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Hassan, der Salbenhandlcr.
I
'jSifiSBti der lITarftetfe, wo der weg noch dem Basar der Kauf*
Vysl- lcnte mit Seide und Juwelen abzweigt, stand passan, der
Salbenhändler, nnd bot die waren feil, wie sich aber das kleine
zierliche Männchen schon äußerlich viel von den meisten seiner
Genossen in ihrer derben Ungeschlachtheit unterschied, so war das
noch weit mehr in der Art der Fall, wie er seinen Handel betrieb.
Er erfüllte nicht den ganzen Markt nnd dessen Umgebung mit
Geschrei nnd der aufdringlichen Ruhmredigkeit, womit sie die
Vorzüge ihrer Sachen anpriesen. Ganz im stillen machte er
seine Geschäfte nnd diese Geschäfte gingen dabei nicht schlecht.
„Schöne Snleima" — flüsterte er und berührte leise den feinen
Schleier der Jungfrau, die mit ihrem Gazellenschritt die Gasse
überquerte — „schöne Sulcima, wenn etwas würdig wäre, den
Frühkirschenglanz Deiner Lippen zu erhöhen,
so möchte ich Dir dafür diese Salbe ans dem
zartesten Rosenöl nnd dem erlesensten Ambra-
dufte hier empfehlen!" Und Suleima, selbst
wenn sie nicht diese», sondern einen anderen
wohllautenden Namen trug, versäumte nicht,
mit sanftem Erröten nnd einem scheuen
Lächeln ein Biichschen seiner Salbe in ihrem
Beutel verschwinden zu lassen und ihm dafür
etliche Piaster in die bescheiden vorgestreckte
Band zu drücken.
„was könnte dem edlen Bart des tapfere»
Kriegers besser anstehen als meine Salbe ans
kräftigstem Zedernharz mit der Zugabe mil-
den Thymians?!" murmelte er, wenn der
stolze lhauptmann der Janitscharen vorüber-
schritt - nnd der edle Krieger mäßigte seine
Eile, warf einen wohlgefälligen Blick ans das
Dargebotene nnd steckte es mit einer gnädige»
Bandbcwcgnng gegen entsprechendes Entgelt
in den Gürtel.
„perr" — sprach lsassan in der nächsten
Minute zu dem reichen Kaufmann, der im
Erwägen wichtiger Geschäfte seinen Pfad
kreuzte - „Deine Lieblingsgattin, die herr-
liche Zoraide mit dem Alabasterantlitz, vom
Schein des bleichen Mondes iibertant, wird
ihrem pcrrn nnd Gebieter hold lächeln wie
die Abendsonne den ausgehenden Gestirnen
der Mainacht, wenn Du ihr diese köstliche
Salbe überreichst, die ihren Lilienivangen.den
magischen Glanz junger Pfirsichbliitcn ver-
leiht!"
Und der reiche Kaufmann blieb stehen
uui) wog die angepriesene Ware mit einem
blinkenden Goldstück ans.
So wußte er für jede nnd jeden etwas
anderes — und wenn er abends seine Schätze
ordnete und in der diebessicheren Lade ver-
schloß, schmunzelte passan nnd war mit dem
Ergebnis sehr zufrieden.
Als er aber wieder einmal feine waren
anfränmtc, stand Muley vor ihm, der weife
Derwisch, schüttelte mißbilligend das würdige
lhanpt und sprach im Tone strafender Ent-
rüstung: „Pfui! Seit langem beobachte ich
Dich nnd sehe, wie Du die Eigenliebe all der Menschen ausnützest,
die tagsüber bei Dir vorüberwandern! Bder willst Dn etwa
bestreiten, daß Du alle die Salben, die Dn so verschiedenen
mit den erdenklichsten Wirkungen anpreisest, insgesamt
ans dem nämlichen Topfe nimmst?!"
Da senkte passan demütig das Panpt nnd sprach mit leiser
zerknirschter Stimme: „Dn Weiser aller weisen, was vermöchte
Deinem Adlerblicke zn entgehe»?! Aber Dn kennst auch die
Eitelkeit der Menschen und verstehst, zn würdigen, welch'
mächtige Versuchung darin für einen armen Mann liegt, der von
den wenigen Denaren, die er hier verdient, sein und der Seinigen
Dasein fristen muß!"
Der weise betrachtete ihn stumm und strich sich im Gefühl
Hassan, der Salbenhandlcr.
I
'jSifiSBti der lITarftetfe, wo der weg noch dem Basar der Kauf*
Vysl- lcnte mit Seide und Juwelen abzweigt, stand passan, der
Salbenhändler, nnd bot die waren feil, wie sich aber das kleine
zierliche Männchen schon äußerlich viel von den meisten seiner
Genossen in ihrer derben Ungeschlachtheit unterschied, so war das
noch weit mehr in der Art der Fall, wie er seinen Handel betrieb.
Er erfüllte nicht den ganzen Markt nnd dessen Umgebung mit
Geschrei nnd der aufdringlichen Ruhmredigkeit, womit sie die
Vorzüge ihrer Sachen anpriesen. Ganz im stillen machte er
seine Geschäfte nnd diese Geschäfte gingen dabei nicht schlecht.
„Schöne Snleima" — flüsterte er und berührte leise den feinen
Schleier der Jungfrau, die mit ihrem Gazellenschritt die Gasse
überquerte — „schöne Sulcima, wenn etwas würdig wäre, den
Frühkirschenglanz Deiner Lippen zu erhöhen,
so möchte ich Dir dafür diese Salbe ans dem
zartesten Rosenöl nnd dem erlesensten Ambra-
dufte hier empfehlen!" Und Suleima, selbst
wenn sie nicht diese», sondern einen anderen
wohllautenden Namen trug, versäumte nicht,
mit sanftem Erröten nnd einem scheuen
Lächeln ein Biichschen seiner Salbe in ihrem
Beutel verschwinden zu lassen und ihm dafür
etliche Piaster in die bescheiden vorgestreckte
Band zu drücken.
„was könnte dem edlen Bart des tapfere»
Kriegers besser anstehen als meine Salbe ans
kräftigstem Zedernharz mit der Zugabe mil-
den Thymians?!" murmelte er, wenn der
stolze lhauptmann der Janitscharen vorüber-
schritt - nnd der edle Krieger mäßigte seine
Eile, warf einen wohlgefälligen Blick ans das
Dargebotene nnd steckte es mit einer gnädige»
Bandbcwcgnng gegen entsprechendes Entgelt
in den Gürtel.
„perr" — sprach lsassan in der nächsten
Minute zu dem reichen Kaufmann, der im
Erwägen wichtiger Geschäfte seinen Pfad
kreuzte - „Deine Lieblingsgattin, die herr-
liche Zoraide mit dem Alabasterantlitz, vom
Schein des bleichen Mondes iibertant, wird
ihrem pcrrn nnd Gebieter hold lächeln wie
die Abendsonne den ausgehenden Gestirnen
der Mainacht, wenn Du ihr diese köstliche
Salbe überreichst, die ihren Lilienivangen.den
magischen Glanz junger Pfirsichbliitcn ver-
leiht!"
Und der reiche Kaufmann blieb stehen
uui) wog die angepriesene Ware mit einem
blinkenden Goldstück ans.
So wußte er für jede nnd jeden etwas
anderes — und wenn er abends seine Schätze
ordnete und in der diebessicheren Lade ver-
schloß, schmunzelte passan nnd war mit dem
Ergebnis sehr zufrieden.
Als er aber wieder einmal feine waren
anfränmtc, stand Muley vor ihm, der weife
Derwisch, schüttelte mißbilligend das würdige
lhanpt und sprach im Tone strafender Ent-
rüstung: „Pfui! Seit langem beobachte ich
Dich nnd sehe, wie Du die Eigenliebe all der Menschen ausnützest,
die tagsüber bei Dir vorüberwandern! Bder willst Dn etwa
bestreiten, daß Du alle die Salben, die Dn so verschiedenen
mit den erdenklichsten Wirkungen anpreisest, insgesamt
ans dem nämlichen Topfe nimmst?!"
Da senkte passan demütig das Panpt nnd sprach mit leiser
zerknirschter Stimme: „Dn Weiser aller weisen, was vermöchte
Deinem Adlerblicke zn entgehe»?! Aber Dn kennst auch die
Eitelkeit der Menschen und verstehst, zn würdigen, welch'
mächtige Versuchung darin für einen armen Mann liegt, der von
den wenigen Denaren, die er hier verdient, sein und der Seinigen
Dasein fristen muß!"
Der weise betrachtete ihn stumm und strich sich im Gefühl
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Hassan, der Salbenhändler"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1915 - 1915
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 142.1915, Nr. 3639, S. 200
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg