200
rYirt Helle', golü'ne' Sonne'schein
'"*•* <£’ Schaffe un’ e' Lewe', —
Wie hänge' so voll, so voll
2m Wingert unsere Rewe'!
Trauwe'-Herbscht.
Uns kann der Hunger — meiner Seel' -
Un' aa' der Dorscht nit quäle'.
Der liewe Herrgott hot gesorgt,
Daß es an nix ühut fehle' I
Des gebt e' Weinche' — sapperlot
Do lacht ää'm 's Her; im Buse'»
Gb es jetzt unner Kittel kloppt,
Gb unner helle' Bluse'!
Mer wolle' jedi Vhm uns aa'
Als gutes Gmen Leite',
Daß balL im Leitsche' BaLLerlanL
Die Friedensglocke' leite',
Daß all' Lie, wo im Krieg' jetzt sin'
UnL unser' Feind' besiege',
Dehääm — vum riete’ Frieden swein
Recht bald — e' Schwipsche' kriege'!
Lina Sommer.
d^6,m lvalde, wo er am dunkelsten und am lauschigsten ist, saß
einmal das Glück und weinte. — Jammer und Not hatten
es von den Menschen vertrieben. Mit rauher Hand hatte
das Leid es fortgewiesen von der Schwelle der traulichen Häuser,
wo es bisher gewohnt.
Denn die Welt seufzte unter dem Druck des Krieges und wo
das Gluck hinsah, erblickte es schaudernd Blut und viel, viel
Tränen. — Da merkte es, daß cs keine Wohnstätte mehr hatte.
Da flüchtete es sich hinauf in den Hochwald, wo es keine Menschen
gab, und meinte bitterlich. Und zwischen seinen rosigen Fingerchen
rannen leuchtende Tränen durch und wo sie zu Boden sielen, er-
wuchsen aus dem weichen Moos weiße schimmernde Blumen.
So saß es lange — lauge.
So sah es der liebe Gott.
Da rief er's vor sein Angesicht. Und das Glück stand vor
ihm mit gesenktem Köpfchen und geknickten Flügelein. Nur drei
von den weißen Blumen hatte es im Arm. Die hatte cs schnell
noch mitgenommen, weil es Blumen so lieb hatte.
Und Gottwater tat das traurige kleine Glück leid. Und
weil Gottwater für alles einen Rat weiß, sprach er: „Flieg' in
die Welt hinaus, kleines Glück, und mach' wenigstens ein paar
Menschen froh I Aber lege
ihnen nicht Rosen in den
Schoß wie sonst, sondern eine
von deinen weißen Tränen-
blumen l weißt du, ganz
ungetrübt kann deine Gabe
nicht sein, weil so viel Jam-
mer ans der Welt ist!"
Und das Glück kniete
nieder und preßte die Händ-
chen an die Brust und sah
den lieben Gott mit sei-
nen großen blauen Augen,
in denen noch ein paar
letzte Tränen schimmerten,
so dankbar an.
Da küßte cs Gott-Vater
auf die weiße Stirn. —
Dann flog das Glück davon.-
weit, weit fort trugen es seine kleinen schimmernden Flügel
chen. Und wenn cs über ein Schlachtfeld flog, bedeckte es die
Augen mit den kleinen weißen Händen.
5o kam es auf eine große blumige wiese. Müde setzte es
sich an den Rand eines Bächleins, das sich leise murmelnd dahin-
schlängelte. Die Sonne lachte vom blauen Himmel, die Bienen
summten und die vögelein jubelten ihre Lieder in die Welt hinaus
und wußten nichts von Krieg und Kummer und Leid. Da kamen
den Wiesenweg daher zwei junge Menschen gegangen.
— Ein sonnengebräunter Mann und ein Mädchen.
Er hatte eine feldgraue Uniform an. — Und vorn- an seinem
Rock war ein unscheinbares schwarz-weißes Band.
Er zog ein Bein stark nach und er stützte sich leicht ans den
Arm des Mädchens.
Sie fetzten sich auf eine Bank, die am Rande des Wegs unter
einer mächtigen alten Linde stand. - Gerade in der Nähe des
Glücks. Ganz schüchtern ging das Glück zu ihnen hin und legte
eine seiner Blumen in den Schoß des Mädchens. —
rYirt Helle', golü'ne' Sonne'schein
'"*•* <£’ Schaffe un’ e' Lewe', —
Wie hänge' so voll, so voll
2m Wingert unsere Rewe'!
Trauwe'-Herbscht.
Uns kann der Hunger — meiner Seel' -
Un' aa' der Dorscht nit quäle'.
Der liewe Herrgott hot gesorgt,
Daß es an nix ühut fehle' I
Des gebt e' Weinche' — sapperlot
Do lacht ää'm 's Her; im Buse'»
Gb es jetzt unner Kittel kloppt,
Gb unner helle' Bluse'!
Mer wolle' jedi Vhm uns aa'
Als gutes Gmen Leite',
Daß balL im Leitsche' BaLLerlanL
Die Friedensglocke' leite',
Daß all' Lie, wo im Krieg' jetzt sin'
UnL unser' Feind' besiege',
Dehääm — vum riete’ Frieden swein
Recht bald — e' Schwipsche' kriege'!
Lina Sommer.
d^6,m lvalde, wo er am dunkelsten und am lauschigsten ist, saß
einmal das Glück und weinte. — Jammer und Not hatten
es von den Menschen vertrieben. Mit rauher Hand hatte
das Leid es fortgewiesen von der Schwelle der traulichen Häuser,
wo es bisher gewohnt.
Denn die Welt seufzte unter dem Druck des Krieges und wo
das Gluck hinsah, erblickte es schaudernd Blut und viel, viel
Tränen. — Da merkte es, daß cs keine Wohnstätte mehr hatte.
Da flüchtete es sich hinauf in den Hochwald, wo es keine Menschen
gab, und meinte bitterlich. Und zwischen seinen rosigen Fingerchen
rannen leuchtende Tränen durch und wo sie zu Boden sielen, er-
wuchsen aus dem weichen Moos weiße schimmernde Blumen.
So saß es lange — lauge.
So sah es der liebe Gott.
Da rief er's vor sein Angesicht. Und das Glück stand vor
ihm mit gesenktem Köpfchen und geknickten Flügelein. Nur drei
von den weißen Blumen hatte es im Arm. Die hatte cs schnell
noch mitgenommen, weil es Blumen so lieb hatte.
Und Gottwater tat das traurige kleine Glück leid. Und
weil Gottwater für alles einen Rat weiß, sprach er: „Flieg' in
die Welt hinaus, kleines Glück, und mach' wenigstens ein paar
Menschen froh I Aber lege
ihnen nicht Rosen in den
Schoß wie sonst, sondern eine
von deinen weißen Tränen-
blumen l weißt du, ganz
ungetrübt kann deine Gabe
nicht sein, weil so viel Jam-
mer ans der Welt ist!"
Und das Glück kniete
nieder und preßte die Händ-
chen an die Brust und sah
den lieben Gott mit sei-
nen großen blauen Augen,
in denen noch ein paar
letzte Tränen schimmerten,
so dankbar an.
Da küßte cs Gott-Vater
auf die weiße Stirn. —
Dann flog das Glück davon.-
weit, weit fort trugen es seine kleinen schimmernden Flügel
chen. Und wenn cs über ein Schlachtfeld flog, bedeckte es die
Augen mit den kleinen weißen Händen.
5o kam es auf eine große blumige wiese. Müde setzte es
sich an den Rand eines Bächleins, das sich leise murmelnd dahin-
schlängelte. Die Sonne lachte vom blauen Himmel, die Bienen
summten und die vögelein jubelten ihre Lieder in die Welt hinaus
und wußten nichts von Krieg und Kummer und Leid. Da kamen
den Wiesenweg daher zwei junge Menschen gegangen.
— Ein sonnengebräunter Mann und ein Mädchen.
Er hatte eine feldgraue Uniform an. — Und vorn- an seinem
Rock war ein unscheinbares schwarz-weißes Band.
Er zog ein Bein stark nach und er stützte sich leicht ans den
Arm des Mädchens.
Sie fetzten sich auf eine Bank, die am Rande des Wegs unter
einer mächtigen alten Linde stand. - Gerade in der Nähe des
Glücks. Ganz schüchtern ging das Glück zu ihnen hin und legte
eine seiner Blumen in den Schoß des Mädchens. —
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Blumen des Glücks"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1915
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1920
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 143.1915, Nr. 3665, S. 200
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg