Fliegende Blätter (145.1916 (Nr. 3702-3727))

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/^Lin Streifkorps war beordert zu erspähen,
V?, Wo im Gebirg' der welsche Gegner stand.
Durch Schluchten ging'S auf eisumstarrte Hohen,
Und knapp vorbei an steiler Klüfte Gand.

Da, als die Wand'rer rastend stehen blieben
Vor einem Abgrund schwarz und höllentief,
Gewahrten plötzlich sie mit Glut geschrieben
Den Namen „Luise" auf dem Felsmassiv.

Gezittert hat die Hand, die einst die Lettern
In schwanken Zügen an den Stein gemalt.
Doch, trotzend allen wilden Hochlands-
wettern,

Stand unverlöscht die Inschrift am Gasalt..

Wer war es, der sein Leben hier verhauchte
Und im Gedanken an sein fernes Lieb
Den Finger in sein rotes Herzblut tauchte
Und ihren Namen an die Felswand schrieb?

Wer war's, den dieses Wort, eh' er geendet.
Noch wie ein sanfter Frauenkuß beglückt,
Und der vielleicht, das Haupt zur Schrift

gewendet,

Die müden Augen lächelnd zugedrückt?

Wer war's? Ach, nimmer werden, die ihn

missen,

Erkunden, wo das Schicksal ihn erreicht.
Die Adler nur und Geier mögen's wissen.
Wo sein Gebein in grauser Tiefe bleicht.

Und wer ist jene Luise, der die Treue,

Die selbst im Tod der Liebsten nicht vergißt.
Hoch droben, wo die Gemse haust, die scheue.
Ein Denkmal schuf, das ohnegleichen ist?

Wo weilt ste, die so starken Zauber übte?
Wo blüht die Wunderblume, hold und rein?
Denn die ein Mann so unaussprechlich

liebte.

Wie unaussprechlich liebwert muß sie sein?

Wie brünstig wird ste jetzt Gebete sprechen!
Wie wird ste träumen bang' und ahnungs-
schwer!

Wie wird ste zittern und zusammenbrechen.
Wenn ste Gewißheit hat: Er kommt nicht

mehr!

Doch ob mit Leid' auch stets die Liebe lohne.
Dir, Luise, ward ein köstlich' Los beschert,
Denn, die du trägst, der Minne Dornen-
krone,

Ist mehr als alle Königskronen wert.

O. Kernstock.