Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:
Zimmermann, Heinrich Franz Joseph: Maria Theresia oder Margaretha Theresia?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0277
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MARIA THERESIÄ oder MARGARETA

THERESIA? Mit 2 Abbildungen / Von H. ZIMMERMÄNN-Wien

„Bella gerant alii, tu felix Austria nube. Quae dat Mars aliis, dat tibi regna Venus“.
Diefes alte Diftichon, zunächft auf die von Maximilian I. angebahnten und die künf-
tige Großmachtftellung Öfterreichs begründenden glücklichen Familienverbindungen feines
Haufes geprägt, blieb das ganze 16. und 17. Jahrhundert hindurch bezeichnend für
die habsburgifche Politik. Denn trot?j der nach Maximilians Tode erfolgten Länder-
teilung war man in Spanien wie in Öfterreich ftets darauf bedacht, durch wiederholte
Ehefchließungen zwifchen den Sproffen beider Linien des Haufes bei dem Äusfterben
des einen Aftes dem andern die Nachfolge zu fichern. Am franzöfifchen Hofe, dem
alten Nebenbuhler jener von Madrid und Wien, fuchte man diefer Politik mit demfelben
Mittel zu begegnen und [ich dadurch die Ausficht auf das fpanifche Erbe zu eröffnen1;
denn diefes fchien ungeachtet des augenfcheinlichen, durch verfehlte politifche und
finanzielle Maßregeln hervorgerufenen Niederganges noch immer verlockend genug.
Der ftaatsklugen Katharina von Medici folgte auf diefem Wege Maria, die zweite
Medizeerin auf dem franzöfifchen Throne, als fie ihre Tochter Elifabeth mit Philipp IV.
und deffen Schwefter Anna mit ihrem Sohne Ludwig XIII. vermählte. Eben diefe
Anna von Öfterreich wollte ihrem Sohne Ludwig XIV. mit der Hand von Philipps IV.
Tochter Maria Therefia, ihrer leiblichen Nichte, nach dem frühen Tode des Thron-
erben Balthafar Carlos die Anwartfchaft auf die fpanifchen Lande fichern. Anfangs
freilich waren ihr die Verhältniffe nicht befonders günftig. Anna felbft war durch
ihre Vermählung ihrem Bruder völlig entfremdet und der im Jahre 1644 erfolgte Tod
ihrer Schwägerin Elifabeth hatte die franzöfifche Partei am Hofe zu Madrid jedes Ein-
flußes beraubt. Elifabeths Tochter aber, die Infantin Maria Therefia, auf deren „beiden
veilchenblauen Augen die Hoffnung der Monarchie ftand“2, war feit langem dem
Sohne Kaifer Ferdinands III., dem römifchen Könige Ferdinand IV. beftimmt.3 Diefer
Prinz war im Jahre 1649 bis Mailand der Begleiter feiner Schwefter Maria Anna, der
Philipp IV. damals in zweiter Ehe die Hand reichte.4 Zwei Jahre fpäter ward er von
diefer mit einem Töchterchen befchenkt, deffen befonderer Liebreiz den von Sorgen
umdunkelten Lebensabend des alternden Königs zu erhellen beftimmt war.5 Es ift
jene Margareta Therefia, deren Rivalität mit ihrer um 13 Jahre älteren Stieffchwefter
Maria Therefia [ich nicht allein in der Politik, fondern auch darin geltend macht, daß
Bildniffe beider lange verwechfelt wurden und teilweife noch heute verwechfelt werden.

Dies gilt namentlich von jenem Bilde der Infantin, das allen Velazquezfor[ehern
viel Kopfzerbrechen verurfacht hat. Es ift heute in zwei Exemplaren bekannt, deren
eines der Prado, das andere die kaiferliche Galerie in Wien befi^t.6 Die Bruftbilder

1 Dies und vieles der folgenden Darftellung ift der ausgezeichneten Arbeit entnommen, die
Alfred F. Pribram über die Heirat Kaifer Leopolds I. mit Margareta Therefia von Spanien im
Archiv für öfterreichifche Gefchichte, Bd. LXXVII (1891), S. 321 ff. veröffentlicht hat.

2 Valerian von Loga, Las Meninas: Jahrbuch der kunfthiftorifchen Sammlungen des Allerh.
Kaiferhaufes, Bd. XXVIII (1909/10), S. 171.

3 Pribram, a. a. O., S. 323.

4 H. Zimmermann, Zur Ikonographie des Haufes Habsburg I: Jahrbuch, Bd. XXV (1905),
S. 183 f.

5 Carl Jufti, Diego Velazquez und fein Jahrhundert II2 (1903), S. 253.

6 Der Anficht Ä. de Beruetes, Velazquez, Preface de M. Leon Bonnat, Paris 1898, p. 150,
und Walther Genfels, Velazquez (Klaffiker der Kunft VI), Stuttgart und Leipzig 1905, S. 149
(Abb. S. 115), daß das Wiener Bild eine bloße Kopie des Exemplars im Prado fei, kann ich mich
nicht anfchließen.

Der Cicerone, III. Jahrg., 7. Heft. 20

249
 
Annotationen