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Die wa hl.

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schlepp' ich denn meinen großartigen Feldstecher mit, über den
Ihr heut' schon so viele geistreiche Witze gerissen habt?! Seht
Ihr, jetzt tut er gute Dienste!" — Lr schraubt ihn auf, richtet
ihn und stellt binnen zehn Sekunden den „Doppeldecker" fest. Aber

Aber fünfzig Meter vor dem Lokalbahnhof saust und keucht ihnen
der Zug an der Nase vorbei.

Mörderisches Schimpfen. Dann kurzer Kriegsrat. Taschen-
pläne heraus. „Hm!" meint Knipsl, der schon wieder Herr der
Situation ist. „Ich Hab' ja für alle Fälle auch das schon er-
wogen, wie ein sicherer Führer überhaupt mit jedem Zufall rechnet.
In einer halben Stunde haben wir auf der Staatsbahn einen
anderen Zug! Das gibt zwar für jeden von uns eine kleine
Verspätung — aber was macht schließlich einem großen Geist
eine kleine Verspätung?! Jetzt können wir uns zudem. Zeit
lassen!"

„Jetzt können wir uns Zeit lassen!" stimmen auch
die andern bei — der oder jener zwar etwas süßsauer. Aber
wer wird die Laune durch so 'was verderben?!

Also geht's wieder zum Staatsbahnhof zurück — gemächlich
und mit dem Bestreben, sich gegenseitig nichts anmerken zu lassen
— demnach erst recht fidel.

„Lin Wirtshaus steht im Nubierland -
Dort schenkt man Tropfen allerhand"....
singt Knipsl, als man bei der „waldrast" vorbeikonnnt. „Saper-
Ment, Hab' ich einen Durst von dein Galopp! He da, Gasthaus!
Schnell eine Stehmaß — wir haben ja Zeit!"

„wir haben ja Zeit!" stimmen die andern bei und die
lachende Hebe kommt schon mit ein paar Krügen, „prost! prost!"

schallt's hinüber und herüber. Der Wirt tritt über dem Lärm
unter die Tür und bewillkommt die späten Gäste. Lin Wort
gibt das andere. „G'rad' geht's noch!" schreit Knipsl plötzlich.

die andern wollen auch durchschauen; inan glaubt nur, was man
selber sieht. . . . Lin paar Minuten verstreichen. Dann schreit wer:
„Dauerlauf l" — „Hurra! . . Sturm auf! . . Marsch! Marsch!"
heißt's. Holpernd und stolpernd geht's über den Kartoffelacker.

Der habgierige Abendwind entführt beim Zahlen einen Zwei-
markschein. Line kurze lustige Jagd. Dann im Saus zum Zug.

„Hu—hu—hui!" macht da die Staatsbahn und ihr letzter
pfeift, während sie heranrennen, in die sinkende Nacht hinein.

verblüfft hält die Schar auf offenem Plan und schlägt die
Rockkragen hinauf. Ls wird kühl. Der Bergwind bläst stärker
herüber.

Mit Zündhölzern und einem Patentfeuerzeug, das schon beim
sechsten versuch brennt, wird der Fahrplan von neuen: studiert.
„D r ü b e n haben wir noch einen!" sagt wer.

„D r ü b e n h a b e n wir i mm e r noch einen — ich hab's
ja gewußt!" ruft Knipsl, der unverbesserliche Optimist, „was
ist dabei?! Ich zahl' fünfzig Pfennig Straf' und komm' doch noch
zu meiner Ausschußsitzung I" — „Und ich wenigstens zum dritten
Akt!" meint der Theatermann. — „Und ich beiß' mich bei der
Schwiegermama durch gesteigerte Liebenswürdigkeit schon noch
heraus!" tröstet sich der Bräutigam. Nur der Aktenwurm hängt
momentan den Kopf und sinniert, wie er's macht.

„In der Beharrlichkeit liegt der Sieg!" schreit Knipsl. „Also
los! Zum vierten und unwiderruflich letztenmal! Schicksal, du
unterliegst — dem Tapferen gehört die Welt!"

Arm in Arm marschieren .sie wieder zum Lokalbahn Hof
und der Galgenhumor treibt seine übermütigsten Blüten. Der
eine inacht Kreuz- und Ouersprünge — der andere meckert dazu wie
ein ausgelassener Ziegenbock. „Herrschaft!" stöhnt plötzlich einer,
der in ein tiefes Maulwurfsloch geraten ist. „Ietzt Hab' ich mir
den Knöchel verknaxt — ich kann nimmer!" Die andern nehmen
ihn auf und schleppen ihn weiter. „Donnerwetter!" schimpft einer
davon. „Du hast ja mindestens Deine drei Zentner Lebendgewicht
— und da wollen uns die Engländer noch immer aushungern!" —
„Zeit ist'sI Zeit ist's!" treibt Knipsl und erwischt auch einen
Fuß des kühnen Reiters. Plötzlich pfeift's. . . alles rennt. . . .
Der Blessierte hüpft herunter und springt auf einmal am besten
von allen. — Aber schon pfaucht's und schnaubt's — ein Funken-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Wahl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 145.1916, Nr. 3702, S. 9

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