Die Naturalisten.
er Gemäldehändler Severin Smartmann hatte sich in
f/J letzter Zeit auf die naturalistische Malerei geworfen. Da
Jdie Specialität iit der Kunst im Allgemeinen, und die
Speeialität des Naturalismus im Besonderen gerade modern war,
so hatte Herr Smartmann diese Speeialität mit Erfolg zu seiner
eigenen gemacht.
Eines Tages beschied er drei hervorragende naturalistische Maler
zu sich und sagte ihnen Folgendes: „Meine Herren! Wir müssen
'mal etlvas thun, um unserer großen Sache einen kleinen Auf-
schwung zu geben. Ich habe die Absicht, eine Couenrreuz zwischen
Ihnen, meine Herren, zn eröffnen. Der Sieger erhält für sein
Bild zehntausend Mark, mit Abzug von zehn Procent Provision
für inich. Wie denken Sie darilber, meine Herren'?"
Die drei Maler dachten sehr gut darüber und baten um nähere
Angaben.
„Also, meine Herren", fuhr Herr Smartmann fort, „das Süjet
des Concurreuzbildcs ist ein Misthaufen. Wer von Ihnen diesen
am natürlichsten malt, erhält den Preis!"
„Sehr gut", sagte der Naturalist Müller.
„Ausgezeichnet", sagte der Naturalist Meier.
„Brillant!" sagte der Naturalist Schulze.
Darauf stellten die Herren mit ihrem Auftraggeber noch einige
nähere Bedingungen fest, gingen nach Hause und inalten. — —
Genau zur festgesetzten Zeit erschienen die Maler mit ihren
Bildern bei Herrn Smartmann.
Dieser betrachtete lange und genau die Kunstwerke. Dann
sagte er: „Herr Müller, ich mache Ihnen mein Coinpliment. Ganz
ausgezeichnet! Vortrefflich! Diese wunderbare Farbengebung in
dem faulenden Stroh, diese entzückende Beleuchtung des Düngers!..
Und, Herr Schulze, wahrhaftig, Ihr Bild ist auch vorzüglich!
Ganz herrlich! Es wird einem ordentlich übel! . . Und nun gar
erst Herr Meier! Ah, unübertrefflich!"
Jetzt schnüffelte Herr Smartmann plötzlich in der Luft herum.
„Herr Meier, Ihr Bild riecht ja sogar nach Mist!"
„So ist cs, Herr Smartmann", entgegnete Herr Meier, indem
er in seinem bekannten bescheidenen Stolze den Kopf in den Nacken
warf. „So ist es! Ich habe ein Odeur in meine Farben gemischt,
das die künstlerische Illusion vollkommen macht."
-„Ganz ausgezeichnet!" rief cnthusiasmirt Herr Smartmann,
indem er gierig immer wieder von einem Bilde auf's andere sah.
„Meine Herren, ich bin außer mir, aber ich kann keinem Bilde
den Preis zuerkennen. Sie sind alle drei gleich vortrefflich und
naturgetreu!"
„Schwindel!" sagte Herr Meier, der Herrn Smartmann am
längsten kannte.
„Oh nein, wirklich nicht! Hier muß die Kritik verzweifeln,
hier könnte nur — ha, ich hab's! Meine Herren, hören Sie mich
an! Wir gehen auf's Dorf mit den Bildern; wir bringen die
Bilder einem Schwein vor die Augen, dann werden wir sehen,
welches Bild das natürlichste ist!"
„Ich bedau're", sagte kühl Herr Meier; „das Schwein wird
mein Bild eapnt machen."
„Bravo! Ausgezeichnet!" schrie Herr Smartmann und sprang
in die .Höhe. „Das wäre eine Reelame — eine Kritik, wollte ich
sagen. Abgemacht, meine Herren! Derjenige von Ihnen, dessen Bild
von dem Schwein eapnt gemacht wird, erhält den Preis von zehn-
tausend Mark ohne Abzug von Provision. Nun packen Sie Ihre
Bilder ein und kommen Sie mit nur nach Pöppendorf!" — -
Der Gastwirth und Ackerbaubeflisseue Christoph Kniesebeck
Halt zu schlau!"
er Gemäldehändler Severin Smartmann hatte sich in
f/J letzter Zeit auf die naturalistische Malerei geworfen. Da
Jdie Specialität iit der Kunst im Allgemeinen, und die
Speeialität des Naturalismus im Besonderen gerade modern war,
so hatte Herr Smartmann diese Speeialität mit Erfolg zu seiner
eigenen gemacht.
Eines Tages beschied er drei hervorragende naturalistische Maler
zu sich und sagte ihnen Folgendes: „Meine Herren! Wir müssen
'mal etlvas thun, um unserer großen Sache einen kleinen Auf-
schwung zu geben. Ich habe die Absicht, eine Couenrreuz zwischen
Ihnen, meine Herren, zn eröffnen. Der Sieger erhält für sein
Bild zehntausend Mark, mit Abzug von zehn Procent Provision
für inich. Wie denken Sie darilber, meine Herren'?"
Die drei Maler dachten sehr gut darüber und baten um nähere
Angaben.
„Also, meine Herren", fuhr Herr Smartmann fort, „das Süjet
des Concurreuzbildcs ist ein Misthaufen. Wer von Ihnen diesen
am natürlichsten malt, erhält den Preis!"
„Sehr gut", sagte der Naturalist Müller.
„Ausgezeichnet", sagte der Naturalist Meier.
„Brillant!" sagte der Naturalist Schulze.
Darauf stellten die Herren mit ihrem Auftraggeber noch einige
nähere Bedingungen fest, gingen nach Hause und inalten. — —
Genau zur festgesetzten Zeit erschienen die Maler mit ihren
Bildern bei Herrn Smartmann.
Dieser betrachtete lange und genau die Kunstwerke. Dann
sagte er: „Herr Müller, ich mache Ihnen mein Coinpliment. Ganz
ausgezeichnet! Vortrefflich! Diese wunderbare Farbengebung in
dem faulenden Stroh, diese entzückende Beleuchtung des Düngers!..
Und, Herr Schulze, wahrhaftig, Ihr Bild ist auch vorzüglich!
Ganz herrlich! Es wird einem ordentlich übel! . . Und nun gar
erst Herr Meier! Ah, unübertrefflich!"
Jetzt schnüffelte Herr Smartmann plötzlich in der Luft herum.
„Herr Meier, Ihr Bild riecht ja sogar nach Mist!"
„So ist cs, Herr Smartmann", entgegnete Herr Meier, indem
er in seinem bekannten bescheidenen Stolze den Kopf in den Nacken
warf. „So ist es! Ich habe ein Odeur in meine Farben gemischt,
das die künstlerische Illusion vollkommen macht."
-„Ganz ausgezeichnet!" rief cnthusiasmirt Herr Smartmann,
indem er gierig immer wieder von einem Bilde auf's andere sah.
„Meine Herren, ich bin außer mir, aber ich kann keinem Bilde
den Preis zuerkennen. Sie sind alle drei gleich vortrefflich und
naturgetreu!"
„Schwindel!" sagte Herr Meier, der Herrn Smartmann am
längsten kannte.
„Oh nein, wirklich nicht! Hier muß die Kritik verzweifeln,
hier könnte nur — ha, ich hab's! Meine Herren, hören Sie mich
an! Wir gehen auf's Dorf mit den Bildern; wir bringen die
Bilder einem Schwein vor die Augen, dann werden wir sehen,
welches Bild das natürlichste ist!"
„Ich bedau're", sagte kühl Herr Meier; „das Schwein wird
mein Bild eapnt machen."
„Bravo! Ausgezeichnet!" schrie Herr Smartmann und sprang
in die .Höhe. „Das wäre eine Reelame — eine Kritik, wollte ich
sagen. Abgemacht, meine Herren! Derjenige von Ihnen, dessen Bild
von dem Schwein eapnt gemacht wird, erhält den Preis von zehn-
tausend Mark ohne Abzug von Provision. Nun packen Sie Ihre
Bilder ein und kommen Sie mit nur nach Pöppendorf!" — -
Der Gastwirth und Ackerbaubeflisseue Christoph Kniesebeck
Halt zu schlau!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Erlaubte Grenze"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1894 - 1894
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 100.1894, Nr. 2540, S. 138
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg