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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Jaumann, Anton: Die Kunst am Kurfürstendamm: läden und Kaffeeräume von Architekt Lucian Bernhard, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0326
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Die Kunst am Kurfürstendamm.

ARCHITEKT LUCIAS BERN HA KD—HERLIX. »KAFFEEHAUS KURFÜRSTENDAMM« LOGEN.

rahmende und deutende Kunstaufgabe mußte
Lucian Bernhard ganz besonders gelingen,
da er den Geist der Gegend mit allen Poren in
sich gesogen hatte, da ihm nichts so natürlich
war, wie in das mondäne Gewoge sich hinein-
ziehen zu lassen, mit Farben und Stoffen wie
ein Modeschöpfer zu spielen und aus all diesen
angefangenen Melodien, gehauchten Wünschen,
dem zierlichen Drehen und Gleiten einen Traum
von Linie und Farbe weiterzuspinnen.

Das Kaffee Kurf ürstendamm war ein Aulklang.
Der allgemeine Eindruck unterschied sich von
Früherem nicht allzusehr. Doch war die far-
bige Gliederung schon sehr bestimmt und sicher.
Holzwerk, Wände und Bezüge waren hellgrau
in verschiedenen Stufen, darauf saßen als ein-
zelne frischfarbene Flächen die Lampenschirme
in lila, gelb und rot, die Bilder und die bunten
Vorhangstoffe. Aufsehen erregten die kleinen
Logen mit den bunten zierlichen Vorhängen,
so vorteilhaft als Rahmung der darum Sitzenden
wie für diese selbst willkommen als Rahmung des
Ausblicks in den erleuchteten Saal. Die For-
men der Leuchter, der Stühle und Sofas waren
alle in denselben weiten angenehmen Rundungen

durchgeführt. So bildete das Kaffee Kurfürsten-
damm eine schöne, einheitliche, runde Leistung.

Das Prinzeß-Kaffee ging im Abrunden, in
der geschlossenen Einheitlichkeit noch einen
großen Schritt weiter. Aus den Fenstern dringt
ein gedämpftes Glühen heraus, wie von einem
leuchtenden Juwel, das der wogenden, lustgieri-
gen Sehnsucht draußen winkt und lockt. Und
innen ist dann tatsächlich alles ein Glühen, ein
sorgsam gedämpftes, durch die Dämpf ung nur ge-
steigertes Glühen. Grau.inverschiedenenSchat-
tierungen und Streif ungen, sind auch hier wieder
Boden, Bezüge, Holzteile. Die Kleidung der
Besucher versinkt farbig fast vollkommen in
diesem Dunkel. Nur die Haut leuchtet auf,
und die Augen blitzen in dem gelbroten Strah-
lenmeer, das von den gelbverschleierten Wand-
armen und der mächtigen goldenen Krone aus-
geht. Die Wände glühen matter in einem sanften
Erdbeerrot, die Decke liegt wieder in ahnungs-
vollem Dunkel. Man mag es etwas gesucht
und gewaltsam finden, wie Bernhard so Raum
und Besucher zu einer malerischen Einheit
zusammengeschweißt hat, das Experiment ist
jedenfalls gelungen und der Eindruck berückend.
 
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