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Des Perlenfischers Töch terlein.

konnte, huschren sie aus dem Kämmerlein und waren im Nu
verschwunden. Grete aber, nachdem sie ihre Nothhelfer vorher
in Sicherheit gebracht, fiel nieder auf die Kniee, und stammelte
ihren Hcrzensdank zum Himmel empor. Und er drang durch
die Sternendecke an ein liebendes Ohr, ob er auch in ver-
kehrten Worten gelallt war. Zweien Menschen war die Noth
weggehoben, die auf ihren Herzen lastete!

Gestärkt durch den erquickenden Schlaf, doppelt gelabt
durch die trostreiche Mähre seines Töchterleins und den Anblick
des Schmuckes, welcher ihm das Lösegeld war aus seinem Elende,
fühlte sich der lange Math eis des andern Morgens wie neu-
geboren. Zwar waren die Perlen beim hellen Sonnenlichte
betrachtet just nicht so schön, als es Margarethen in der
Nacht dünkte; denn wie die Erze in den Händen der Berg-
gnomen glänzender strahlen und flimmern, da sie durch magische
Kraft berührt sind, so auch die Perlen in den Händen der Per-
lenmännlein. Doch waren sic immerhin als Pfälzerperlen nicht
zu verachten. Margaretha hatte nicht sobald ihr kleines Haus-
wesen in Ordnung gebracht, und für des Vaters Bequemlichkeit ge-
sorgt ; als sie sich auch damit auf den Weg gen Walderbach machte.

Es war ein schöner, freundlicher Frühherbst-Morgen.
Auf den Feldern und Wiesen war Alles rührig, den Gottes-
segen einzuärndten, und als das Mägdlein hinabkam in das
Thal, wo die Felswände vom Regen zurücktreten, Föhren-
und Tannenhügel die Niederung umgürten, und links an den j
Ufern des stillen, steundlichen Stromes auf terasienförmiger
Anhöhe die schmucke Abtei über die stuchtbeladenen Obstbäume
emporragte; als die tausend Fenster des Klosters im Morgeu-
strahle glitzerten und flimmerten, und das volle Geläute vom
Kirchthurme herab wie Morgensegen klang über die Kloster- j
marken; da ward es ihr wohl ganz anders zu Muthe, denn I
dazumal, als sie tiefbekümmertcn Herzens zuletzt desselben Weges
wanderte. Sie konnte nicht an der Klosterkirche vorüber zum
Prälatenstock, ohne vorher mit ihrem Herrgott gesprochen und
ihm ihren Dank zum Opfer gebracht zu haben.

Als der Pater Guardian des Perlenfischers Tochter zur
Zelle des Abtes geführt, und dieser auf ihr zitterndes Klopfen sie
hereinkommen hieß, öffneteMargaretha mit schüchterner Hand
die Thüre, blieb aber plötzlich wie gebannt an der Schwelle
stehen und konnte kaum einen leisen Ausruf — sie wußte selbst
nicht klar, des Schreckens oder der Freude — unterdrücken.
Denn mitten unter seidenen, golddurchwirkten Meßgewändern,
blüthenweißen Altartüchern und andern kostbaren Stoffen, stand
an der Seite des Prälaten der Kaufherr von Regensburg,
derselbe, besten Wunden sie in ihres Vaters Hütte den Verband
angelegt, den sie so freundlich-sorgsam gepflegt; — derselbe,
der ihr zum Danke weiter nichts als ein goldenes Reiflein
hinterlaffen hatte, das sie unabläßig gemahnte an einen tief-
geheimen, stillwuchernden Schmerz in ihrer Brust. Kaum ihres
Gefühles Meister reichte sie dem hochwürdigen Abte mit hoch-

klopfendem Herzen die Perlen hin. Dieser aber konnte sich des
Staunens nicht enthalten über den eingelieferten Schatz, und
hielt dafür, daß in diesen Tagen der Segen des Himmels in
die Perlenbäche müffe gekommen sein, um deß'willen er dem
Fischer gestatten wolle, in seiner Hütte fortzuhausen. Da senkte
Margaretha die Wimpern, um die Thränen zu bergen, die
ihr nun unaufhaltsam aus den Augen quollen; sie beugte sich
nieder, und küßte das Gewand des Mannes, der mit einem
einzigen Wörtlein des Bannes Siegel löste, der so schwer auf
ihres Vaters Hütte lastete. Den wackeren Prälaten rührte der
Dank des frommen Töchterleins, und er nahm aus einer Lade
zwei blanke Silberstücke, die er mit freundlichen Worten der
Dirne reichte. Um des anwesenden Gastes willen hätte sich
diese beinahe des dargebotenen Almosens geschämt; aber sie
gedachte ihres nothleidenden Vaters, nahm es an, und verbarg
das aussteigende Roth ihrer Wangen mit ihrem Tüchlein, das
sic vor die Augen hielt, um die Thränen aufzutrocknen. Aber
mehr noch als diese Gabe drängte ihr der Antrag des Kauf-
herrn das Blut in's Gesicht, der sich mit dem Angebote an sie
wendete, daß sie Platz nehmen sollte aus seinem Wäglein,
da er ohnehin gerade nach Cham auf den Markt fahren wollte,
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Des Perlenfischers Töchterlein"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Resch, Josef
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Dienstmädchen <Motiv>
Geschenk <Motiv>
Karikatur
Abt <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 1.1845, Nr.13, S. 100
 
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