Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 19.1896

DOI Artikel:
Gurlitt, Wilhelm: Pettauer Antiken
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12266#0029
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1!»

Für die Hauptgestalt der Haidiner Reliefs ergiebt sicli also eine
Fülle von Anknüpfungen in antiker Kunstübung, die uns nicht nur die
formale Entwicklung des Typus lehren, sondern auch für die Bedeutung'
desselben von ausschlaggebender Wichtigkeit sind. Bisher hat es sich
aber immer nur um eine Einzelfigur gehandelt, während sie in Poetovio
stets als Glied eines Göttervereines auftritt und zwar in den sicheren
Darstellungen, wie wir sahen, eines Dreivereines. Dieser Umstand
legt es nahe, nicht nur auf dem alten Boden classischer Kunst, sondern
auch in der provincialen Umgebung unserer Monumente Umschau zu
halten. Denn da begegnen uns in Ober-Italien, Gallien, Britannien, den
Rhein- und Donauprovinzen auf Schritt und Tritt Denkmäler, die, mögen
S1e nun den Nymphen (Silvanae), Matres (Matrae, Matronae), Junones,
Suleviae, Alounae, Campestres, Fatae (Parcae), Proxumae, Biviae, Triviae,
Quadriviae oder wie sie sonst heissen, gewidmet sein, das gemeinsam
haben, dass sie sich an eine Dreieinheit weiblicher göttlicher Wesen
wenden. Es wird zu erwägen sein, ob wir dieser bereits langen Reihe
einen Dreiverein von Nutrices anzuschliessen haben. M. Ihm hat das
Verdienst, Ordnung in dieses Chaos gebracht zu haben, wenn er auch
vielleicht die Grenzlinien zwischen diesen für uns zusammenfliessenden
Concentionen manchmal zu scharf gezogen hat.28) Die meisten Analogien
zu unseren Reliefs bieten die Matres- und Matronensteine, wie ja auch
<ler Name der Matres dem der Nutrices am nächsten steht. Auf ihnen
linden wir die charakteristischen Frncbtkörbe, die nur auf gründlicher
romanisiertein Boden durch Füllhörner ersetzt sind, auf ihnen die leise
Differenzierung der drei Gestalten, indem entweder die in der Mitte
sitzende etwas kleiner gebildet ist, als die beiden anderen'-"1) oder die
mittelste grösser30); oder die mittelste sitzt und die beiden anderen stehen31),
oder wiederum die mittelste steht und die beiden anderen sitzen52). Auf
ihnen finden wir endlich, wenigstens einmal (Taf. II 2) deutlich, die
eine der Nebengestalten durch das Schilf in ihrer Rechten als nymphen-
artiges Wesen bezeichnet, so dass bei der gleichen Anordnung der drei
Figuren die grösste Ähnlichkeit mit unserem Relief 31 entsteht. Dazu
kommt, dass wir wegen des Steines von Vechten bei Utrecht (Ihm n.
383), den ein Soldat der legio I Minervia den Matres Noricac, und der
Inschrift von Lyon (Ihm n. 394), die ein höherer Offieicr derselben

2S) Bonner Jahrbücher LXXXIII (1887) S. 1-200.
20) Ihm Taf. I. S. 38 Fig 1.
m) Ebenda Taf. II 1.

31) Ebenda Taf. II 2.

32) Ebenda Taf. II 1 : die mittelste trägt ihren Korb auf dem Kopfe. Sonst
werden die Kürbe stets auf dem Sehoosse oder vor der Mitte des Leibes gehalten.

2*
 
Annotationen