Galant.
142
fHürbe gern dir Rosen pflücken,
Doch der Nutzen scheint gering,
Denn mit Rosen — Rosen schmücken,
Ist ein überflüssig' Ding.
G. W.
Braut r ege l.
üfommt dir Einer kalt entgegen,
Laß' ihn laufen ohne Scheu!
Nur die Wärme bringt zuwegen
Lenz und Liebe, Mai und Treu'.
G. W.
Ein Rendezvous im Sommer 1896.
WWW
■llllil
„. . . Um 7 Uhr, genau an dieser Ecke, hat sie gesagt, soll ich sie erwarten.
Erkennungszeichen: Unauf gespannt er Regenschirm ... Ob sie wohl kommen wird?"
Der kluge Sohn.
Mm fernen Morgenlande lebte ein
reicher Mann, dem der Himmel
zu gleicher Zeit drei kräftige Söhne ge-
schenkt hatte. — Als dieselben heran-
gewachsen waren, ries sie der Vater eines
Tages zu sich und sprach zu ihnen: „Ihr
seid jetzt groß und stark geworden und
steht mir im Geschäfte hülfreich zur Hand.
Da Ihr Euch aber nicht immer so ver-
traget, wie es Brüder eigentlich sollen,
und da ich nicht weiß, wem von Euch
ich einmal das Geschäft übergeben soll,
da Ihr alle Drei eines Alters seid, so
habe ich beschlossen, dasselbe Demjenigen
zu übertragen, der mir nach drei Jahren
die größte, ihm selbst gehörige Summe
Geldes ausweisen kann." —
Set und Phrat waren mit dem Vor-
schläge ihres Vaters völlig einverstanden,
denn sie hatten sich zu strebsamen Kauf-
leuten herangebildet, und zogen getrosten
Muthes in die Ferne, um ihr Glück zu
versuchen.
Während jeder der beiden Brüder
bis in die späte Nacht arbeitete, dürftig
sich kleidete, kümmerlich sich nährte und
Heller zu Heller, Thaler zu Thaler legte,
trieb sich Ali, der letztgeborene, in den
Wirthshäusern seines Heimatortes umher
und machte Schulden über Schulden.
Ein Jeder borgte ihm gern, denn man
wußte, daß der Vater der reichste Mann
der Stadt war. Dieser war betrübt, daß
sein ihm liebster Sohn die Schwelle seines
Hauses mied, obwohl er die Mauern
seiner Vaterstadt nicht verlassen hatte,
und mit Bangen sah er der Zukunft
entgegen. —
Kurz vor Ablauf der drei Jahre
erfuhr der Vater eines Tages, daß Ali
plötzlich von dannen gezogen sei, nach-
dem er zuvor sämmtliche Schulden getilgt
hatte. Wohin er sich begeben, wußte
Niemand. —
Als die verabredete Frist abgelaufen
war, stellten sich Set und Phrat im
Hause ihres Vaters ein und breiteten
vor diesem die Schätze aus, die sie in
den drei Jahren erspart hatten. Sie
hatten Beide fast gleich viel, und der
Vater sprach seine Freude und Zufrieden-
heit aus. Da trat plötzlich Ali in's
Zimmer, reich in Sammt und Seide
gekleidet, strahlend von Brillanten; zwei
Diener begleiteten ihn und schütteten
vor den Augen der überraschten Brüder
und des vor Verwunderung sprachlos
dasitzenden Vaters den Inhalt mehrerer
Säcke aus einen Teppich aus. Der Glanz
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fHürbe gern dir Rosen pflücken,
Doch der Nutzen scheint gering,
Denn mit Rosen — Rosen schmücken,
Ist ein überflüssig' Ding.
G. W.
Braut r ege l.
üfommt dir Einer kalt entgegen,
Laß' ihn laufen ohne Scheu!
Nur die Wärme bringt zuwegen
Lenz und Liebe, Mai und Treu'.
G. W.
Ein Rendezvous im Sommer 1896.
WWW
■llllil
„. . . Um 7 Uhr, genau an dieser Ecke, hat sie gesagt, soll ich sie erwarten.
Erkennungszeichen: Unauf gespannt er Regenschirm ... Ob sie wohl kommen wird?"
Der kluge Sohn.
Mm fernen Morgenlande lebte ein
reicher Mann, dem der Himmel
zu gleicher Zeit drei kräftige Söhne ge-
schenkt hatte. — Als dieselben heran-
gewachsen waren, ries sie der Vater eines
Tages zu sich und sprach zu ihnen: „Ihr
seid jetzt groß und stark geworden und
steht mir im Geschäfte hülfreich zur Hand.
Da Ihr Euch aber nicht immer so ver-
traget, wie es Brüder eigentlich sollen,
und da ich nicht weiß, wem von Euch
ich einmal das Geschäft übergeben soll,
da Ihr alle Drei eines Alters seid, so
habe ich beschlossen, dasselbe Demjenigen
zu übertragen, der mir nach drei Jahren
die größte, ihm selbst gehörige Summe
Geldes ausweisen kann." —
Set und Phrat waren mit dem Vor-
schläge ihres Vaters völlig einverstanden,
denn sie hatten sich zu strebsamen Kauf-
leuten herangebildet, und zogen getrosten
Muthes in die Ferne, um ihr Glück zu
versuchen.
Während jeder der beiden Brüder
bis in die späte Nacht arbeitete, dürftig
sich kleidete, kümmerlich sich nährte und
Heller zu Heller, Thaler zu Thaler legte,
trieb sich Ali, der letztgeborene, in den
Wirthshäusern seines Heimatortes umher
und machte Schulden über Schulden.
Ein Jeder borgte ihm gern, denn man
wußte, daß der Vater der reichste Mann
der Stadt war. Dieser war betrübt, daß
sein ihm liebster Sohn die Schwelle seines
Hauses mied, obwohl er die Mauern
seiner Vaterstadt nicht verlassen hatte,
und mit Bangen sah er der Zukunft
entgegen. —
Kurz vor Ablauf der drei Jahre
erfuhr der Vater eines Tages, daß Ali
plötzlich von dannen gezogen sei, nach-
dem er zuvor sämmtliche Schulden getilgt
hatte. Wohin er sich begeben, wußte
Niemand. —
Als die verabredete Frist abgelaufen
war, stellten sich Set und Phrat im
Hause ihres Vaters ein und breiteten
vor diesem die Schätze aus, die sie in
den drei Jahren erspart hatten. Sie
hatten Beide fast gleich viel, und der
Vater sprach seine Freude und Zufrieden-
heit aus. Da trat plötzlich Ali in's
Zimmer, reich in Sammt und Seide
gekleidet, strahlend von Brillanten; zwei
Diener begleiteten ihn und schütteten
vor den Augen der überraschten Brüder
und des vor Verwunderung sprachlos
dasitzenden Vaters den Inhalt mehrerer
Säcke aus einen Teppich aus. Der Glanz
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Rendezvous im Sommer 1896"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 105.1896, Nr. 2671, S. 142
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg