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Die 1(o((eg tit.

„Lassen Sie sie eiutreten 1" sagte der Vorstand sehr gemessen
und lehnte sich tiefer in den Stuhl zurück.

Gleich darauf vernahm er eiu bescheidenes Klopfen und
hörte dann, wie ein leichter Fuß über die Schwelle schritt.

Er wartete eine angemessene Weile — d'rauf drehte er
langsam und würdig den Kopf halb zur Seite, ohne hinzusehen.

„Sie sind die weibliche Hilfskraft!" sagte er ernst, wenn
auch mit wohlwollender Herablassung. „Treten Sie näher!"

Der leise Schritt kam zu seinem Stuhl und hielt neben diesciu
an. Er furchte die Stirne noch ernster als vorher und fragte
kurz: „Sie heißen Elsa Schwalbe?"

„Ja!" antwortete ihm eine schüchterne, aber ungemein ivohl-
klingende Stimme, so daß er von dem Aktenstück jäh aufsah.

Gerade war über das gegenüberliegende Dach wie auf Be-
stellung ein Sonnenstrahl durch das Fenster gefallen und vergol-
dete einen schlicht gescheitelten Mädcheukopf und warf auch noch
einen Hellen Widerschein auf das junge, hübsche, wenn schon jetzt
in Ehrerbietung wie erstarrte Gesichter!. Und doch — und doch
hatte die Feierlichkeit nicht ganz den frohen Glanz aus den Augen
zu scheuchen vermocht, der immer sonst daraus leuchtete.

Unwillkürlich erhob er sich da und betrachtete sie mit einem
schnellen freundlichen Blick. So ein liebes Mäd'll Genau so ein
liebes Mäd'l, wie er ja auch eines zu Haus' hatte. Wenn er
sich seine Lotte, sein Kind, seinen Augapfel vorstellte, daß sie so
hätte dastehen und zaghaft auf ein gutes Wort warten müssen...

„Bitte, Fräulein!" sagteer plötzlich mit einer etwas steifen
Galanterie. „Nehmen Sie Platz!"

Wie ein unhörbares dankendes Aufatmen ging es von der
jungen, trotz allen vorgefaßten Mutes doch recht beklommenen
Mädcheufeele aus.

Er gab ihr langsam, aber freundlich die Hand, die ihre
warmen Finger kaum berührten. „Es freut mich" — sagte er
und lächelte eiu wenig, fast ohne daß er es selber wußte — „es
freut mich, daß Sie uns helfen wollen, die Lücken, die der Krieg
natnrgeinäß auch in unseren Reihen hervorgerufen, mit auszu-
füllen! Ich wünsche Ihnen Glück dazu und, wenn Sie Rat oder
Aufschluß brauchen, kommen Sie, bitte, nur ruhig zu mir!"

Wieder ging die Klingel, „Herr Expeditor!" sagte der Vor-
stand. „Führen Sie das Fräulein zu Herrn Sekretär Wolf, bei
dem sic ihren Arbeitsplatz hat, und sagen Sie ihm, ich lasse ihn
bitten, das Fräulein in allem Nötigen zu unterweisen und sich
uni sie anzunehmeu I"

Dann machte er eine leichte Verbeugung wie auch sonst vor
einer Dame — und fort war sie.

Line halbe Minute später saß er wieder bei seinem Einlauf und
erledigte wie sonst Stück um Stück sorgfältig und gewissenhaft.
Plötzlich aber ertappte er sich, wie er einen Augenblick innehielt und
vor sich hinsummte: „Oaudeamus igitur — juveiies dum sumus“ . . .

„Der Herr Vorstand hat vorhin drinnen leise gepfiffen wie ein
junger Stieglitz"... flüsterte eine Viertelstunde später der Expeditor
draußen dem alten Boten zu, der die Akten brachte und holte.

Und merkwürdig, durch das ganze alte Gebäude ging cs so
ivie leises Singen, Pfeifen und Lachen — und alle wetteiferten

sie der neuen Kollegin gegenüber in Aufmerksamkeit und freund-
lichem Entgegenkommen. Ja, selbst auf die unscheinbarste Partei
fiel ein Abglanz des neuen Geistes, der da heute eingezogen war.
Jedes lvort, jeder Bescheid klang freundlicher, milder und zuvor-
kommender. Es ist doch seltsam, was so ein Heller sonnenbeschicnener
Mädchenscheitel macht, unter dem ein paar schüchterne fröhliche
Augen glänzen. . .

Dass deutsche Mädchen.

MMSadleln. roaa schmllck'st du dein goldiges Raupt?
WM Kriegszeit — ist Dotzeit, -
Kriegszeit — ist Todzeik,

Die nicht zu seleim und festen erlaubt;

Ga(j’ doch die Blumert jteh'n,

Solltest in Trauen geh'n:

Helles Sewand ....

Geichtfinn und Tandl

(Dägdlein, was blüh'st du so frisch und rot, —

Da Blut und Streit
vergällt die Zeit

ünö der Kammer zum Himmel schrei»,

Tnd der Kriegaschrecken loht und droht?

Denkst du nicht der schleichenden Dot?

Kümmert dich nicht der mordende Tod?
lvägdlein, was lachst du wie Laienscheln?

Du solltest bleich
Tnd tränenreich

Sorgen um den Herzliebsten dein!
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Kollegin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stubenrauch, Hans
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 145.1916, Nr. 3704, S. 28

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