ZWEITER ABSCHNITT: 1819—1850.
1. Cornelius und die ältere Münehener Kunst.
Der Kronprinz von Baiern hatte allmählich einen großen
Schatz antiker Sculpturen zusammen gebracht, denselben namentlich
durch den Erwerb der Aegineten glänzend vermehrt. In einem
Prachtbau, der Glyptothek, sollten die Marmorwerke aufgestellt,
Prunkräume daselbst, in welchen der Beschauer sseh erholen
und auf das Studium der Sculpturen vorbereiten konnte, von
Cornelius mit Fresken geschmückt werden. Die Bestimmung des
Baues bedingte die Gegenstände der Schilderung. Sie wurden
der griechischen Götter- und Heldensage entlehnt und in der Weise
geordnet, daß in einem kleineren Vorräume die Prometheus-
sage, in den zwei größeren Sälen die Weltschöpfung und Welt-
regierung nach Hesiod's Theogonie und die trojanische Heldensage
zur Darsteilung gelangten. Bereits in den Fresken der Glyptothek
führte Cornelius die cyklische Kompositionsweise durch, welche er
nachmals bis zur schärsslen Konsequenz ausbildete. Er durste für
seinen Vorgang nicht allein das Beispiel der größten Renaissance-
meister wie Rasfael's in der Stanza della Segnatura anrufen, sondern
auch auf die Pslicht weisen, welche ihm aus der Natur der monumen-
talen Malerei erwuchs. Anders wird ein Einzelgemälde, welches
sür sich besteht und alle Wirkung konzentrirt, anders eine Freske,
welche mit anderen zusammen einen größeren Raum schmückt,
komponirt. Die Nachbarschaft legt ihr bereits Rücksichten auf.
Es darf nicht ein Bild sich hochmüthig über das andere erheben,
sie sollen sich vielmehr gegenseitig unterstützen und erst im Zusammen-
hange, in der Gesammtwirkung die rechte Bedeutung gewinnen.
Die Wandgemälde slehen in unmittelbarer Verbindung mit dem
architektonischen Hintergrunde, erscheinen als die höchsteund edelsle
Dekoration des architektonischen Raumes. Sie sind deshalb den
gleichen Gesetzen wie die Architektur unterworfen und ahmen
1. Cornelius und die ältere Münehener Kunst.
Der Kronprinz von Baiern hatte allmählich einen großen
Schatz antiker Sculpturen zusammen gebracht, denselben namentlich
durch den Erwerb der Aegineten glänzend vermehrt. In einem
Prachtbau, der Glyptothek, sollten die Marmorwerke aufgestellt,
Prunkräume daselbst, in welchen der Beschauer sseh erholen
und auf das Studium der Sculpturen vorbereiten konnte, von
Cornelius mit Fresken geschmückt werden. Die Bestimmung des
Baues bedingte die Gegenstände der Schilderung. Sie wurden
der griechischen Götter- und Heldensage entlehnt und in der Weise
geordnet, daß in einem kleineren Vorräume die Prometheus-
sage, in den zwei größeren Sälen die Weltschöpfung und Welt-
regierung nach Hesiod's Theogonie und die trojanische Heldensage
zur Darsteilung gelangten. Bereits in den Fresken der Glyptothek
führte Cornelius die cyklische Kompositionsweise durch, welche er
nachmals bis zur schärsslen Konsequenz ausbildete. Er durste für
seinen Vorgang nicht allein das Beispiel der größten Renaissance-
meister wie Rasfael's in der Stanza della Segnatura anrufen, sondern
auch auf die Pslicht weisen, welche ihm aus der Natur der monumen-
talen Malerei erwuchs. Anders wird ein Einzelgemälde, welches
sür sich besteht und alle Wirkung konzentrirt, anders eine Freske,
welche mit anderen zusammen einen größeren Raum schmückt,
komponirt. Die Nachbarschaft legt ihr bereits Rücksichten auf.
Es darf nicht ein Bild sich hochmüthig über das andere erheben,
sie sollen sich vielmehr gegenseitig unterstützen und erst im Zusammen-
hange, in der Gesammtwirkung die rechte Bedeutung gewinnen.
Die Wandgemälde slehen in unmittelbarer Verbindung mit dem
architektonischen Hintergrunde, erscheinen als die höchsteund edelsle
Dekoration des architektonischen Raumes. Sie sind deshalb den
gleichen Gesetzen wie die Architektur unterworfen und ahmen