese nach abwärts. Dass diese Unterschiede wohl
bedachte sein müssen, leuchtet ohneweiters ein und wird bei näherer
Betrachtung noch klarer.

Der neben dem rosengekränzten Frühling links kniende Windgott
hat etwas Sanftes in seiner Haltung, die keinerlei Anstrengung aus-
drückt. Heftig und fröhlich zufahrend erscheint der Knabe rechts,
neben dem ährengeschmückten Sommer, in seiner energisch weit ge-

x) Winde: vgl. Cumont. „textes et mon.". Nr. 245 c; 246 d; 251 d; 253 j;
257 1°; 267a; 309; 316a (Note).

Jahreszeiten: Cumont 1. c. Nr. 251 d, 11° fg.; 4. Ausserhalb des Mithraskreises
ist die Darstellung des Winters als Greis, ganz eingehüllt in einen Mantel, der auch
über den Kopf gezogen ist, und mit Beschuhung, bereits in der Villa Hadriana nach-
gewiesen, in einem Falle, wo die übrigen drei Jahreszeiten daneben noch als
weibliche Personificationen erscheinen. (Vergl. Petersen, Annali dell' istituto
XXXIII 1861 S. 214.) Später wird diese Darstellung des Winters überhaupt zur
Eegel (Petersen 1. c. S. 208). Dagegen zeigt er sich — allerdings nicht als Rund-
figur, sondern nur als starkes Hochrelief gearbeitet — unter den Sculpturen, die das
Museum von Pola bewahrt, als dichtverhüllte weibliche Figur, die auf dem linken
Arme einen Hasen trägt. Zu ihr gehören die correspondierenden ebenfalls weiblichen
Gestalten des Frühlings und Sommers; die des Herbstes scheint verloren zu sein
(vergl. Reichel „Sculpturen im Augustustempel zu Pola" archäolog. epigr. Mittheil.
XV S. 162 ff.). Als altes diehtverhülltes Weib, aber nur in Halbfigur dargestellt,
erscheint der Winter auf einem Mosaikfussboden, gefunden zu Brignor in England,
beschrieben bei Charles Boutell „Symbols of the seasons and months represented
in early art", im Art Journal 1877 S. 114, und bei James Fowler „on mediaeval
representations of the Months and Seasons" in der Archaeologia 44 S. 195 fg.; wo
sich auch eine Anzahl anderweitiger Denkmäler mit Darstellungen der Jahreszeiten
finden.
 
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