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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Ritter, W.: Hermann Urban - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0074
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H. URBAN—MÜNCHEN.

Gemälde »Badende«.
Bes.: Hans Drinneb'ergr—Karlsruhe.

HERMANN UR

Herbe Grösse, Einfachheit und ernstes
Kolorit, sehr viel positives Wissen,
verbunden mit weichster Melancholie, dies
sind die Eigenschaften, mittelst welcher
binnen 5 bis 6 Jahren dieser Künstler —
Amerikaner von Nationalität, Deutscher
durch seinen Vater, seine Studien und seinen
Wohnsitz, Franzose aus der Louisiana durch
seine Mutter, die berühmte Diva — unter
die besten Münchner Landschafter zählt, und,
wenn es sich speziell um die italienische
Landschaft handelt, als erster durch die
Schranken gegangen ist. Obwohl er ganz
ausserhalb der Schule Böcklins steht, ist er
doch von Temperament und Geschmack
Böcklinianer. Aber er schuldet dem Meister
nichts als seine Bewunderung, und dass er
ihm diese voll und ganz entgegenbringt, be-
weist sein grosses dekoratives Gemälde: »An
Böcklin«. Weder seine Lehre der Ästhetik,
noch eine Anleitung, eine Regel oder eine
Anregung hat ihm Böcklin gegeben, ja
Urban kannte ihn nicht einmal persönlich.
Fühlte er sich ihm ja doch zu verwandt,
um es wagen zu dürfen, sein Schüler zu
werden. Ohne von Böcklins Rezepte Kennt-

1906. VIII. I.

JAN-MÜNCHEN.

nis zu haben, schuf er seine eigene über-
raschende aus sich selbst. Aber auf seinen
italienischen Reisen war ihm klar geworden,
dass jene Landschaften in gewissen Stim-
mungen fertige Böcklin-Motive enthielten;
es war das Gleiche, was Sandreuter in der
rheinischen Schweiz, in den Alpen und im
Tessin begriffen und verwertet hatte.

Um Hermann Urban völlig gerecht zu
werden, darf in Bezug auf ihn also der
Name des grossen Ahnherrn, dessen Erb-
schaft heute nicht bloss Deutschland, sondern
mehr oder weniger die ganze Welt an-
getreten hat, nur mit äusserster Vorsicht
ausgesprochen werden. Mit demselben Recht
oder Unrecht könnte man Wagner, Brahms,
Bruckner, Hugo Wolff, Mahler, kurz alle
die verschiedensten Komponisten unserer
Zeit, nur als Ausläufer eines Beethoven be-
zeichnen. Zudem gibt uns der Maler der
Albaner Berge und Seen Gelegenheit, noch
viele andere Vorzüge an seiner Kunst zu
bewundern, die ausser dem Gesichtspunkte
des Böcklinschen Einflusses liegen, könnte
man doch sogar einige seiner Werke fast
Corot zusprechen. In der Natur einen

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