Der Stuhl.
Ein kunstgewerbliches Lehrgedicht.
Der Atuhl.
\\
6.
Ein Stuhl, den man nicht rücken kann
(Es (ei mit Hülfe von drei Mann),
Der dich genirt bei'm Armauftegen
Der schön geschnitzten Lehne wegen.
Der dich in Sitz und Rücken preßt
Und schmerzhaft tätowirt entläßt —
Das ist ein Stuhl im gotIch sehen Stil.
den Gerüchen, deren man
JuA Gei'm Sitzen nicht entbehren kann,
Gehört der Stuhl. Wer ihn erdacht,
Dies birgt uns grauer Zeiten Nacht.
Rur das ist ohne Weit'res klar,
Daß ein „gesetzter" Mann es war.
2.
Die Form des Stuhl's ist mannigfaltig.
Heut' trifft man ihn so vielgestaltig,
Daß der kauftuft'ge Mrgersmann
Uur schwer fnrecht sich finden kann:
Wetz' Stils ein Stuhl ist uiid woher,
Ob vornehm oder ordinär.
Daß er dies immer mehr erreiche,
Nachfolgend ein'ge Fingerzeige.
8.
Aon manchem Stuhl läßt sich am Schaden
Reim pro besitz der Stil errathen:
Geschädigt 's ihn — ist er japanisch.
Lcid'st aber dn dabei — romanisch.
9.
Loilis L'eize sei, ob Empire
Ein Stuhl — das liegt allein bei dir.
Gilt du für Letzt'rcs, wird sogleich
Ein jeder Stuhl: Stil Gai (erreich.
Nnd umgekehrt ivird demgemäß
Ein jeder Stuhl: Stil Louis Seife.
Perkäufer, die 's Geschäft vcrsteh'n,
Gewirken dies — im Handumdreh'n.
Georg Lütticher.
3.
Zunächst wird festzuftellen sein,
Was hochfein, fein heißt und gemein.
* *
Ein Stuhl, auf dem es angenehm
Sich fitzt, behaglich und bequem,
Der dir gestattet, dich zu dehnen
Und seit- wie rückwärts anzulehnen,
Der „handlich" ist Mt einem Worte —
Das ist die ordinäre Sorte.
4.
griffst du dagegen einen an,
Auf den man sich nicht setzen kann,
(Auf keine Art, wie er auch steht,
Ob aufrecht oder umgedreht) —
Das ist ein „Zierftuht", lieber Sohn,
tllnd steht ästhetisch höher schon.
5.
Das höchste aber der Gefühle
Erweckt ein Stuhl in echtem Stile!
Der Stile aber gibt es mehr.
Sie kenntlich machen dir, ist schwer.
Versuchen wir's in großen Zügen!
Vielleicht wird Folgendes genügen:
7.
Erweckt ein Stuhl dir das Gefühl,
Daß er zusammenbrechen müsse —
Dann ist er „englisch" — dieses wisse! -
p. s. Geiläufig, wenn er wirklich bricht:
Den Gun st w erth alterirt das nicht.
Ein kunstgewerbliches Lehrgedicht.
Der Atuhl.
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6.
Ein Stuhl, den man nicht rücken kann
(Es (ei mit Hülfe von drei Mann),
Der dich genirt bei'm Armauftegen
Der schön geschnitzten Lehne wegen.
Der dich in Sitz und Rücken preßt
Und schmerzhaft tätowirt entläßt —
Das ist ein Stuhl im gotIch sehen Stil.
den Gerüchen, deren man
JuA Gei'm Sitzen nicht entbehren kann,
Gehört der Stuhl. Wer ihn erdacht,
Dies birgt uns grauer Zeiten Nacht.
Rur das ist ohne Weit'res klar,
Daß ein „gesetzter" Mann es war.
2.
Die Form des Stuhl's ist mannigfaltig.
Heut' trifft man ihn so vielgestaltig,
Daß der kauftuft'ge Mrgersmann
Uur schwer fnrecht sich finden kann:
Wetz' Stils ein Stuhl ist uiid woher,
Ob vornehm oder ordinär.
Daß er dies immer mehr erreiche,
Nachfolgend ein'ge Fingerzeige.
8.
Aon manchem Stuhl läßt sich am Schaden
Reim pro besitz der Stil errathen:
Geschädigt 's ihn — ist er japanisch.
Lcid'st aber dn dabei — romanisch.
9.
Loilis L'eize sei, ob Empire
Ein Stuhl — das liegt allein bei dir.
Gilt du für Letzt'rcs, wird sogleich
Ein jeder Stuhl: Stil Gai (erreich.
Nnd umgekehrt ivird demgemäß
Ein jeder Stuhl: Stil Louis Seife.
Perkäufer, die 's Geschäft vcrsteh'n,
Gewirken dies — im Handumdreh'n.
Georg Lütticher.
3.
Zunächst wird festzuftellen sein,
Was hochfein, fein heißt und gemein.
* *
Ein Stuhl, auf dem es angenehm
Sich fitzt, behaglich und bequem,
Der dir gestattet, dich zu dehnen
Und seit- wie rückwärts anzulehnen,
Der „handlich" ist Mt einem Worte —
Das ist die ordinäre Sorte.
4.
griffst du dagegen einen an,
Auf den man sich nicht setzen kann,
(Auf keine Art, wie er auch steht,
Ob aufrecht oder umgedreht) —
Das ist ein „Zierftuht", lieber Sohn,
tllnd steht ästhetisch höher schon.
5.
Das höchste aber der Gefühle
Erweckt ein Stuhl in echtem Stile!
Der Stile aber gibt es mehr.
Sie kenntlich machen dir, ist schwer.
Versuchen wir's in großen Zügen!
Vielleicht wird Folgendes genügen:
7.
Erweckt ein Stuhl dir das Gefühl,
Daß er zusammenbrechen müsse —
Dann ist er „englisch" — dieses wisse! -
p. s. Geiläufig, wenn er wirklich bricht:
Den Gun st w erth alterirt das nicht.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Eskimo-Schwiegermutter und die Eisbären"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 108.1898, Nr. 2739, S. 41
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg