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112

Monumente

Dem Erfinder der Polka.

Der Tanz ist das Pedal bei dem großen Orgelwerke der
Liebe. — Nimm der Orgel das Pedal — den Bah: so bleibt
eine Drehorgelei; nimm der Liebe die Füsse — resp. den Tanz: so
geht und steht, hüpft und tanzt und schwebt nichts mehr in der Liebe.
Und Flügel hat eben auch nicht jeder!.

Den Werth des Tanzes hier genügend zu Preisen, liegt ausser
dem Bereiche des gegebenen Raumes; aber den bis jetzt ungekannten
Erfinder des herrlichsten der Tänze. „derPolka,“ an'S Licht zu brin-
gen, sei hiemit unsre schöne Aufgabe — sei uns Pflicht!

Wie die Dramafiker historische Personen verunstalten, ist hin-
länglich bekannt; man denke an Don Carlos, Faust, Teil,
Rumelpusf und andere. So erging es auch unserem Helden, den
Nestroy in einer seiner Possen benützte, und auf Kosten der Wahr-
heit und unsterblichen Verdienstes, ein paar schöne Seiten desselben
als Hauptsache hervorhob.

Wie viele berühmte Männer aller Zeiten, war auch er dem un-
teren Stande entsprossen; Familienverhältnisse verbieten uns aber bis
jetzt, um Niemanden zu compromittire», nähere Aufschlüffe über seine
Herkunft u. s. f. zu geben; (wir deuten in der Beziehung nur auf
das neuerdings in England geschehene Verbot der Polka auf Hofbäl-
len, was allerdings mit wichtigen diplomatischen Fragen der Jetztzeit
zusammenhängt) es genüge daher vor der Hand folgende Notiz:

Franz Zwirn, zu Anfang dieses Jahrhunderts nahe bei
Waldsassen geboren, und zusällig zu demselben Fache bestimmt,
das uns etliche Jahrzehente zuvor den Erfinder des Frackes schenkte,
war schon in zartester Jugend ein Liebling Terpsichorens, und
mußte im 16. Jahre wegen einer Ehrensache, die er mit einem
Schusterlehrling hatte, über die Grenze flüchten. Wir treffen ihn
ein paar Jahre später auf dem Prager Nationaltheater als Sta-
tistiker und Partner unter dem angenommenen Namen: Tresak,
mehr ausser, als auf der Bühne bekannt, als so eine Art Don
Juan. Man erinnere sich an die damaligen eleganten Balle im
Convikt-Saale aus der Altstadt. In diese Zeit fällt auch die ei-
gentliche Erfindung der Polka. Wieder ein paar Jahre später
finden wir ihn in Warschau mit der Frau eines Kaufmannes
durchgehend; jetzt ist er — wenigstens bürgerlich — tobt, und
tanzt in Amerika oder sonst wo — Polka. —

Die Galoppade ist ein türkisch-jäher Angriff auf das Mädchen-
herz — viel Geschrei und Lärm aber auch mit dem ersten Sturme
abgeschlagen: der Polka hingegen, der schmachtend fordernden, wider-
steht kein Mädchenhcrz — dieses glückliche Milieu zwischen Tanz und
festem Sturmschritt, dieses süsse Schwanken zwischen Walzer und
Polnisch, das gemüthliche Deutsche und pikante slavische Element so

reizend — so herrlich verschmolzen — ach!.

Und was du liebst, wovon dir das Herz voll — davon geht dir
der Mund über; — unsre deutsche Sprache ist wieder um ein paar
schöne Worte reicher geworden: „ich polke, polk du, gepolkt, polten,“
wird indes nicht nur vom Taigen gebraucht, sondern auch als Schmei-
chellaut, als Liebes-Diminutivchen, Kosewort, und kann überhaupt
alles bedeuten, aber immer nur Freudiges, Angenehmes, so z. B.
„warum polkst du mich so an?“ (statt, schaust du mich so schmach-
tend an) oder „sie hat so etwas PolkendeS in ihrem Blick“ (statt,
Reizendes) sodann „Polkine“ (als Mädchenname) „Herzens-Pol-
kerl“ u. s. f. —

Was schlüßlich die Ausstattung des Monumentes betrifft, so
sind die jetzt leeren Herzen an der Säule eben so viele Rahmen für
die Namen ausgezeichneter Polkisten und Polkistinnen, oder solcher, die
bei der Polka ihre Herzen verloren, und die der ComitL in frankir-
ten Briefen gefälligst überpolkt werden mögen.

Redaction: LaSp. Brau« und Friedr. Schneider. — München, Verlag von Braun & Schneider.

— Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei von Dr. C Wolf & Sohn in München.
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Monumente"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
"Dem Erfinder der Polka"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Spitzweg, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Polka
Denkmal <Motiv>
Tanz
Karikatur
Erfinder <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 1.1845, Nr.14, S.112
 
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