. Die Leberwurst hat natürlich wieder der Waldl gestohlen,
denn der Ausklopfer ist auch versteckt!"
Der Tag der- weisen und der Mareen.
war einmal ein König. Der wollte die Meisen und
die Narren seines Reiches versammeln. Er schilderte
diesen plan seinem eigenen Hofnarren, mit dem er alle
wichtigen Angelegenheiten besprach. Dieser überlegte
sich die Sache eine gute Meile. Dann meinte er: „Dn hast da
einen wackeren Einsall, Gevatter! Ich möchte Dir bloß raten:
Schenk' jedem von ihnen ein Ehrengewand von gleichem Schnitt
und gleicher Seide, damit nicht die Meisen sich über die Narren
und diese nicht sich über die Meisen erhaben dünken mögen!"
Dem König gefiel der Rat sehr wohl. Sämtliche pof- und
Leibschneider mußten noch am selben Tage mit der Anfertigung
der Lhrengewänder beginnen. Dann rief man alle Weisen nnd
Narren im Laude zusammen. Sie fanden sich in Hellen Scharen
ein und wurden freundlich mit Speise nnd Trank bewirtet und
mit den festlichen Gewändern bekleidet.
Am andern Tage aber, als die Versammlung statlfiuden sollte,
strömte viel Volk herbei. Denn der König hatte die zwei größten
Säle seines Palastes für die Tagung bestimmt, damit möglichst
viele seiner Untertanen daran teilnehmen, die tiefen Morte der
Meisen und die fröhlichen Sprüche der Narren hören und daraus
Belehrung und Unterhaltung sollten schöpfen können. Uber
jedem Rauin hing eine große Tafel, auf der in goldenen Buch-
staben hier „Saal der Meisen", dort aber „Saal der Narren" ge-
schrieben stand.
Der König begab sich bald in diese, bald in jene Versamm-
lung und hörte den Vorträgen seiner Gäste zu. Und er freute
sich der lautlosen Ehrerbietung, mit der das Volk die Morte der
Meisen vernahm, und der schallenden Fröhlichkeit, womit die Aus-
sprüche der Narren begrüßt wurden.
Als es jedoch Abend zu werden begann nnd er allgemach
ermüdete, zog sich der König mit seinem Leibnarren zu einem
guten Trunk alten Meines in seine Gemächer zurück und sagte
vergnügt, nachdem«» öHtsiuen tüchtigen Schluck genommen: „Ich
muß meinen eigenen plan loben I Alles ist vorzüglich geglückt —
hier wie dort — beide Teile haben vor sich und anderen ihre
Talente auf das trefflichste leuchten lassenI"
Da wurden vor dem Gemache lebhafte Stimmen vernehmbar
und mehrere von den Gästen, die von der Dienerschaft nicht mehr
zurückgehalten werden konnten, drangen zu dem König.
Der Tag der Meisen und der Narren. 225
Erstaunt fragte dieser: „Mas sucht Ihr hier? Warum seid
Ihr so voll Erregung nnd Unwillen?"
„perrl" sprach da der älteste von ihnen und bezwang nur
mühsam seinen Zorn. „Mir kommen im Namen aller weisen,
die Dn hiehergerufen I Denn wir wollen und können nicht länger
dulden, wie man uns hier behandelt und verhöhnt! Die tiefsten
Sprüche unserer Weisheit werden mit Hellem Jauchzen und Ge-
lächter aufgeuommen — und je mehr wir uns bemühen, die ge-
wichtigsten unserer Sätze vorzutragen, desto lauter und allgemeiner
wird die Heiterkeit l"
Ehe sich aber der König noch von seiner Verwunderung über
diese Rede erholt hatte, entstand draußen ein noch weit größerer
Lärm und mit viel heftigerem Ungestüm drang von neuem eine
Schar der Gäste in das Geinach. „Porr!" riefen sie alle zugleich
und durcheinander. „Warum kränkt und verspottet man uns
Narren so?I Unsere fröhlichsten Sprüche werden mit Toten-
stille und den Gebärden höchster Ehrerbietung und Bewunderung
empfangen — ja, wir sahen, daß etliche manchmal sogar Tränen
der Rührung in den Augen zu zerdrücken schienen" ....
vollkommen verständnislos hörte der König diese Klage».
„ Mas ist das?" rief er aber, als die Erschienenen sich vorerst
wieder zurückgezogen hatten, seinem Leibnarren zu. „Geschehen
hier Zauberdinge oder hat sich ihrer aller verstand verwirrt?!"
„Nichts von dem!" antwortete der Narr mit fröhlichem
Lächeln. „Aber sieh', Gevatter! Die Weisheit der Meisen
und die Narrheit der Narren kannte jedermann schon längst
vorher — dazu bedurfte cs nicht erst dieser feierlichen Versamm-
lung. Um den ganzen Schatz ihrer Talente zu enthüllen, mußte
etwas anderes geschehen. Darum habe ich, wie sic alle in den
Sälen waren, die Überschriften vertauscht — nnd sieh' da,
der Erfolg hat gezeigt, wieviel tiefe Weisheit doch in
der Narretei und wieviel köstliche Narretei doch in
der Weisheit steckt!"....
Der Palctotinnrdcr.
„Heda! Wo wollen Sie denn mit mcineni Überzieher hi»?
Sa eine Frechheit ist mir noch nicht vorgekommen!" — „Nun,
mm — es kann doch 'mal eine Verwechslung Vorkommen!"
Betracht» »g.
„Hart muaß's scho' sei', wennst d' so jung sterb'n muaßt und
bei' ganz' Leben lang nachher tot bist."
denn der Ausklopfer ist auch versteckt!"
Der Tag der- weisen und der Mareen.
war einmal ein König. Der wollte die Meisen und
die Narren seines Reiches versammeln. Er schilderte
diesen plan seinem eigenen Hofnarren, mit dem er alle
wichtigen Angelegenheiten besprach. Dieser überlegte
sich die Sache eine gute Meile. Dann meinte er: „Dn hast da
einen wackeren Einsall, Gevatter! Ich möchte Dir bloß raten:
Schenk' jedem von ihnen ein Ehrengewand von gleichem Schnitt
und gleicher Seide, damit nicht die Meisen sich über die Narren
und diese nicht sich über die Meisen erhaben dünken mögen!"
Dem König gefiel der Rat sehr wohl. Sämtliche pof- und
Leibschneider mußten noch am selben Tage mit der Anfertigung
der Lhrengewänder beginnen. Dann rief man alle Weisen nnd
Narren im Laude zusammen. Sie fanden sich in Hellen Scharen
ein und wurden freundlich mit Speise nnd Trank bewirtet und
mit den festlichen Gewändern bekleidet.
Am andern Tage aber, als die Versammlung statlfiuden sollte,
strömte viel Volk herbei. Denn der König hatte die zwei größten
Säle seines Palastes für die Tagung bestimmt, damit möglichst
viele seiner Untertanen daran teilnehmen, die tiefen Morte der
Meisen und die fröhlichen Sprüche der Narren hören und daraus
Belehrung und Unterhaltung sollten schöpfen können. Uber
jedem Rauin hing eine große Tafel, auf der in goldenen Buch-
staben hier „Saal der Meisen", dort aber „Saal der Narren" ge-
schrieben stand.
Der König begab sich bald in diese, bald in jene Versamm-
lung und hörte den Vorträgen seiner Gäste zu. Und er freute
sich der lautlosen Ehrerbietung, mit der das Volk die Morte der
Meisen vernahm, und der schallenden Fröhlichkeit, womit die Aus-
sprüche der Narren begrüßt wurden.
Als es jedoch Abend zu werden begann nnd er allgemach
ermüdete, zog sich der König mit seinem Leibnarren zu einem
guten Trunk alten Meines in seine Gemächer zurück und sagte
vergnügt, nachdem«» öHtsiuen tüchtigen Schluck genommen: „Ich
muß meinen eigenen plan loben I Alles ist vorzüglich geglückt —
hier wie dort — beide Teile haben vor sich und anderen ihre
Talente auf das trefflichste leuchten lassenI"
Da wurden vor dem Gemache lebhafte Stimmen vernehmbar
und mehrere von den Gästen, die von der Dienerschaft nicht mehr
zurückgehalten werden konnten, drangen zu dem König.
Der Tag der Meisen und der Narren. 225
Erstaunt fragte dieser: „Mas sucht Ihr hier? Warum seid
Ihr so voll Erregung nnd Unwillen?"
„perrl" sprach da der älteste von ihnen und bezwang nur
mühsam seinen Zorn. „Mir kommen im Namen aller weisen,
die Dn hiehergerufen I Denn wir wollen und können nicht länger
dulden, wie man uns hier behandelt und verhöhnt! Die tiefsten
Sprüche unserer Weisheit werden mit Hellem Jauchzen und Ge-
lächter aufgeuommen — und je mehr wir uns bemühen, die ge-
wichtigsten unserer Sätze vorzutragen, desto lauter und allgemeiner
wird die Heiterkeit l"
Ehe sich aber der König noch von seiner Verwunderung über
diese Rede erholt hatte, entstand draußen ein noch weit größerer
Lärm und mit viel heftigerem Ungestüm drang von neuem eine
Schar der Gäste in das Geinach. „Porr!" riefen sie alle zugleich
und durcheinander. „Warum kränkt und verspottet man uns
Narren so?I Unsere fröhlichsten Sprüche werden mit Toten-
stille und den Gebärden höchster Ehrerbietung und Bewunderung
empfangen — ja, wir sahen, daß etliche manchmal sogar Tränen
der Rührung in den Augen zu zerdrücken schienen" ....
vollkommen verständnislos hörte der König diese Klage».
„ Mas ist das?" rief er aber, als die Erschienenen sich vorerst
wieder zurückgezogen hatten, seinem Leibnarren zu. „Geschehen
hier Zauberdinge oder hat sich ihrer aller verstand verwirrt?!"
„Nichts von dem!" antwortete der Narr mit fröhlichem
Lächeln. „Aber sieh', Gevatter! Die Weisheit der Meisen
und die Narrheit der Narren kannte jedermann schon längst
vorher — dazu bedurfte cs nicht erst dieser feierlichen Versamm-
lung. Um den ganzen Schatz ihrer Talente zu enthüllen, mußte
etwas anderes geschehen. Darum habe ich, wie sic alle in den
Sälen waren, die Überschriften vertauscht — nnd sieh' da,
der Erfolg hat gezeigt, wieviel tiefe Weisheit doch in
der Narretei und wieviel köstliche Narretei doch in
der Weisheit steckt!"....
Der Palctotinnrdcr.
„Heda! Wo wollen Sie denn mit mcineni Überzieher hi»?
Sa eine Frechheit ist mir noch nicht vorgekommen!" — „Nun,
mm — es kann doch 'mal eine Verwechslung Vorkommen!"
Betracht» »g.
„Hart muaß's scho' sei', wennst d' so jung sterb'n muaßt und
bei' ganz' Leben lang nachher tot bist."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der kluge Waldl" "Der Paletotmarder"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1915
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1920
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 143.1915, Nr. 3667, S. 225
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg