Kita&e den Gewaltigen, da drückte er schnell die Hand vor den
Mund und verschlang unter heftigem Würgen den etwas großen
und sehr heißen Bissen, daß er davon einen starken Hustenanfall
bekam. „Warum hustest Du?!" fragte ihn der Vberküchenmeister
teilnehmend. Denn es war ein hübscher, schwarzlockigcr Bursche.
„Bist Du krank?!" — „Ach, HerrI" klagte da der Junge, der
jetzt wieder reden konnte. „Ich habe mich gestern beim Sorbett-
kühlen erkältet!" . . .
„Pfui!" sagte der Kalif, während sie weitergingen. „Wie
häßlich! Kein Mensch sollte lügen, wenn ich Deine Kunst
verstünde, würde ich jeden, der einmal lügt, in einen Papagei
verwandeln!" — „Hm!" meinte Sahib mit Milde. „Gewiß ist
die Lüge häßlich I Aber es gibt doch auch davon verschiedene
Arten — und die verzeihlichste und leichteste darunter ist die
Notlüge. Wenn jetzt der Junge die Wahrheit gesagt hätte,
würde er sich einer großen Beschämung und einer harten Strafe
ausgeseht habenl" — „Gb auch!" sagte der Kalif. „Ich würde
auch jeden Notlügner auf acht Tage in einen Papagei ver-
wandeln!" — Da lächelte der Greis: „Willst Du denn durchaus
in einer Papageienstadt wohnen und nicht in einer Stadt
von Menschen?!" — „Bho l" antwortete der Fürst und lachte
nun selbst. „Du übertreibst! So schlimm ist es denn doch wohl
nicht! So viele Notlügen gibt's denn doch wahrhaftig nicht!
Weißt Du was: Laß uns gleich einmal die Probe machen! Ich
ivill Dich jedesmal in die Seite stupfeu, wenn ich bei unser'»,
Spaziergang eine Notlüge vernehme, und Du wirst den Übel-
täter dafür sofort unweigerlich und ohne jede Rücksicht auf acht
Tage in einen Papagei verwandeln!" — Der Greis schaute eine»
Augenblick nachdenklich vor sich hin. „Gut!" sagte er daun.
„Es sei!"
Kaum waren sie bis an die Ecke gekommen, da sahen sie
mit an, wie der junge Palastschreiber Achmed, der eine dringende
Sache zu erledigen hatte, im Laufe unvorsichtig um die Mauer
rannte und gegen den würdigen Kadi stieß, der eben zu Gericht
ging, vor Schrecken gab der Greis dem jungen Mann einen
heftigen Stoß gegen den Magen, daß der Getroffene an die Wand
taumelte und sich mit verzerrtem Gesicht den Leib hielt. „Ei!"
sprach da der Kadi niitleidig. „Hab' ich Dir wider Willen weh'
getan?!" — Der junge Schreiber aber beeilte sich, seine Mienen
zu einem süßsaueren Lächeln zu verziehen und zu stammeln:
„D nein! D nein! In, Gegenteil!" Der Kalif stupste —
und wuppdich saß der Jüngling als bnntfederiger Papagei auf
der Mauer und krächzte entsetzt und hilfeslehend auf den Kadi
herunter, der mit offenem Munde unten stand und sich die Sache
nicht erklären konnte, „war das denn nicht doch zu hart für
seine kleine und harmlose Notlüge?!" fragte Sahib den Kalifen.
„Er hat sie doch nur aus Ehrfurcht begangen — und nun trägt
er zu den, Schmerz auch noch den Schaden davon!" — „Ganz
recht so I" antwortete der Kalif eigensinnig und bemühte sich, ein
strenges Gesicht zu machen. „Ganz recht so! Für jede Notlüge
gibt’s acht Tage Papagei!"
Da kam ein Zug Palastwachen des Weges, unter denen sich
ein besonders schmucker Bursche befand, der einen glänzenden
schwarzen Schnurbart und ein paar übermütige Feneraugen hatte.
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Mund und verschlang unter heftigem Würgen den etwas großen
und sehr heißen Bissen, daß er davon einen starken Hustenanfall
bekam. „Warum hustest Du?!" fragte ihn der Vberküchenmeister
teilnehmend. Denn es war ein hübscher, schwarzlockigcr Bursche.
„Bist Du krank?!" — „Ach, HerrI" klagte da der Junge, der
jetzt wieder reden konnte. „Ich habe mich gestern beim Sorbett-
kühlen erkältet!" . . .
„Pfui!" sagte der Kalif, während sie weitergingen. „Wie
häßlich! Kein Mensch sollte lügen, wenn ich Deine Kunst
verstünde, würde ich jeden, der einmal lügt, in einen Papagei
verwandeln!" — „Hm!" meinte Sahib mit Milde. „Gewiß ist
die Lüge häßlich I Aber es gibt doch auch davon verschiedene
Arten — und die verzeihlichste und leichteste darunter ist die
Notlüge. Wenn jetzt der Junge die Wahrheit gesagt hätte,
würde er sich einer großen Beschämung und einer harten Strafe
ausgeseht habenl" — „Gb auch!" sagte der Kalif. „Ich würde
auch jeden Notlügner auf acht Tage in einen Papagei ver-
wandeln!" — Da lächelte der Greis: „Willst Du denn durchaus
in einer Papageienstadt wohnen und nicht in einer Stadt
von Menschen?!" — „Bho l" antwortete der Fürst und lachte
nun selbst. „Du übertreibst! So schlimm ist es denn doch wohl
nicht! So viele Notlügen gibt's denn doch wahrhaftig nicht!
Weißt Du was: Laß uns gleich einmal die Probe machen! Ich
ivill Dich jedesmal in die Seite stupfeu, wenn ich bei unser'»,
Spaziergang eine Notlüge vernehme, und Du wirst den Übel-
täter dafür sofort unweigerlich und ohne jede Rücksicht auf acht
Tage in einen Papagei verwandeln!" — Der Greis schaute eine»
Augenblick nachdenklich vor sich hin. „Gut!" sagte er daun.
„Es sei!"
Kaum waren sie bis an die Ecke gekommen, da sahen sie
mit an, wie der junge Palastschreiber Achmed, der eine dringende
Sache zu erledigen hatte, im Laufe unvorsichtig um die Mauer
rannte und gegen den würdigen Kadi stieß, der eben zu Gericht
ging, vor Schrecken gab der Greis dem jungen Mann einen
heftigen Stoß gegen den Magen, daß der Getroffene an die Wand
taumelte und sich mit verzerrtem Gesicht den Leib hielt. „Ei!"
sprach da der Kadi niitleidig. „Hab' ich Dir wider Willen weh'
getan?!" — Der junge Schreiber aber beeilte sich, seine Mienen
zu einem süßsaueren Lächeln zu verziehen und zu stammeln:
„D nein! D nein! In, Gegenteil!" Der Kalif stupste —
und wuppdich saß der Jüngling als bnntfederiger Papagei auf
der Mauer und krächzte entsetzt und hilfeslehend auf den Kadi
herunter, der mit offenem Munde unten stand und sich die Sache
nicht erklären konnte, „war das denn nicht doch zu hart für
seine kleine und harmlose Notlüge?!" fragte Sahib den Kalifen.
„Er hat sie doch nur aus Ehrfurcht begangen — und nun trägt
er zu den, Schmerz auch noch den Schaden davon!" — „Ganz
recht so I" antwortete der Kalif eigensinnig und bemühte sich, ein
strenges Gesicht zu machen. „Ganz recht so! Für jede Notlüge
gibt’s acht Tage Papagei!"
Da kam ein Zug Palastwachen des Weges, unter denen sich
ein besonders schmucker Bursche befand, der einen glänzenden
schwarzen Schnurbart und ein paar übermütige Feneraugen hatte.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Papageien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 146.1917, Nr. 3728, S. 9
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg