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wischen dem Nazlhofer und dem Bommelhans ist
ein Grenzstreit ausgebrochen, der die ganze Ge-
meinde beschäftigt. Seitdem die Sache ruchbar
geworden, finden im Wirtshaus so heftige und
langwierige Erörterungen statt, daß der Wirt
insgeheim zu seiner Ehehälfte äußert: „hoffentlich
brauchen die zwei (!)uerköpf' Jahr und Tag, bis
f' miteinander handelseins werden; das macht in
der Woch' mindestens anderthalb Eimer Bier mehr!"

Auch die zwei Advokaten in der Stadt haben, aufrichtig ge-
standen, nichts gegen eine möglichst ausgiebige Dauer des Prozesses;
denn die beiden Bauern sind gute Zahler und eine Tagfahrt nach
der andern wird notwendig, wodurch die Sporteln natürlich nicht
weniger werden.

Wie's aber dem Herrn Landrichter endlich zu dick wird und
die Schriftsätze und Urkunden — bis auf Urgroßvaters Zeit
zurück — sich auf seinem Tisch häufen, daß der alte Viermöst,
der Amtsdiener, die Akten
fast schon nimmer allein
schleppen kann, da wet-
tert der Herr Landrichter
und spritzt mit der Kiel-
feder einen großen Zorn-
blitz über den Stuben-
boden hin, daß die Putze-
rin Kathl am andern Tag
die händ' über dem Kopf
zusammenschlägt. „Jetzt"

— wettert also der Herr

Landrichter — „jetzt wird mir aber die G'schicht' einmal zu dumm!
Jetzt halten wir einen Augenschein ab'aus den: verflixten Kar-
toffelacker, der den Streitgegenstand bildet, und wann's übermorgen
Kürbiss' regnet!"

Also kommt er in aller herrgottsfrüh' beim Wirt draußen
mit den: Einspännerl samt seinen: alten Aktuar angetrabt, läßt

die Feldgeschworenen und die Parteien zusammentrommeln und
n:arschiert dann mit ihnen los und mit dei: zwei Advokaten,
die inzwischen auch eingetroffen sind, große Faszikel schleppen
und alsbald, so einträchtig sie hergefahren sind, einen leb-
haften und gelehrten Disput beginnen, in den: es nur so von
lateinischen Landrechtsstellen, Behauptungen und Widersprüchen
wimmelt.

Der Wirt, der unter der Tür' steht und den Herren nach-
schaut, während sie in der prügelhitz' dahinstapfen, schickt gleich

zum Bräu um einen weiteren Banzen Bier und gibt seiner Frau
den guten Rat, für den Mittag etliche Backhendln abzustechen und

herzurichten. Denn der Herr Landrichter ist nach redlich erfüllter
Pflicht kein Kostverächter und die zwei Advokaten schauen auch so
aus, als ob sie schon neben lateinischen Paragraphenstellen auch
noch für ein gut deutsches Hendl zur rechten Zeit das nötige
Verständnis hätten.

Draußen an der Streitstelle entspinnt sich natürlich ein großer
wort- und Redekampf, dem aus gemessener Entfernung das halbe
Dorf und außerden: der Gemeindehirt mit seiner ganzen, nicht
unbeträchtlichen Herde ehrfürchtig und bewundernd zuschaut.

Mitten auf dem Kartoffelacker, um den der Streit geht, ist
ein großer alter Baun: und der Herr Landrichter meint alleweil,
die Parteien sollten die Sache in Guten: schiedlich und friedlich

ausmachen und den von unfern: Herrgott gesetzten Baun: als
einen Fingerzeig betrachten, daß sie sich vergleichen und just an
diesem Bann: die Grenze hinlanfen lassen könnlen. Der Bommel-
Hans wär' nach manchem Zureden des Herrn Landrichters, der
Feldgeschworenen und seines Advokaten, den: die Jung' vor Durst
schier aus den: hals heraushängt, auch damit einverstanden. Ja,
sogar der Advokat von: Nazlhofer, der die Meinung des Herrn
Landrichters respektiert und in seinen: Magen auch schon ein
erhebliches menschliches Rühren fühlt, redet seinem Klienten zu,
was er znreden kann.

Aber der Nazlhofer hat halt einen steinharten Bauernkopf
und will nicht um Nagelsbreit nachgeben, sondern behauptet fest
und steif, der ganze Kartoffelacker müßt' von Rechts wegen
ihm allein gehören und justament da, wo er sich am Rand
niedergesetzt hat, tät' die richtige Grenz' durchlaufen.

Alles Reden und vorstellen hilft nichts. Der Herr Landrichter
disputiert sich die Lnng' und Leber heraus und kriegt allmählich

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Grenzstreit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 145.1916, Nr. 3718, S. 195

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