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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 5
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Kletzl, Otto: Das Frühwerk Ulrichs von Ensingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0197

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w ir können nicht daran zweifeln, daß alle diese
Ensingen aus dem, wenige Stunden von Eßlingen
entfernten Ober- und Unterensingen bei Nür-
tingen in die Stadt gekommen sind. (1344 ist in
Eßlingen auch eine Agnes von Oberensingen
nachweisbar.) wir dürfen das um so eher an-
nehmen, weil gerade die leicht abzubauenden,
reichen Bestände eines Keupersandsteins von
vorzüglicher Beschaffenheit aus dieser Gegend
im Schwaben der Spätgotik so häufig verwendet
worden ist, daß sich gerade hier ein besonderer
Stamm von „Maurern" lind Steinmetzen hat aus-
bilden können. Aus diesem Kreise stammt auch
Ulrich von Ensingen, denn daß sein Vater, seine
Brüder vielleicht auch als murer in Ensingen
tätig waren, durch die um 1820 stark ansteigende
Bautätigkeit nach Eßlingen gelockt wurden, darf
nun doch als wahrscheinlich gelten. Ihr Auf-
treten als Hospes in Eßlingen erhält durch
solche Zusammenhänge noch eine weitere Er-
klärung: Wenigstens ein Teil dieser Murer ist
über den Sommer in den Steinbrüchen von En-
singen beschäftigt gewesen. Das Beschaffen und
Vorbereiten des durch den schwierigen Trans-
port sehr teuren Bausteines bildete ja auch nach
Ausweis erhaltener Baurechnungen stets einen
wichtigen Teil jeder mittelalterlichen Bauunter-
nehmung. Vielleicht könnten die alten Ensinger
Brüche, freigelegt und untersucht, noch weitere
Aufklärungen geben. In den Brüchen der Klus-
felsen bei Halberstadt z. B. haben sich die beim
Dombau Haiberstadts beschäftigten Steinmetzen
sehr häufig durch Zeichen verewigt.

Aus diesem Kreise von Bauhandwerkern, aus
natürlichster, vielleicht schon durch einige Ge-
nerationen vererbter Vertrautheit mit dem wich-
tigsten Baustoff der Zeit ist Ulrich von En-
singen zu führender Bedeutung emporgestiegen.
Als den in Ensingen, wohl auch wegen der
Steinbeschaffung Weilenden 1391 der Ruf nach
Mailand erreichte, führte er sicher schon den
ursprünglich nur als allgemein übliche Her-
kunftsbezeichnung notwendig gewesenen Namen
seines Heimatortes als Familiennamen.
Nun erhalten auch gewisse urkundliche Nach-
richten über die Familie der Ensingen einen
anderen Sinn. Erst Ulrichs Söhne und Enkel
nannten sich Ensinger; Ensinger kommen neben
Ensingen schon in den siebziger Jahren in Eß-
lingen vor. Folgender Satz z. B. aus dem Testa-
mente Caspars, Ulrichs ältestem Sohne, das
dieser am 16. Oktober 1429 als Bürger von Ulm

verfaßte: „nach mlnem tode und abgange (sind)
der Ersamen gaistlichen frowen ininer liaben
sivester Ursula kirchenmaistrin lionventfroiven
des Gotshuses zu tvyler underhalb Esslingen ge-
legen Brediger ordens (jene 20 Gulden rhein.
auszuzahlen, die ihm der Ulmer Kirchenbau
schuldet)1). Nicht in ein Kloster von Ulm, wo
ihr Bruder Bürger und sehr angesehen war, son-
dern in die Gegend bei Eßlingen, in der ihre
Familie beheimatet war, zog sich die verwitwete
Kirchenmeisterin zurück. Matthias Ensinger, je-
ner Sohn Ulrichs, der vielleicht aus einer zwei-
ten Ehe stammt, war mit einer Anna Eckellerin
aus Eßlingen verheiratet. Auch sein Vater hat die
Tochter eines Eßlinger Zunftmeisters geheiratet.
Carstanjen schätzte das Alter Ulrichs für 1391
auf ca. dreißig Jahre. Da Ulrich aber in Eßlingen
schon seit 1365 steuerfähig gewesen ist, muß er
vor 1350 geboren sein. Einen Vierzigjährigen er-
reichten die Rufe nach Mailand und Ulm, und
ungefähr siebzig Jahre ist Ulrich alt gewesen, als
er am 14- August 1418 in Straßburg starb,
aus Eßlingen verheiratet. Auch sein Vater hat,
wie wir nun wissen, die Tochter eines Eßlinger
Zunftmeisters geheiratet.

Carstanjen schätzte das Alter Ulrichs für 1931
auf ungefähr dreißig Jahre. Da Ulrich aber in
Eßlingen schon seit 1365 steuerfähig gewesen ist,
muß er vor 1350 geboren sein. Einen Vierzig-
jährigen also erreichten die Rufe nach Mailand
und Ulm, und ungefähr siebzig Jahre ist Ulrich
alt gewesen, als er am 14. August 1418 in Straß-
burg starb.

Ulrichs Schwiegervater, der Eßlinger Bürger
Hans Glaser, wird 1393 als Zunftmeister bezeich-
net. Bald vor oder in dem Jahre 1390 muß Ul-
rich dessen Tochter geheiratet haben. Das läßt
sich auch in Übereinstimmung bringen mit dem
Alter, das Carstanjen für das älteste Kind Ul-
richts, Anna, errechnete („geb. ca. 1389—90")s).
Diese Anna, welche 1417 unter den auszulöhnen-
den Gesellen am ülmer Münsterbau erscheint,
ist mit jenem Hans Kun verheiratet gewesen,
dem 1417 von seinem Schwiegervater, welchem
die Reisen von Straßburg her zur Inspektion des

*) Der ganze Text bei Haßler, Urkunden zur Baugesch.
(1. Mittelalters. Jahrbücher f. Kunstwiss., 2. Jg., Leipzig
1869, S. 101.

2) Vgl. Stammtafel der Familie Ensingen bei F. Car-
stanjen, a. a. 0. Das Verwandschaftsverhältnis zu Glaser
ist klar. Denn f i 1 i a s t e r konnte im 14. Jalirh. nicht
mehr Stiefsohn, sondern nur noch Schwiegersohn be-
deuten.

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