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Burckhardt, Jacob; Bode, Wilhelm
Der Cicerone: eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Band 1): Antike Kunst — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.17367#0063
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Thore von Verona. Aquäducte.

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verzierten Fenstern und Nischen durchbrochenen Obermauer, die
Porta de' Borsari in Verona, aus der Zeit des Gallienus, ist so- a
wohl in der Anlage als in der Decoration ein Hauptzeugniss für die
spielende Ausartung, welche sich im 3. Jahrhundert der Baukunst
bemächtigt hatte. Der Arco de' Leoni, die erhaltene Hälfte eines b
Doppelthores, ebenfalls aus gesunkener Zeit, ist doch nicht ganz in
dem kleinlichen Geist der Porta de' Borsari erfunden; die obere
Nische, für deren Einfassung hier die reichste Form, die spiralförmig
canellirte Säule, aufgespart ist, konnte mit einer plastischen Gruppe
versehen eine ganz gute abschliessende Wirkung machen. — Ein
drittes veronesisches Denkmal, der Arco de' Gavi, in der Nähe des c
Castel vecchio, wurde 1805 zerstört. Nachbildungen desselben erkennt
man in verschiedenen Altären der Renaissance-Zeit, welche dieses
Gebäude sehr schätzte; dahin gehört z. B. der Altar der Alighieri im
rechten Querschiff von S. Fermo, von einem Abkömmling Dante's, d
welcher selbst Baumeister war; und der vierte Altar rechts in e
S. Anastasia.

Das Bild des römischen Thorbaues in seiner imposantesten Ge-
stalt vervollständigt sich erst aus der Porta Nigra zu Trier, möge sie
ein Bau des 1. oder gar erst des 6. Jahrhunderts n. Chr. sein. Nur
hier sieht man, welcher Ausbildung der Doppeldurchgang, zum
breiten Bau mit zwei durchsichtigen Obergeschossen vertieft und
mit zwei halbrunden A^orbauten nach aussen bereichert, fähig war.
Eine ähnliche Anordnung zeigt die Porta Palatina in Turin, ein
zweigeschossiger Backsteinbau mit Pilastern und Arkaden, zwischen
zwei polygonen Thürinen (in neuerer Zeit restaurirt). — Stattlichere
Thore als das römische Italien enthält das alte Gallien.

Die einfachsten Nutzbauten nehmen unter römischen Händen,
wenn nicht einen künstlerischen, doch immer einen monumentalen
Charakter an. Das Princip, von allem Anfang an so tüchtig und
solid als möglich zu bauen, deutet auf einen Gedanken ewiger Dauer
hin, dessen sich unsere Zeit bei ihren kolossalsten Nutzbauten nicht
rühmen kann, weil sie in der That nur „bis auf Weiteres", mit Vor-
behalt möglicher neuer Erfindungen und der betreffenden Verände-
rungen baut. Ihre Gebäude geben auch nur selten das echte Gefühl
des Ueberflusses der Mittel, schon weil sie Werke der Speculation und
der Submission sind. Nach diesem Maassstab hört man bisweilen von
Fremden in Rom z. B. die Ungeheuern Aquäducte beurtheilen, f
welche die Campagna durchziehen. Wozu von vornherein so viel

Es soll damit nicht geleugnet werden, dass für ungegliederte Flächen auch
die Börner bisweilen absichtlich die Quadern in rohgemeisselteni Zustande lassen
mochten, und dass ihnen die epecielle Wirkung, die dabei zum Vorschein kam,
keineswegs entging; z. B. Mauer des Augustus-Forums in Born.
Burckhardt, Cicerone. 5. Aufl. 1. faeil. 3
 
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