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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Westheim, Paul: Goldschmiede-Arbeiten von Emil Lettré
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0104
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WERKSTATT EMIL LETTRE—BERLIN.

Getriebener Teller in Silber.

GOLDSCHMIEDE-ARBEITEN VON EMIL LETTRE.

VON PAUL WESTHEIM.

Diese Schmuck- und Silbersachen kommen
aus einer Werkstatt, die ein Gentleman
regiert. Lettre hat den Chic und die Eleganz
der großen Welt; seine Kostbarkeiten sind nobel
wie eine Dame der guten Gesellschaft und an
Reizen verführerisch wie sie ... . Die Lust,
die freudige Inbrunst, die er, vom Werk und
Stoff beseligt, hineinbosselt in das Gold, das
Silber und funkelnde Gestein, wird von den
Wenigen, die ein Organ für das Weltmännische
haben, genossen mit dem Lustgefühl, dem ihre
Reize entstammen. Wo das Bestechende seiner
Art beginnt, wie es sich durchsetzt, wird man
in Worte so wenig fassen können wie alles,
was klar und selbstverständlich da ist; das
Auge fühlts, die Fingerspitzen empfinden es.

Den Stoffen entlockt er ihren Adel, ihren Cha-
rakter der Rolle, den sie in der Welt zu spielen
haben. So eine Bowle oder ein Schmuckkasten
ist Gefäß, Organismus, ein Ding, das man mit
sinnlichem Behagen in die Hand nimmt, das
sich wölbt und dehnt, aufbaut und ausstreckt,
das allenthalben sein Ebenmaß hat. Diese
letzten Stücke sind in kameradschaftlicher Ge-
meinschaft mit Ed. Pfeiffer entstanden, der An-
regungen skizzierte, die in der Werkstatt, unter
den Händen Lettres, zur Wirklichkeit erblühten.
Etwa so wie Emerson, der Goldschmied des
Geistes, irgendwoher eine Sentenz aufnahm,
um sie auszuschleifen zu einem seiner unter-
haltsamen Essays, um sie ganz zum Kind seiner
geistigen Werkstatt zu machen.--

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