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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 10.1893

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Zur Geschichte der Pfarrei Mühlhausen, Oberamts Waldsee. Das Prager Jesuskindlein
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Schwäbische Originale: Dr. Ferdinand von Steinbeis, Präsident der königlich Württembergischen Zentralstelle für Handel und Gewerbe, 7. Februar 1893 zu Leipzig
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St. Valentins-Kult
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https://doi.org/10.11588/diglit.15868#0055
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weithin bekannt durch seinen jugendfrischen Humor und schwä-
bischen Mutterwitz — die Pfarrkirche gründlich und würdig
restaurieren.

Schwäbische Originale.
D r. Ferdinand von Steinbeis, Präsident der
Königlich Wür ttembergi scheu Zentralstelle für
Handel und Gewerbe, ch 7. Februar 1893 zu Leipzig.
Derselbe ist geboren am 5. Mai 1807 zu Oelbronn,
OA. Maulbronn, wo sein Vater Pfarrer war; seine Mutter
war eine Schwester von Justinns Kerner. Er wurde zum
Ingenieur bestimmt, studierle in Tübingen Mathematik und
Naturwissenschaften und trat schon 1829 in den Staatsdienst
als Assistent im Hüttenwerk Ludwigsthal. 1830 wurde er
Direktor der Hüttenwerke des Fürsten zu Fürstenberg zu
Thiergarten und Jmmendingen, und übernahm später die Lei-
tung der Eisenwerke der Gebrüder Stumm in Neunkirchen, wo
er den Coakshochofenbetrieb einführte. Von da trat er in den
württembergischen Staatsdienst zurück.
Steinbeis hat sich als langjähriger Präsident der Königlich
Württembergischen Zentralstelle für Handel und Gewerbe ganz
hervorragende Verdienste um die württembergische Industrie,
um ihre Hebung und Förderung, wie um die Verbreitung
ihrer Erzeugnisse im Auslande erworben. Als er in den vierziger
Jahren an der damals neu errichteten Zentralstelle angestellt
wurde, lag die württembergische Industrie noch in den Win-
deln ; das Kleingewerbe war weitaus vorherrschend, es wurde
von Handwerkern fast lediglich für den heimischen Bedarf ge-
arbeitet; Großbetriebe gab es ganz wenige; die Maschinen-
technik war noch in ihren Anfängen, das Eisenbahnnetz erst
im Entstehen. Steinbeis, dem seit 1855 die Direktion der
Zentralstelle zugefallen war, erkannte mit sicherem Blick die
günstigen Elemente, welche in Württemberg für eine höhere
Entfaltung der Gewerbsthätigkeit vorhanden waren: eine
tüchtige und fleißige Bevölkerung, eine erhebliche Anzahl wert-
voller Wasserkräfte, ein guter Stamm von Technikern, welche
damals schon in der polytechnischen Schule eine vortreffliche
Bildung fanden. Er suchte diese Kräfte möglichst auszunützen,
ermutigte die Unternehmer zur Gründung neuerer, größerer,
mit den Fortschritten der modernen Technik ausgerüsteter
Fabriken, knüpfte nach allen Seiten hin Verbindungen an,
um Absatzgebiete für die württembergischen Waren anfzufinden,
und suchte überhaupt Württemberg ans der Abgeschiedenheit,
in der es bisher dahingelebt hatte, in den Wettbewerb mit dem
übrigen Deutschland hineinzuziehen. Besonders verdient machte
kv sich durch Förderung der Textilbranche und der Ma-
schinentechnik, aber auch auf allen Gebieten der Haus-
industrie suchte er den Leuten Verdienst und Arbeit zuzu-
sühre». Zn besonderem Nus gelangte das von ihm 1849
begonnene L an d es g ew erb ein ns enm, für welches jetzt
kben der monumentale Prachtbau aufgeführt wird, sowie der
dvn ihm besonders hochgehaltene über das ganze Land ver-
leitete Fortbildungsunterricht. Viele Staaten schickten Kom-
missäre nach Württemberg, um diese Einrichtungen zu studieren.
?lls ein besonderes mächtiges FördernngSmittel der Industrie
sah er die Weltausstellungen au, bei denen er stets als
ciu in allen Staaten Europas wohlbekanntes, hochangeseheneö'
Mitglied der Jury figurierte und kraft seines Ansehens die
Verdienste der württembergischen Aussteller zur vollen Geltung
Zu bringen wußte. Sv besuchte er die verschiedenen Aus-
stellungen von London, Paris, München, Philadelphia, Wien,
Moskau; auch der Eröffnung des Suezkanalö 1869 wohnte

er bei. Er redigierte viele Jahre das von ihm gegründete,
dem „Staatsanzeiger" beigelegtc „Gewerbeblatt" und
legte darin viele Aufsätze technischen und volkswirtschaftlichen
Inhalts nieder. Unter seinen Schriften erwähnen wir „Die
Elemente der Gewerbeförderung, nachgewiesen au der belgi-
schen Industrie" (1853). Nicht von ihm verfaßt, aber unter
seinen Auspizien geschrieben wurde daS große Werk von
Bischer „Die industrielle Entwicklung im Königreich Württem-
berg und das Wirken seiner Zentralstelle für Gewerbe und
Handel in ihren ersten 25 Jahren", in welchem neben der
Hauptschöpfung von Steinbeis selbstverständlich auch die Ge-
stalt des Schöpfers hervvrtritt.
Steinbeis war anfangs ein Anhänger der nationalökono-
mischen Lehren unseres Landsmanns Friedrich List, neigte sich
aber später mehr einer kosmopolitischen Auffassung des Ge-
werbelebens zu und wurde entschiedener Partisan des Frei-
handels. Er hatte unter dieser Fahne die württembergische
Industrie wachsen sehen und hielt sie einer weiteren Aus-
dehnung für fähig. Als dann am Ende der siebziger Jahre
ein Umschwung zum Schutzzoll in den maßgebenden Kreisen
stattfand, geriet Steinbeis in einen Konflikt seiner theoretischen
mit den herrschenden amtlichen Anschauungen und nahm 1880
seine Entlassung, welche ihm unter den ehrendsten Ausdrücken
gewährt wurde. An Orden und Auszeichnungen hatte er
Ueberfluß. Er war Ehrenbürger von Reutlingen, Blaubeuren,
Vaihingen a. d. E. und von Ulm, wo er für seine ch Gemahlin
und für sich selbst noch persönlich ein Grabmonnment hatte
setzen lassen.

Sk. Valrnkins-Nnlk.
Es ist sicher kein bloßer Zufall, daß unmittelbar an das
Dreikönigsfest, an welchem die Kirche die Berufung der Erst-
linge ans der Heidenwelt feiert, das Fest eines bayerischen
Glaubensboten, des hl. Valentin, sich aureiht, von welchem
die Legende rühmt, daß er „predigend das Land durchwan-
dernd überall mit großartigem Erfolge am Heile der Seelen
gearbeitet und unzählige Scharen Neubekehrter der Kirche ge-
wonnen habe." Gemeinhin wird St. Valentin als Diözesau-
patrou von Passau aufgeführt, was zu dem irrigen Schlüsse
verleitet, als hätte seine Wirksamkeit sich bloß auf Passau
samt dazu gehörigein Territorium erstreckt. . . . Gerade iu
Passau fand sein wiederholtes Auftreten den meisten Wider-
stand, und so wurde er gezwungen, sich einen anderen Wir-
kungskreis zu suchen; er suchte die Alpenländer und die da-
vor lagernden Gegenden auf, also die Länderstriche am Inn
und der Isar. Das ganze Land, begrenzt von der Donau
bis zur Etsch, vom Inn bis zum Lech, war nun Zeuge seines
segens- und erfolgreichsten Wirkens, welches ihm den Ehren-
namen eines Apostels beider Nätien eintrug. Der vielseitigen
Thätigkcit dieses Heiligen ans bayerischem Boden ist aber noch
lange nicht jene volle Würdigung und Aufmerksamkeit zuge-
weudet worden, welche sie verdiente.
Namentlich hätte die bayerische Hauptstadt „Isar-Athen"
allen Grund, den Heiligen zu ehren, da sie doch so recht im
einstigen Missionsbezirke desselben liegt. Zeugnis dafür sind
die vielen St. Valentinskirchen, welche sich Isar auf- und
Isar abwärts, 1 bis 2 Meilen vom Strome weg ins Land
hinein, befinden.
Von Thonstätten bei Moosburg bis Herrnhausen und
Hechenberg sind deren nicht weniger als zwölf. So in dem
uralten Föhring, als dessen Erbe sich bekanntlich München
betrachtet, ferner iu Gerlhausen, Attenhausen, Percha, All-
 
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