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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0226
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2o8

ARGONAUTEN-KREIS

Pozzo's stammende Zeichnung scheint die Ergänzung wie-
derzugeben, während der Deckel, als die Coburgensis-
Zeichnung angefertigt wurde, an dieser Stelle noch unver-
letzt gewesen sein muss. In der rechten Hand hält Iason
einen Speer; neben ihm liegt sein Helm am Boden. Die
Darstellung illustrirt in ziemlich freier Weise die Euripi-
deische Botenerzählung V. 1157—1221. Dort trifft Creon erst
nach dem Tod seiner Tochter ein, und Iason ist gar nicht
gegenwärtig; auch spielt die Scene nicht im Brautgemach,
sondern in der Mädchenkammer der Creusa unmittelbar
nach Empfang der Geschenke. Ein berühmtes Original
liegt gewiss nicht zu Grunde; es ist die Erfindung eines
späten, wahrscheinlich römischen Illustrators.

Die vierte Scene führt den Kindermord der Me-
dea vor. Als Schauplatz ist durch eine bärtige Herme
und durch eine Walze die Palaestra bezeichnet, s. R. Schöne
Archäologische Zeitung XXVII 1869 S. 107. Euripides
Medeia V. 46

aXX' oi'ds TTdiosg etc rpo'xav Trsiravßsvoi

are/xpvaiv.

Die Knaben streiten sich um einen Ball; der vordere, der
ihn erhascht hat, hält ihn mit beiden Händen weit von
sich ab, um ihn den Griffen des Bruders zu entziehen,
und sucht, indem er weit ausschreitend mit zurückge-
wandtem Kopf über die Walze hinwegsetzt, dem Ver-
folger zu entrinnen, der ihn mit beiden Händen um den
Hals packt. Beide tragen, wie in der zweiten Scene, Scheitel-
Hechte und sind mit einer über beide Schultern geworfenen
Chlamys bekleidet. Rechts steht Medea. Sie trägt ärmel-
losen hochgegürteten Chiton und einen um den Unter-
körper geschlungenen, über die linke Schulter geworfenen
Mantel. In der linken Hand die Schwertscheide, in der
rechten das gezückte Schwert, blickt sie zum Mord ent-
schlossen auf die spielenden Kinder. Mit dem berühmten
Gemälde des Timomachos (Plinius nat. bist. 7, 126. 35, 128. 136".
145. Plutarch Quomodo adolescens poetas audire debeat 3
p. 18 A; Anthologia Planudea IV 135—143), von dem mehr
oder weniger freie Nachbildungen auf einem herculanen-
sischen und zwei pompeianischen Bildern (Helbig a. a. O.
S. 270 Nr. 1262—1264) erhalten zu sein scheinen, hat die
Darstellung nur die Wahl des Moments und das Motiv
gemein, dass die Kinder ahnungslos zu den Füssen der
Mutter spielen, bei Timomachos indessen nicht mit dem
Ball, sondern mit Astragalen. Vor Allem aber hielt Medea
bei Timomachos das Schwert noch in der Scheide, und der
innere Conflict bildete, wie in dem berühmten Monolog
bei Euripides, das Hauptinteresse des Bildes. Mit grösserem
Rechte könnte man in dem Kyzikenischen Gemälde, das
Cicero in Verr. IV 60, 135 erwähnt, das Original ver-
muthen, wenn überhaupt feststände, dass dieses den Kinder-
mord der Medea darstellte, und wenn es nicht ebenso
wohl als das Vorbild für Medea auf dem Drachenwagen,

wie sie auf 193 und in der folgenden Scene erscheint, in
Anspruch genommen werden dürfte.

Die fünfte, die rechte Ecke einnehmende Scene
zeigt Medea auf dem Drachenwagen. Der Darstellung
liegt offenbar dasselbe Original zu Grunde, wie der auf
193, nur ist die Haltung der Medea weit pathetischer
geworden; sie wendet den von wirrem Haar umwallten
Kopf dem Beschauer zu; in der hoch erhobenen Rechten
schwingt sie das Schwert; der kurze Mantel, den sie hier
über dem mit Ueberschlag versehenen Chiton trägt, flattert
im Winde. Die eine Kinderleiche ruht, wie 193, auf
ihrer linken Schulter; von der zweiten im Wagen liegen-
den ist das linke Bein deutlich sichtbar. Die Drachen,
die hier an ein Joch geschirrt sind, haben sich noch nicht
in die Luft erhoben, sondern ruhen auf dem Boden,
die Flügel gesenkt, aber die Köpfe erhoben, wie im Be-
griff aufzufliegen. Eine Unterscheidung des Geschlechts,
wie auf 193, liegt nicht vor.

Mitte des zweiten Jahrhunderts. Zu 189 kann der
Deckel, weil er dieselbe Scene enthält, die dort an der
rechten Ecke steht, nicht gehören; ebenso erscheint die
Zugehörigkeit zu 190, zu dem er der Grösse nach passen
würde, mit Rücksicht auf dessen rechte Eckscene, die
die Scenenreihe von 194 antieipiren würde, sehr unwahr-
scheinlich.

195) P. Paris, Louvre Salle de la Mede'e. Fig. 195.
Stark ergänzt und überarbeitet, wohl schon 161$; jetzt als
Vorderseite eines aus heterogenen Theilen zusammen-
gesetzten Sarkophags verwandt, dessen Herstellung in die
Jahre iSiö"—1827 fällt. L. 2,28. H. 0,61. Zeichnung von
Eichler 1873.

Früher in Rom an der Westseite der im Jahre 1615 er-
bauten Villa Borghese in der untersten Reihe links von dem
Aufgang unter der Nische mit der Zeusstatue an sehr augenfälliger
Stelle eingemauert; Manilli Villa Borghese 1650 p. 36: „da una
testa del marmo si uede Cerere, che monta sul carro tirato da i
Serpenti, per andar cercando nuoua della figliuola: l'istessa con i crini
sparst, e con le mani in alto, lamentandosi co'l Eato, che le stä di-
nanzi: Gioue, che le stä dietro, compatendola del caso, e stracciandosi
per dolori i capegli. Neil' altra parte e scolpita Proserpina, che piena
di mestizia stä sedendo co'l Porno in mano, come Regina del mondo
sotterraneo: vna Parca in figura di vecchia, che stä in atto di con-
solarla, e molte altre figure della famiglia di Plutone. Innami a
Proserpina si vedon due putti, che le stanno offerendo alcuni frutti,
quasi dicendo: A che tanto affigerui, Signora nostra, mentre che,
hauendo lasciata la Terra, vi trouate al presente Regina de' Campi
Elisil"; Montelatici Villa Borghese 1700 p. 150; Andreas Bri-
gentius Patavinus Villa Burghesia vulgo Pinciana poetice descripta
1716 p. 40: „En dextra Cererem, quae vecta Draconibus aestu \ Fluc-
tuat irarum, quod rapta in Tartara nuper \ Unica Progenies. Solio
Proserpina Ditis | Eminet, ac Pomum matri fatale dolenti \ Ostendit
lacrymis oculos suffusa pudicos. \ Quae Cereri super est requies, en
 
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