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Die bequeme Jagd. *<&r=^J

Pu einem schönen
Sommerabend
saßen etliche Bürger fried-
lich bei der kühlen Keller-
Maß und unterhielten sich
in gewohnter Weise. Sie
räsonnirten über den hoch-
weisen Magistrat, schimpf-
ten über die Trambahn
und verbesserten sämmt-
liche Neubauten der Stadt.
Die hiebei zu Tage treten-
den Meinungsverschieden-
heiten wirkten ungemein
anregend auf den Durst der
Gesellschaft; die Stimm-
ung wurde immer besser.
Nachdem die öffentlichen
Angelegenheiten erledigt
waren, fing mair an, sich
gegenseitig in scherzhafter
Weise aufzuziehen, wobei
die persönlichen Liebhaber-
eien des Einzelnen will-
kommenen Stoff boten.

„Daß Sie heut' nicht
drauß' sind, Herr Bach-
hubcr, bei dem Wetter!"
rief ein älterer Herr seinem
gegenübersitzenden Tischgenossen, einem stämmigen Fünfziger, zu,
der behaglich seine Pfeife rauchte und sich nur wenig an der
Unterhaltung betheiligt hatte. „Sie haben doch ein so schönes
Jagderl — gleich bei der Stadt — so bequem!" — „Hören S'
auf, lassen S' nur mei' Ruh' mit der Bequemlichkeit", entgegnet
mit eigenthümlicher Betonung der Herr Bachhuber. „Ich hab's
auf'geben, wcil's zu bequem is!" — „Was? die schöne Jagd,
die Sie erst vor an' halben Jahr' 'pacht't hab'n? Is s' Ihnen
ebber z' theuer word'n?" — Das waren die Fragen, welche nunmehr
in rascher Folge gestellt wurden. Sichtlich geärgert, erwiderte Bach-
huber: „Z' theuer is mir nix, was mi' freut, Herr Meier — das
merken S' Ihnen; aber z'dumm is mir die G'schicht' 'word'n, und
da Hab' i' nimmer mög'n!" — „Was, z' dumm? Das is aber
g'spassig — das müssen S' uns schon verzähl'n!" hieß es. Bach-
huber brninmte ein paar unverständliche Worte, that einen tiefen
Schluck ans dem frischgefüllten Kruge und begann: „Es is fei'
Schad' net, wenn Sie's wissen, meine Herren, und derentwegen
will ich's Ihnen verzählen!

Im Februar is die Jagd versteigert wor'n, und i' Hab' s'
natürli' 'kriegt, denn auslass'n hätt' i' net um's Sterben, und
wenn f noch so hoch 'nauf'ganga wär'. I' Hab' mir denkt, eine
so bequeme Jagd kommt mir nimmer in d' Hand — net weit
von der Stadt und doch so ziemli' drauß'n, daß der Stadtlärm
net hinkann; mit mein' Zeugl bin i' in einem Stünderl mitt'n im
Revier; Sach' is g'nug d'rin — also Hab' i' mir denkt, da fehlt
nix'n! I' Hab' mi' scho' g'sreut auf die Birsch, auf'n Anstand
und auf's Blatt'n. Mei' Jaga hat mir die besten Bericht' g'macht,
und i' Hab' auf a' Dutzend Böck' sicher g'rechnet. I' Hab' mir
einen sehr schönen Hochstand richt'n lassen und Hab' mir denkt,
da butz'st die Burschen nur g'rad' so weg. —

Die ersten Tag' vom Juli geh' i' wieder amal 'naus — es war

au einem Samstag Abend — und schleich' mi' auf mein' Hochstand
zu. Wie i' in die Näh' komm', hör' i' auf einmal Jemand
red'n — und i' renn' voller Gift zum Hochstand hin. Was muß
i' seh'u? Auf mei'm Hochstaud droben steht Einer, der halt' eine
Red'! G'rad' schreit er: „Ja, meine lieben Zuhörer, das ist die
Ursache, warum die Menschen immer weiter herunterkommen I" —
„Was", schrei' i' hinauf, „mach'n lieber Sie, daß Sie da 'runter-
komma — was hab'n denn Sie da drob'n z'thun?" — Meine Herr'n,
der is' weiters net erschrock'n, und mänserlstaad is' er 'runterkraxelt
. . . und wer war's? Der Herr Koop'rata vom Dorf — der hat
sei' Predi' für'n ander'n Tag ei'studirt! „Aber was fallt Ihnen
denn ein, Herr Koop'rata", sag' i', „mir den Jagdgang so z'ver-
derb'n?" Wie der sieht, daß i' der verdächtige Mensch net war,
für den er mi' g'halt'n hat, waar' er no' bald beleidigt auch
g'wesen, daß ich ihn g'stört Hab'. Mir hab'n uns da a' bis'l
ausananderg'setzt; aber grob darfst d' in dem Fall leider net sein
und so Hab' i' halt auf den Abend Verzicht' und bin heim. —

Die nächsten zwei Tag' hat's g'schütt', wie mit Küb'l, und
da Hab' i' net d'ran denk'n können, 'nausz'geh'n, aber am Dienstag
bin ich schon früher fort und Hab' mi' ang'stellt. 's Platzl war
prächti', i' Hab' a' wunderschöne Deckung g'habt, der Wind war
auch gilt — da denk' i' mir: „Kunnt'st 's amal mit'n Blatt'n
probir'n!" I' nehm' z'erst den Fipblatter und thu' recht er-
bärmli' — es rührt si' nix'n! . . Wart' nur, denk' i', jetzt
verzähl' i' enk was ander's und nehm' den G'schreiblatter. Da
Hab' i' die Geis markiert — großartig; wenn er da net kimmt,
sag' i' mir, nachher hat er kein Herz! . . Nix is g'wesen! Jetzt
Hab' i' z'sammpackt und bin am Katz'nschlag 'nunter, Hab' mi' hin-
g'setzt und wieder 'blas'n — so schön, wia ma' nur blas'n kann,
fast a' halbe Stund' lang . . . a' richtiger Musikant haltet's ohne
Bier so lang gar net aus. Auf einmal rumpelt's im Boschen
d'rin, es kommt näher — i' bin gl ei' mit der Bix'n aufg'fahr'n

— was kommt außa? Die Schwammerlwabn mit ihrer Groß-

nrnttern, die no' mit'n nächst'n Zug in d' Stadt 'neig'wollt't hab'n!
Ich war kreuzfnchti', die aber haben 'than, als ob i' a' wirklicher
Raubmörder wär'! . . Was wir uns g'sagt hab'n, hat g'langt —
sie hab'n mi' später no' verklagt, und i' Hab' zahl'n auch no'
müss'n! — Damit war's aber no' net gar. Außer die Schwammerl-
weiber sau mir no' a' Schullehrer und zwoa alte Fräul'n auf's
Blatt'n g'sprungen, so daß i' z'letzt vor lauter Zorn mein' neue,:
Blatter, der mi' fünf Mark 'kost't hat, in's Korn g'schmiss'n Hab'.
Freili' hat's mi' glei' d'rauf g'reut; i' bill in's Feld 'nei' und
hab'n g'sucht, aber g'fnnden hätt' i'n nimmer, net um d' Welt!
Derweil is's Abend wor'n; i' denk' mir: kannst di' am End' no'

am Klee bei'm Straßl ansetzen — vielleicht hast Glück . . . Richti'

— um viertel über Achte zieht aus'm Hölzl a' ganz schöner Bock.

Jetzt fehlt nix'n mehr, denk' i' — no' 20 Schritt, nachher schnallt's!
Auf oamal macht der Bock an' Satz — weg war er! Zugleich hör'
i' von der Straß'her: „A' Rindviech bist!".. I' Hab' nix ander's
denkt, als daß das mich angeht und Hab' schon grob wer'n woll'n,
derweil war's nur a' Bauer, der mit sich selber eine Familien-
angelegenheit besprochen hat. . . Natürli' war's für heut' gar — i'
Hab' nix g'habt als Gift und Gall' und a' Flasch'l Rothwein und
an' Schinken, und dös hätt' i' dahoam viel bequemer hab'n könna.

Ein ander's Mal komm' i' zum Hochstand; da muß i' zu

mein' größt'n Aerger seh'n, daß mir so elendige Kerl' d' Leiter
fort'trag'n hab'n, und erst am nächsten Tag hat s' mein Jaga im
Kornfeld draußen g'fund'n. — Wieder et’ Mal, wia die Sach'
wieder in Ordnung war und i' auf 'n Hochstand 'nauf bin, — was
hab'n die Malefizlumpen da ang'richt'? — Nägel hab'n s' in den
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die bequeme Jagd"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1899
Entstehungsdatum (normiert)
1894 - 1904
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Jagd <Motiv>
Jäger <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 110.1899, Nr. 2810, S. 256

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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