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Springer, Anton
Kunsthistorische Bilderbogen: für den Gebrauch bei akademischen und öffentlichen Vorlesungen, sowie beim Unterricht in der Geschichte und Geschmackslehre an Gymnasien, Real- und höheren Töchterschulen zusammengestellt (Suppl. 1, Textbuch): Die Kunst des Neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1884 (2., verm. Aufl.)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1176#0009
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EINLEITUNG.
edem Versuche, die Kunst der unmittelbaren Gegenwärt
übersichtlich zu schildern, wohl gar einen Wegweiser zur
richtigen Führung auf den vielverschlungenen Bahnen des
modernen Kunstlebens aufzurichten, stellt sich das Vor-
urtheil unvermeidlicher Parteilichkeit entgegen. Es muß nicht
nothwendig bewußte, einseitige Parteinahme für die eine oder die
andere Richtung sein, welche die historische Gerechtigkeit biegt
und krümmt. Unbewußt färben Vorliebe und Abneigung das
Urtheil. Bald beslicht uns die Wiedergabe eines besonders
geschätzten Gedankenkreises, bald nehmen uns langentbehrte
Formen- und Farbenreize unwiderstehlich gefangen. In der un-
mittelbaren Umgebung geschafsene Kunstwerke sprechen gewöhnlich
zu laut an unsere Empfindung, als daß wir uns rasch und genau
Rechenschaft von ihrer dauernden Bedeutung geben könnten. Sie
sind Spiegelbilder unseres Lebens und unseres Geistes, welchen
wir schon aus diesem Grunde gern die Lichtseite abgewinnen,
weil wir nicht Pessimislen gescholten werden wollen. Bei dem
Eindrucke, welchen moderne Kunstwerke auf uns ausüben, klingen
überhaupt neben den rein äslhetischen noch andere Töne mit.
Sie lassen sich nicht, wie bei dem Genusse älterer Kunstproducte,
trennen oder zurückdrängen. Auf ihnen beruht vielmehr großen-
theils die viel lebendigere Wirkung selbsl einer mittelmäßigen
modernen Leistung im Vergleiche mit den Schöpfungen ver-
gangener Perioden.
Nicht nur den einzelnen Kunslwerken gegenüber wird die
Gefahr eines unsicheren, schwankenden Urtheils behauptet: auch
über die Stellung und die Aufgaben der modernen Kunst herrschen
verschiedenartige Anssehten. Als eine ideale Ueberwindung der
Natur wird mit Recht die Kunst begrüßt; wie sie überall das
innerlich Zweckmäßige in gefälligen, anmuthigen Schein hülle, die
natürlichen Gebilde von allem Zufälligen, Unreinen, von jedem
Springer, Die Kunst des 19. Jahrh. 2. Auss. I
 
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